Ein Kommentar von Ingo Brüggenjürgen

Bischöfe zwischen Umbruch und Aufbruch

Vier Tage lang haben sich die deutschen Bischöfe zur Herbstvollversammlung in Fulda getroffen. Die Flüchtlingskrise bestimmte auch dort die Tagesordnung. Aus Fulda kamen starke Signale, meint domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen.

Die Bischöfe stets im Blick: Ingo Brüggenjürgen (DR)
Die Bischöfe stets im Blick: Ingo Brüggenjürgen / ( DR )

Seit 1867 versammeln sich die deutschen Bischöfe regelmäßig am Grab des Heiligen Bonifatius, der spätestens seit diesem Zeitpunkt zum "Apostel der Deutschen" geworden ist.  Viel Wasser ist in all den Jahren die Fulda hinuntergeflossen – Bischöfe kamen und gingen – die Aufgabe ist geblieben: Immer wieder muss der Glaube jeweils neu in die aktuelle Zeit hineingesprochen werden. Die Zeiten aber ändern sich, manchmal ganz rasant. Ursprünglich hatten die Bischöfe einen "Studientag zur gesellschaftlichen Integration" für das nächste Jahr im Auge. Die dramatische Entwicklung in der Flüchtlingsfrage hat alle Pläne über den Haufen geworfen. Der rechte Umgang – das notwendige Handeln zwischen lebensrettender Soforthilfe und langfristig notwendiger Integration – bestimmte die offizielle Konferenz und auch die Gespräche am Rande. Christen können hier nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen. Die Bischöfe machten sehr deutlich, dass sie das auch gar nicht wollten: Während die CSU-Landtagsfraktion zeitgleich im Kloster Banz tagte und den ungarischen Ministerpräsidenten und Grenzzaunerrichter Viktor Orban eingeladen hatte, sendeten die Bischöfe ein ganz anders Signal: Sie hatten Experten aus Notunterkünften, engagierte Flüchtlingshelfer der Caritas, Pastoren und Politiker eingeladen, die Tag für Tag Flüchtlinge aufnehmen und ihnen helfen. Ein starkes Signal.

Mag schon sein, dass die Welt der Medien eher die Luft anhält, wenn der VW Konzern über Nacht 17 Milliarden Euro an Wert verliert – oder die ganze EU mühsam nach einer Milliarde Euro für die Flüchtlinge sucht. Was sind da schon die mindestens 100 Millionen Euro, die die Katholiken bis dato für ihre Hilfe hier locker gemacht haben? Kirche ist eben kein Konzern, bei dem man auf Knopfdruck die Summe der Hilfsmaßnahmen erfassen kann. Jeder Verband, jedes Kloster, jede Pfarrei – alle engagieren sich – aber es gibt eben keine Gesamtschau. Wer will auch all die Tage und Stunden erfassen, in denen Hauptamtliche und Ehrenamtliche in diesen Tagen oft bis zur Erschöpfung Hilfe leisten – ganz konkret vor Ort, da wo es nötig ist. Der Papst hat keine Truppen – aber seine Stimme hat Gewicht. Auch die deutschen Bischöfe werfen ihre Stimme in die Waagschale. Gerade durchlebt die Deutsche Bischofskonferenz dabei einen Generationswechsel – eine Zeit zwischen Umbruch und Aufbruch.  Aber all den Spöttern, die meinen, die Bischöfe würden in der Flüchtlingsfrage ihrer Zeit hinterherhinken, möchte man ein Zitat des Kölner Kardinals Woelki unter die Nase reiben: "Wir sind ja lange noch nicht am Ende – das wird in den nächsten Monaten noch sehr viel größere Dimensionen annehmen. Menschen werden aus Syrien, aus dem Irak, aus dem Libanon zu uns kommen und wir können nur zusammen mit den politisch Verantwortlichen  versuchen, alles zu tun, um diese Menschen hier willkommen zu heißen. Es wird jedenfalls eine schwierige Situation und eine große Herausforderung für die gesamte Gesellschaft werden!"  

Das sagte der Kölner Kardinal, dem die Flüchtlingshilfe ein Herzensanliegen ist. Er sagte es aber nicht heute, sondern schon vor einem Jahr. (Quelle: http://www.domradio.de/video/talk-am-dom-mit-kardinal-woelki) Manchmal sind Bischöfe ihrer Zeit auch voraus – das macht Mut für den notwendigen Aufbruch und Weitergabe des Glaubens in die heutige Zeit.


Quelle:
DR