Nach fünf Jahren geht der "Dialogprozess" in der Kirche zu Ende

Im Heute glauben

Keinen Schluss-, sondern einen Doppelpunkt: Das soll die letzte Veranstaltung des vor fünf Jahren gestarteten Gesprächsprozesses zur Zukunft der Kirche in Deutschland bringen. Rückschau und ein Blick nach vorn.

Autor/in:
Joachim Heinz
Diskussionsrunde beim Dialogprozess in Magdeburg 2014 (KNA)
Diskussionsrunde beim Dialogprozess in Magdeburg 2014 / ( KNA )

Ausgerechnet Würzburg! Das war die Stadt, in der vor 40 Jahren Vertreter aller Bistümer der damaligen Bundesrepublik zusammenkamen, um die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) für Deutschland umzusetzen. Dort wollen die Bischöfe nun auch am 11. und 12. September mit einem "Gesprächsforum" den von ihnen angestoßenen Gesprächsprozess zu einem Abschluss bringen. Die Idee zu dem Dialog wurde 2010 geboren, wenige Monate nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals. Über einen "breiten Reflexionsprozess" von Bischöfen, Priestern und Laien, wollte der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Zudem ging es ihm darum, die Zukunft kirchlichen Lebens zu erörtern.

Bei einigen Mitbrüdern stieß so viel Elan auf Skepsis. Kompromisse waren nötig. So begann mit dem ersten "Gesprächsforum" im Juli 2011 in Mannheim ein Reigen von höchst unterschiedlichen Veranstaltungen: Neben weiteren Foren, zu denen sich Bischöfe, Theologieprofessoren, Ordensleute sowie Vertreter kirchlicher Verbände und Organisationen trafen, gehörte dazu auch ein "Eucharistischer Kongress", zu dem Kardinal Joachim Meisner 2013 nach Köln einlud.

Neues Klima zwischen Laien und Bischöfen

Hinzu kamen Themenjahre zu den "Grundvollzügen" der Kirche: "Diakonia", "Liturgia" und "Martyria". Die beiden Katholikentage in Mannheim 2012 und Regensburg 2014 wurden ebenso zu Bestandteilen des Prozesses erklärt wie der Besuch von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2011. Was hoch fliegende Erwartungen und greifbare Ergebnisse anbelangt, fühlten sich einige Beobachter zeitweilig an eine Figur aus den Romanen von Jugendbuchautor Michael Ende erinnert: Der Scheinriese Herr Tur Tur wirkt aus der Ferne ungeheuer groß und wird kleiner, je näher man ihm kommt.

Rufe nach einer gesamtdeutschen Synode sind inzwischen weitgehend verhallt. Dafür sei jetzt nicht die Zeit, hielt auch Zollitschs Nachfolger als Bischofskonferenz-Vorsitzender, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, fest. Als kleinster gemeiner Nenner scheint sich bei den meisten Mitwirkenden die Lesart durchzusetzen, dass der Dialog ein neues Klima zwischen Laien und Bischöfen geschaffen habe. Er hoffe auf eine weitere "kontinuierliche und konstruktive Zusammenarbeit" sagt der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück. Und der Initiator, Erzbischof Robert Zollitsch, spricht wie Marx von einem "Doppelpunkt" und keinem Schlusspunkt, der in Würzburg gesetzt werden soll. Frei nach Michael Ende: Der Gesprächsprozess als "Unendliche Geschichte".

Reizthemen zu sehr im Blickpunkt?

Kritik an zu viel Unverbindlichkeit nach fünf Jahren Austausch auf vielen Ebenen gibt es schon vor Verabschiedung des Abschlussberichts in Würzburg. Befürwortern von Reformen geht es zu langsam, andere, wie der Bundesvorsitzende des Verbandes der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung KKV, Bernd Wehner, würden gern die Marschrichtung ändern: "Wie zu befürchten war, wurden leider die üblichen Reizthemen wie Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, Anerkennung von homosexuellen Gemeinschaften, Zölibat, Diakonat der Frau und so weiter zu sehr in den Blickpunkt genommen", beklagt Wehner. "Natürlich muss auch über solche Fragen offen diskutiert werden können, wichtiger erscheint uns aber, darüber zu sprechen, wie der Glaube in einer Welt, in der vielfach aus Gleichgültigkeit alles gleich gültig ist, wieder an Strahlkraft gewinnen kann."

In Rom werden sich die Bischöfe der Weltkirche im Oktober an der Quadratur des Kreise versuchen. Bei der von Papst Franziskus einberufenen Synode zu Ehe und Familie geht es um die "Reizthemen" und um die Frage, wie der Glaube gerade in den westlichen Gesellschaften wieder an Strahlkraft gewinnen kann. Dass Teile der Diskussionen beim Gesprächsprozess auch in die Vorbereitungspapiere der deutschen Bischöfe zur Synode eingeflossen sind, gibt dem Scheinriesen dann doch wieder eine gewisse Größe zurück. Zugleich mögen jene Ängste abgebaut werden, wonach der Dialog zwischen Laien und Bischöfen nach Würzburg im Sande verlaufen könnte.


Quelle:
KNA