Die katholische Kirche Deutschlands im Jahr 2016

Sorgenfalten und helfende Hände

Flüchtlinge, AfD und Syrien: Die katholische Kirche war 2016 in vielen gesellschaftlichen Debatten präsent. Innerkirchlich standen die Finanzen, die Beschlüsse der Familiensynode und die Ökumene im Mittelpunkt.

Autor/in:
Christoph Arens
Deutsche Bischöfe (dpa)
Deutsche Bischöfe / ( dpa )

"Den Bischöfen ist viel Vertrauen zugewachsen." Der Kasseler Soziologe Heinz Bude war voll des Lobes. Bei der Herbstvollversammlung der Bischöfe in Fulda bescheinigte er der katholischen Kirche im September, gesellschaftlichen Einfluss zurückgewonnen zu haben.

Die Flüchtlingskrise hat 2016 die öffentliche Wahrnehmung der katholischen Kirche in Teilen geprägt. Die 27 Diözesen erhöhten ihre Leistungen für Flüchtlinge; Bischöfe und Katholikenkomitee distanzierten sich von der AfD und warnten vor einer Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas.

Unterstützung der Flüchtlingsarbeit

Allein von Januar bis Ende Juli haben die Bistümer fast 80 Millionen Euro für Flüchtlingsarbeit aufgebracht. 28.000 Flüchtlinge haben laut Kardinal Reinhard Marx in kirchlichen Gebäuden eine Bleibe gefunden. Die Zahl der Hauptamtlichen in diesem Bereich wurde von 5.100 auf 5.900 aufgestockt; die ehrenamtlichen Helfer bezifferte er auf rund 100.000.

Der Münchner Erzbischof scheute sich ebenso wenig wie der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, in den Clinch mit CSU-Politikern zu gehen. Er sei "erschrocken und verärgert" über Äußerungen, die nur darauf abzielten, wie Deutschland Flüchtlinge loswerden könne, so Marx.

Immer wieder grenzten sich Kirchenvertreter von der AfD ab, um gleichzeitig zu betonen, dass die Ängste der Afd-Wähler ernst genommen werden müssten. Heftig diskutiert wurde dieser Kurs im Umfeld des 100. Deutschen Katholikentags in Leipzig: Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, erklärte, er habe es nie bereut, keinen Vertreter der AfD nach Leipzig eingeladen zu haben.

Ein Jahr nach der Weltfamiliensynode im Vatikan diskutiert die Kirche in Deutschland weiter kontrovers über die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion. In seinem Schreiben "Amoris laetitia" erklärte der Papst, wiederverheiratete Geschiedene könnten in einigen Fällen auch die "Hilfe der Sakramente" in Anspruch nehmen. Konservative Katholiken, darunter die Kardinäle Joachim Meisner und Walter Brandmüller, fragen, ob der Papst wirklich mit einer Fußnote die kirchliche Lehre relativieren könne. Kardinal Reinhard Marx erklärte demgegenüber, natürlich habe sich hier "die Tür geöffnet".

"Mittel der Versöhnung"

Zum Auftakt der 500-Jahrfeiern der Reformation demonstrierten die Kirchen ökumenische Nähe. Dazu gehörte eine Pilgerfahrt evangelischer und katholischer Bischöfe ins Heilige Land - die im Nachhinein ein wenig überschattet wurde durch eine missverständliche Geste des Kreuzablegens auf dem Tempelberg. Viel beachtet wurde die gemeinsame Erklärung von EKD und Bischofskonferenz zum Reformationsgedenken 2017: Es soll ein ökumenisches Ereignis werden, und dazu bedürfe es einer Aufarbeitung der von Feindschaft und Polemik gezeichneten gemeinsamen Geschichte. Die Erinnerung solle "von einem Mittel der Abgrenzung zu einem Mittel der Versöhnung werden".

