Internetprojekt der katholischen Kirche geht in den Knast

Ein Herz für Verbrecher - "Gott liebt dich trotzdem"

Junge Journalistin mit muslimischem Hintergrund trifft katholischen Ordensmann - ein Projekt, das beide Menschen verändert. Es will zudem zeigen, worum es hinter den Kulissen bei der Gefängnisseelsorge geht.

Autor/in:
Anna Fries
Franziskanerbruder Gabriel und Journalistin Merih  / © N.N. (DBK)
Franziskanerbruder Gabriel und Journalistin Merih / © N.N. ( DBK )

"Ich mag dich trotzdem, obwohl du ein Verbrecher bist", lautet die Botschaft des Franziskaners Gabriel Zörnig an seine "Jungs und Mädels" im Gefängnis. Es ist Schauplatz der dritten Staffel "Gott im Abseits", Protagonist der katholische Ordensmann und Gefängnisseelsorger Zörnig. Das neue Internetprojekt der Deutschen Bischofskonferenz begann am Montag und will junge Menschen über Kirche und Priester ins Gespräch bringen.

Das Format zielt bewusst auf Gegensätze ab. Zum einen in der Wahl der Protagonisten. Freie Menschen treffen auf Gefängnisinsassen. Und ein katholischer "Vollzeit-Knastseelsorger mit Herzblut" trifft auf eine Journalistin mit muslimischem Hintergrund, die mit Religion wenig zu tun hat. Zum anderen in der Grundhaltung. Sie sagt: "Franziskaner und Gefängnis - damit hatte ich noch nie zu tun." Er betont: "Kloster und Knast haben nicht nur die Anfangsbuchstaben gemeinsam."

Via Blog sowie auf Twitter, Facebook und Youtube

Für "Gott im Knast" begleitet die Düsseldorfer Journalistin Merih Ugur Bruder Gabriel bei seiner Arbeit als Gefängnisseelsorger in Mecklenburg-Vorpommern. Es geht von Neubrandenburg nach Bützow und in den Jugendknast Neustrelitz. Ihre Erlebnisse und Begegnungen dokumentiert Ugur in einem Blog sowie auf Twitter, Facebook und Youtube. Bis September sind zwölf Beiträge geplant, darunter Videos zur Gefängnisseelsorge, Interviews mit Gefangenen, Beiträge zum Leben von Bruder Gabriel sowie eine Reportage über eine Wallfahrt nach Lübeck.

Bei allen Unterschieden seien sie zwei Idealisten mit ähnlich trockenem Humor, sagt Ugur der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) über Bruder Gabriel. "Wir waren direkt auf einer Wellenlänge." Er sei in keiner Hinsicht ein Mensch, der versuche, andere zu bekehren. Auch sonst sei sie positiv überrascht von dem Ordensmann: Bruder Gabriel sei weder steif noch distanziert und trage normale Kleidung. "Teilweise waren wir im Partnerlook unterwegs, mit Jeans und Birkenstock", sagt Ugur.

"Ich muss einfach nur das tun, was ich ohnehin tue."

Die 33-Jährige studierte Politik- und Islamwissenschaften und war unter anderem für den WDR und den SWR tätig. Heute arbeitet sie als Journalistin und stellt zudem Projekte für Jugendliche mit Migrationsgeschichte auf die Beine. Ihre Eltern hätten Wert darauf gelegt, ihr neben der islamischen auch die christliche Religion näher zu bringen, sagt Ugur. Sie selbst stehe Religionen jedoch skeptisch gegenüber und sei auch das Projekt mit Bruder Gabriel kritisch angegangen.

Der Porträtierte sieht das gelassen und erklärt: "Ich muss einfach nur das tun, was ich ohnehin tue." Die Arbeit spreche für sich. Wie Jesus auf die Menschen zugegangen sei, wolle er auf die Menschen im Gefängnis zugehen und ihnen zeigen: "Gott liebt dich trotzdem, egal, was du getan hast." Das wichtigste sei, eine Beziehung zu den Jugendlichen aufzubauen. In puncto Religion pflegt der Ordensmann einen pragmatischen Ansatz.

Gemeinsamkeiten von Kloster und Knast

Viele Insassen hätten bisher keine Berührung mit Kirche und Glauben gehabt. "Es gibt in dem Jugendgefängnis zwei Katholiken, einer davon bin ich", sagt Bruder Gabriel. Dennoch sei Kirche an dem Ort genau richtig - bei den Menschen. Viele von ihnen suchten ein gutes Wort, eine vertrauensvolle Atmosphäre und jemanden, der sie einfach so nehme, wie sie sind. "Das ist das Geheimnis von Gefängnisseelsorge."

Zu den Gemeinsamkeiten von Kloster und Knast zählen für Bruder Gabriel Stille, Alleinsein und Zeit. Im Gefängnis hätten die Jugendlichen viel Gelegenheit, über ihr Leben nachzudenken. Zwei seiner "Jungs" haben sich taufen lassen. Ihre Motivation: Vergebung der Sünden. Dennoch sei Gefängnisseelsorge keine "Personalrekrutierung für die Kirche".

Ob er von Wiederholungstätern enttäuscht ist? Nein, sagt Bruder Gabriel. Er freue sich natürlich, wenn er Jugendliche außerhalb des Gefängnisses wiedersehe, etwa im Fußballstadion. Allerdings könne nicht in ein paar Jahren Knast aufgearbeitet werden, was in vielen Jahren vorher schief gelaufen sei. Seine Begrüßung für Wiederholungstäter: "Schön, dass du wieder da bist, wir haben doch gut zusammen gearbeitet."


Quelle:
KNA
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