Lingen im Emsland ist Gastgeberstadt für die deutschen Bischöfe

Wo der Geist von Windthorst und Remmers weht

Vor 20 Jahren trafen sich die deutschen Bischöfe schon mal in Lingen. Damals stand die Schwangerenkonfliktberatung im Fokus. In diesem Jahr wird Missbrauch die Beratungen beherrschen. Lingen scheint gut für schwierige Themen.

Autor/in:
Johannes Schönwälder
Vollversammlung der DBK / © Markus Nowak (KNA)
Vollversammlung der DBK / © Markus Nowak ( KNA )

Diesmal treffen sich die katholischen Oberhirten in einer eher kleinen Stadt: Zu ihrer Frühjahrsvollversammlung kommt die Deutsche Bischofskonferenz vom 11. bis 14. März im emsländischen Lingen zusammen. Das Gremium, das derzeit aus 26 Diözesanbischöfen und 41 Weihbischöfen besteht, berät in der Katholisch-Sozialen Akademie "Ludwig-Windthorst-Haus" (LWH) des Bistums Osnabrück. Samt Mitarbeitern, Beratern und dem Presse-Tross werden die hohen Geistlichen eine stattliche Gruppe bilden, die sich der Aufmerksamkeit der Bewohner von Lingen sicher sein kann.

Größte Stadt im Landkreis Emsland

Die Stadt zählt rund 54.000 Einwohner und ist damit schon die größte im Landkreis Emsland. Das Umland ist ländlich. Die Bevölkerungsdichte beträgt etwa 150 Einwohner pro Quadratkilometer. Die Region am westlichen Rand Niedersachsens an der Grenze zu den Niederlanden ist nach dem Fluss Ems benannt, der sie durchquert, und von ausgedehnten Moorflächen geprägt. Dennoch hat sich das Emsland in den vergangenen Jahrzehnten überdurchschnittlich gut entwickelt, wie jüngst eine Studie bestätigte. Die Grenzregion floriert, woran die katholische Kirche mit ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement in Vereinen und Verbänden großen Anteil hat.

Der Emsländer an sich ist denn auch tatkräftig und heimatverbunden - und meist katholisch. Zwei Drittel der Bevölkerung gehören hier der katholischen Kirche an. Ein Heimspiel für deren höchste Vertreter, könnte man meinen. Und doch weht auch hier der Kirche zurzeit der Wind ins Gesicht. Das Thema Missbrauch von Minderjährigen durch Geistliche ist spätestens seit Dezember den Menschen ganz nah, als Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode die Vergehen eines heute 85-jährigen Priesters in den 70er bis 90er Jahren an mehreren Orten der Region öffentlich machte.

Bischöfe beraten über Missbrauchsaufarbeitung

Missbrauch und die Aufarbeitung der Fälle werden denn auch Thema der Vollversammlung sein. Einige Bischöfe fordern neue Überzeugungen und Haltungen bis tief in die Strukturen der Kirche hinein, etwa zur kirchlichen Sexualmoral. Und sie sind sich sicher, dass das Thema die Kirche noch lange begleiten wird.

Schon einmal, im Februar 1999, tagte die Vollversammlung in Lingen. Auch damals waren die Tage ein hartes Stück Arbeit und ein Nachdenken über eigene Überzeugungen. Papst Johannes Paul II. hatte die Bischöfe aufgefordert, bei der Schwangerenkonfliktberatung keine Beratungsscheine mehr auszustellen, die Frauen eine Abtreibung ermöglichen. Viele Bischöfe wollten die katholischen Einrichtungen im staatlichen Beratungssystem halten, stiegen schließlich aber aus. Zeitgleich gründeten Katholiken den Schwangerenberatungsverein Donum Vitae, der den umstrittenen Schein weiter ausstellt.

Von 1999 sind heute noch gerade sieben Bischöfe dabei. Osnabrücks Bischof Bode, stellvertretender DBK-Vorsitzender, ist darunter der einzige, der damals schon Diözesanbischof war. Als Weihbischof erlebten der jetzige Konferenz-Vorsitzende, Münchens Kardinal Reinhard Marx, und Bambergs Erzbischof Ludwig Schick das Treffen mit. Die übrigen sind die Weihbischöfe Otto Georgens (Speyer), Bernhard Haßlberger (München) Thomas Maria Renz (Stuttgart) und Nikolaus Schwerdtfeger (Hildesheim).

Ort für schwierige Themen

Lingen ist wohl gut für schwierige Themen. Vielleicht liegt das am Geist, der das Tagungszentrum "Ludwig-Windthorst-Haus" (LWH) durchweht. Zum einen der von Namensgeber Ludwig Windthorst (1812-1891). Der Zentrumspolitiker und Reichstagsabgeordnete für den Wahlkreis Meppen-Lingen-Bentheim kämpfte im Kulturkampf gegen die Benachteiligung der Katholiken und wurde damit zum wichtigsten Gegenspieler Bismarcks.

Zum anderen spürt man hier noch immer das Wirken von Werner Remmers (1930-2011). Der CDU-Politiker und niedersächsische Kultus-, Wissenschafts- und Umweltminister war von 1962 bis 1976 Direktor des damals neu gegründeten Hauses. Er liegt in Lingen beerdigt. Auf diesen "Macher" gehen die sechs Leitlinien des LWH zurück: unterscheiden lernen, menschlich leben, achtsam wahrnehmen, verantwortlich handeln, gastfreundlich begegnen und kompetent wirken. Sie könnten den 70 hohen Herren die Richtung vorgeben für ihre Beratungen.


Deutsche Bischofskonferenz verabschiedet Sieben-Punkte-Plan / © Arne Dedert (dpa)
Deutsche Bischofskonferenz verabschiedet Sieben-Punkte-Plan / © Arne Dedert ( dpa )
Quelle:
KNA
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