Schlagzeilen machten die Finanzberichte einiger Bistümer. Da lag der Vergleich mit Bundesliga-Tabellen nah: Als Spitzenreiter erwies sich das Erzbistum München-Freising mit einer Bilanzsumme von 6,26 Milliarden Euro; es folgten Paderborn mit 4,16 Milliarden Euro und die Erzdiözese Köln mit 3,52 Milliarden Euro. Unter dem Eindruck des Skandals in Limburg legten nahezu alle Diözesen 2016 Finanz- oder Vermögensberichte nach Vorgaben des Handelsgesetzbuchs vor. Allerdings sind sie weiterhin untereinander schwer vergleichbar. 

Weniger glänzend präsentierte sich die unter Druck geratene Kirchliche Zusatzversorgungskasse KZVK - immerhin einer der größten privaten Finanzierer von Betriebsrenten und eines der wertvollsten kirchlichen Unternehmen. Die Kasse mit Sitz in Köln ist für die betriebliche Altersversorgung von rund 1,2 Millionen Beschäftigten der Kirche und der Caritas in Deutschland zuständig. Der Verband der Diözesen beschloss umfangreiche Reformen - etwa eine neue Organ- und Aufsichtsstruktur. Zudem beschloss die KZVK, die Beiträge der Arbeitgeber schrittweise bis 2024 auf 7,1 Prozent zu erhöhen. Zumindest bei der Caritas sollen sich auch die Versicherten künftig beteiligen.

Personeller Wandel

Sorgenfalten rief die im Sommer veröffentlichte Statistik zu Kirchenaustritten hervor. Die Kirchenaustritte gingen zwar zurück, doch blieben sie auf hohem Niveau. 2015 kehrten 181.925 Katholiken ihrer Kirche den Rücken. Die Quote der Gottesdienstbesucher ging auf 10 Prozent zurück. Deutlich wurde, dass die Kirche auch ein demografisches Problem hat: Den 167.226 Taufen standen 254.260 Beerdigungen gegenüber.

Innerhalb der Bischofskonferenz setzte sich der personelle Wandel fort: Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, trat ebenso in den Ruhestand wie der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff. Der Münsteraner Weihbischof Heinrich Timmerevers wurde zum Oberhirten von Dresden-Meißen ernannt, der Generalvikar des Bistums Trier, Georg Bätzing, in Limburg zum Bischof geweiht. Nachfolger Mussinghoffs wurde der Trierer Weihbischof Helmut Dieser.


Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda / © Arne Dedert (dpa)
Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda / © Arne Dedert ( dpa )

Ein bisschen spielen. Kardinal Woelki besucht im November eine Flüchtlingsunterkunft in Köln. / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Ein bisschen spielen. Kardinal Woelki besucht im November eine Flüchtlingsunterkunft in Köln. / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Heinrich Bedford-Strohm (l.) und Reinhard Kardinal Marx im Gespräch / © Harald Oppitz (KNA)
Heinrich Bedford-Strohm (l.) und Reinhard Kardinal Marx im Gespräch / © Harald Oppitz ( KNA )

Mainzer Hirte verabschiedet sich / © Arne Dedert (dpa)
Mainzer Hirte verabschiedet sich / © Arne Dedert ( dpa )

Bischof em. Mussinghoff: Seit Dezember 2015 im Ruhestand (dpa)
Bischof em. Mussinghoff: Seit Dezember 2015 im Ruhestand / ( dpa )

Heinrich Timmerevers ist neuer Bischof von Dresden-Meißen / © Arno Burgi (dpa)
Heinrich Timmerevers ist neuer Bischof von Dresden-Meißen / © Arno Burgi ( dpa )

Georg Bätzing ist neuer Bischof von Limburg / © Harald Oppitz (KNA)
Georg Bätzing ist neuer Bischof von Limburg / © Harald Oppitz ( KNA )

Helmut Dieser ist neuer Bischof von Aachen / © Henning Kaiser (dpa)
Helmut Dieser ist neuer Bischof von Aachen / © Henning Kaiser ( dpa )
Quelle:
KNA