Bischofskonferenz zeichnet Malteser-Initiative aus

Das Fremde wird zum Vertrauten

Senioren und Geflüchtete zusammenzubringen, das ist nicht leicht. Über "Herzensorte" ist es einer Initiative der Malteser gelungen, Gemeinsamkeiten herzustellen. Das Engagement wird an diesem Dienstag von der Bischofskonferenz ausgezeichnet.

Dialog der Generationen / © Katharina Ebel (KNA)
Dialog der Generationen / © Katharina Ebel ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie läuft die Preisverleihung unter Corona-Bedingungen?

Dorothee van den Borre (Malteser Integrationsdienst Wuppertal): Wir werden daraus eine Hybrid-Veranstaltung machen, das heißt, die Preisverleihung ist online. Wir werden uns aber zusammen treffen, ein Essen bestellen und unter Corona-Bedingungen mit Abstand, mit dem Team, das tatsächlich für diese tolle Arbeit zuständig ist, die Preisverleihung verfolgen und gemeinsam feiern.

DOMRADIO.DE: Ihr Projekt heißt "Verlorene Orte". Worum geht es da?

Van den Borre: In diesem Projekt geht es darum, Begegnungsorte zu schaffen und Menschen zusammenzubringen, die sich sonst nicht begegnen würden. Es sind vor allem Senioren und Menschen mit Fluchthintergrund. Senioren haben unserer Erfahrung nach oft Angst. Angst vor Fremden, vor anderen. Und wir wollen eben Orte des Austausches schaffen und die Gelegenheit, sich auszutauschen, dass gemeinsam darüber gesprochen wird, welche Orte die Herzensorte für sie sind, die sie in ganz besonderer Weise berühren und verloren haben. Wie sie damit umgegangen sind, was das für Orte sind. Und dadurch wurde tatsächlich das Andere, das Fremde zum Vertrauten. Das hat uns sehr gefreut.

DOMRADIO.DE: Was haben Sie genau festgestellt bei diesen Treffen, bei diesem Austausch?

Van den Borre: Wir haben erlebt - und dadurch ist das überhaupt entstanden - dass Senioren eine Gruppe sind, die ganz, ganz selten nur im Blick sind, wenn es um Fremdenfeindlichkeit geht, die aber trotzdem viele Ängste haben. Und wir haben gedacht: Was sind die Momente, die beide verbinden? Gerade Senioren kennen dieses Gefühl, Orte verlassen zu haben, auch. Dadurch, dass sie tatsächlich dann mit Frauen, vor allem die auf der Flucht jetzt ihre Herzensorte verloren haben, ins Gespräch kamen, ist ein Vertrauen entstanden, ein Miteinander entstanden und Fremdenfeindlichkeit von einer ganz anderen Seite begegnet.

DOMRADIO.DE: 10.000 Euro gibt's insgesamt für den Preis, der auf bis zu drei Projekte aufgeteilt wird. Wofür werden Sie das Geld einsetzen und verwenden?

Van den Borre: Wir haben ursprünglich geplant gehabt, mit den Senioren und den Menschen, die die Interviews geführt haben und von ihren verlorenen Orten auf der Flucht erzählt haben, neue Orte, neue Herzensorte und neue Begegnungsorte zu schaffen. Ob jetzt tatsächlich das Geld dafür verwendet werden kann, ist noch nicht ganz klar von der Malteser-Seite. Ein weiterer Punkt ist, dass wir gerne mit dem Geld dieses Projekt weiter aufbauen wollen. Wir wollen Ausstellungen an Schulen organisieren, Arbeitsblätter gestalten und wir wollen mit Senioren und Menschen mit Fluchthintergrund Begegnungstage gestalten, wo es darum geht, Musik gemeinsam zu hören, miteinander ins Gespräch zu kommen und so weiter.

DOMRADIO.DE: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind leider nach wie vor immer wieder aktuelles Thema. Sie tun etwas dagegen, beispielsweise mit diesem Projekt. Was meinen Sie, wird dem in ausreichendem Maße ansonsten etwas entgegengesetzt?

Van den Borre: Was mich immer wieder beeindruckt, ist, dass gerade Christinnen und Christen und auch christliche Verbände wie der SkF oder die Malteser, beide sind für dieses Projekt zuständig, tatsächlich ganz viele Orte der Begegnung schaffen. Manchmal finde ich das schade, dass das viel zu wenig in das Bewusstsein der Menschen kommt. Ich arbeite ja sowohl beim SkF Bergisch-Gladbach, als auch bei den Maltesern und bin begeistert von ehrenamtlichen Menschen, die sich da extrem engagieren. Das ist natürlich immer nur ein Teil. Es gibt auch andere Teile. Aber ich möchte einfach nochmal eine Lanze brechen für kreative, tolle und begeisterte Ehrenamtliche, die gerade auch in diesem Thema sehr stark unterwegs sind.

DOMRADIO.DE: Schauen wir mal kurz auf heute Abend. Mit ihrem Projekt werden noch zwei andere ausgezeichnet. Das Ostritzer Friedensfest bekommt den ersten Preis und das Projekt "Divine Concern", ein Musikprojekt der Gefängnisseelsorge, erhält mit Ihnen zusammen den zweiten Preis. Haben Sie sich mit den anderen Projekten mal ausgetauscht?

Van den Borre: Leider noch nicht. Das hätte ich super gerne getan, wenn wir uns jetzt nicht online hätten treffen müssen. Weil gerade meine Erfahrung ist, dass über Musik tatsächlich ganz viel passieren kann und das ist auch ein Bereich, in dem wir ganz oft unterwegs sind. Schade, dass das bisher nicht ging.

Das Interview führte Carsten Döpp.


Quelle:
DR
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