Deutsche Bischöfe zu Gast im bayerischen Ingolstadt

Stadt des Militärs, der Gegenreformation und von Audi

Die Bischöfe kommen in Ingolstadt, dem früheren Hort der Gegenreformation, zusammen. Heute dominiert hier Audi. Mit dem gastgebenden Bistum Eichstätt hat die Firma gemein, dass derzeit die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Autor/in:
Barbara Just
Willibaldsbrunnen an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt / © Sebastian Widmann (KNA)
Willibaldsbrunnen an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt / © Sebastian Widmann ( KNA )

Die meisten Menschen kennen Ingolstadt nur von Ferne. Wenn sie auf der A 9 daran vorbeifahren oder der ICE einen Stopp einlegt. Von weitem sind das Neue Schloss und das Liebfrauenmünster erkennbar. Auch die großen Produktionsanlagen von Audi sind zu sehen und der Rauch aus den Schornsteinen der Ölraffinerien. Hier stinkt es oft. Derzeit auch in anderer Weise.

Diesel-Affäre auch bei Audi Thema

Zwei Razzien führte die Staatsanwaltschaft München II jüngst bei dem Unternehmen wegen der Diesel-Affäre durch. Und beim gastgebenden Bistum Eichstätt ermittelt sie wegen eines Finanzskandals, bei dem die Kirche schlimmstenfalls bis zu 48,2 Millionen Euro in den Wind schreiben müsste.

Unter diesen Vorzeichen werden ab diesem Montag die katholischen deutschen Bischöfe in der fünftgrößten Stadt Bayerns ihre Vollversammlung abhalten. An dem nur fünf Minuten entfernten "Shopping-Paradies", das vom Tagungshotel beworben wird, dürfte den Kirchenvertretern weniger gelegen sein. Auch steht der Punkt "Die Kirche und ihr Umgang mit Geld" nicht auf der Tagesordnung. Aber das könnte sich ändern.

Angesichts des Eichstätter Falls, der geplanten Schulschließungen in Hamburg und der zu wenig gezahlten Sozialabgaben in Millionenhöhe für Mitarbeiter in Freiburg, aber auch mit Blick auf allgemeine finanzielle Probleme in einigen Bistümern.

Manche beschleicht ein Gruseln, und da ist Ingolstadt dann wieder das richtige Terrain. Die "Alte Anatomie", heute Sitz des Deutschen Medizinhistorischen Museums, diente einst als "Experimentiergebäude".

Die englische Schriftstellerin Mary Shelley inspirierte dies, ihren vor 200 Jahren erschienenen Roman "Frankenstein" hier spielen zu lassen. Ihr Protagonist beginnt dort seine Studien an Leichen und verfällt dem Wahn, künstliches Leben schaffen zu wollen. Ein aktueller Stoff, zu dem sogar "Mystery-Touren" angeboten werden.

"Bollwerk des Katholizismus"

806 wurde Ingolstadt erstmals in einer Urkunde Karls des Großen erwähnt. Der Ort entwickelte sich bald zu einem wichtigen strategischen Punkt an der Donau. Die Stadt erlebte eine besondere Zeit als souveränes Teilherzogtum Bayern-Ingolstadt (1392-1447) und ab 1472 bis 1800 als Sitz der ersten und einzigen Bayerischen Landesuniversität mit Ausstrahlung auf das europäische Geistesleben.

Als "Hohe Schule" wurde sie gerühmt. Wer dort Philosophie, Theologie, Juristerei und Medizin studierte, hatte gute Lebensperspektiven.

Zum Lehrpersonal zählten Humanisten wie Celtis, Aventin und Reuchlin sowie der Mathematiker Peter Apian. Als mit Martin Luther das Zeitalter der Reformation heraufzog, war es Johannes Eck, der die Stadt zu einem "Bollwerk des Katholizismus" ausbaute. Nach dessen Tod holte Herzog Wilhelm IV. 1549 die Jesuiten, darunter den Gelehrten Petrus Canisius, um die Gegenreformation weiter zu verfolgen. Die Uni wurde 1800 nach Landshut verlegt und später nach München. Erst 1989 zog mit der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt wieder Hochschulleben ein.

Die erste Marianische Kongregation ließ zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit dem Bau der Kirche "Maria de Victoria" durch die Gebrüder Asam ein Juwel des bayerischen Rokoko schaffen. In der Sakristei wird die angeblich wertvollste Monstranz der Welt aufbewahrt, auf der der Sieg der Christen über die Türken in der Seeschlacht bei Lepanto 1571 dargestellt ist.

Stadt der "Schanzer"

Schanzer nennen sich die Einwohner stolz, weil Ingolstadt als uneinnehmbar galt. Dem Schwedenkönig Gustav Adolf schossen sie bei einem Erkundungsritt seinen Schimmel unter dem Hintern weg. Das Tier wurde ausgestopft und kann im Stadtmuseum besichtigt werden. Ab 1799 wurden die Festungsanlagen demontiert, erst 1828 folgte unter König Ludwig I. der Wiederaufbau. Während des Ersten Weltkriegs dienten die Gemäuer als Kriegsgefangenenlager, in dem auch Charles de Gaulle einsaß.

1516 erging in der Stadt übrigens mit dem Reinheitsgebot das älteste Lebensmittelgesetz der Welt. Seither darf beim Bier nicht gepanscht werden, weil für wahren Genuss "Hopfen und Malz, Gott erhalt's!" gilt. Solch transparentes Wirtschaften kann auch Vorbild sein für den Umgang mit kirchlichen Finanzen.


Quelle:
KNA