Ein Kommentar zur Regensburger Vollversammlung

Unternehmen Hoffnung

Trotz teilweise kontroverser Diskussionen um Strukturreformen in den deutschen Bistümern sieht der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, die katholische Kirche auf einem guten Weg. Sein Fazit nach der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe in Regensburg ist positiv. domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen fragt: Zu positiv?

Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen (DR)
Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / ( DR )

"Wir schauen hoffnungsvoll in die Zukunft", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Ende der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischöfe in Regensburg. Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, der den 67 Bischöfen ein Gesicht gibt, weiß, was sich für ein Unternehmen, das Glaube, Liebe, Hoffnung auf die Fahnen geschrieben hat, gehört. Freundlich lächelnd erklärte er bei der Abschlusspressekonferenz, man sei dankbar für die guten Tage in Regensburg und gestärkt worden durch den Zuspruch, den man z.B.  bei den Gottesdiensten deutlich gespürt habe.



Das stimmt - schon beim Eröffnungsgottesdienst war das Meer der Fahnen und Bannerträger der verschiedenen katholischen Laienorganisationen nicht zu übersehen. Aber auch morgens um 7 Uhr war die katholische Welt in Regensburg noch in Ordnung: Alle drei Frühmessen waren gut gefüllt, einige Besucher mussten sich in den großen Kirchen sogar mit Stehplätzen begnügen. Gemeinsam mit den Gläubigen feierten und beteten sich die Bischöfe in musikalisch und liturgisch ansprechenden Gottesdiensten in wunderschönen aber leider noch eiskalten Kirchenräumen warm.



Aber das ist eben nur die eine Seite der Medaille. Wenn nicht gerade ein Pontifikalamt - in diesem Fall dann gleich noch mit vielen Bischöfen - gefeiert wird, sieht es in den Frühmessen landauf und landab für gewöhnlich ganz anders aus. Eine immer kleiner werdende Schar von Messbesuchen müht sich nach Kräften, aber an jeder McDonalds-Theke ist schon morgens mehr Andrang. So hat in Regensburg auch der erste Hutmacher am Domplatze gar nicht mitbekommen, dass die Bischöfe in der Stadt sind - "die sieht man doch gar nicht!" Das wird den meisten Regensburgern so ergangen sein, auch wenn sie noch mehrheitlich katholisch sind.



Aber auch die Bischöfe wissen natürlich, dass nicht alles nur "Lobe den Herrn" ist. Bei einem "Halbstudientag" (O-Ton Bischof Mussinghoff) sind ihnen die aktuellen Zahlen im Bereich der Wissenschaft vorgelegt worden: Weniger theologische Fakultäten, weniger katholische Professoren, weniger Kandidaten, die sich um katholische Professorenstellen bewerben, weniger Vollzeittheologen. Eine Trendwende sei nicht in Sicht, so die betrübliche Aussage.



Ein Mut machender Masterplan? Eine Strategie aus der Krise? In jedem Unternehmen würden alle Warnglocken schrillen, eine Krisensitzung würde die nächste jagen. Aber in Regensburg fahren die Bischöfe früher als geplant nach Hause - kein Grund zu Panik, das Kirchenschiff wird schon nicht auf Grund laufen.



Die düsteren Prognosen im Bereich der theologischen Wissenschaft reihen sich wunderbar ein in die bekannten anderen Prognosen. Weniger Kirchenbesucher, weniger Gläubige, weniger Priester, weniger Kirchenzeitungsleser, weniger Taufen, weniger … Aber in Regensburg lächeln die verantwortlichen Steuermänner auf der Brücke. Kein Grund zur Panik, das Kirchenschiff ist doch schon seit 2000 Jahren gut unterwegs und hat schon ganz andere stürmische Zeiten überstanden.



In der Offiziersmesse, um im Bild zu bleiben, sei nur an wenigen Stellen um den richtigen Kurs gestritten worden. Einmal, als es um das neue Gebetbuch und die dort einzubauenden Kunstwerke ging und ein anderes Mal - besonders heftig und lebendig - als man den Blick über die Landesgrenze Richtung Österreich richtete. Das dortige Sturmtief, ausgelöst durch eine kritische Pfarrer-Initiative, droht schon über die Grenze zu ziehen. Wie kann man dem Halt gebieten? Die Wassereinbrüche im inneren Kern, wie hier bei den Priestern, sind für gewöhnlich natürlich besonders bedrohlich.



Beim abschließenden Fototermin jedoch war davon natürlich kein einziges Wort zu hören. Der besonnene Steuermann und seine begleitenden Offiziere lächeln und strahlen wie gewohnt Zuversicht aus: Das Kirchenschiff bewegt sich nach anderen Gesetzmäßigkeiten. Wir haben die Lage im Griff! Jedes gewöhnliche Unternehmen wäre in heller Aufregung, wenn die Kundschaft ausbliebe und sogar immer mehr eigene Mitarbeiter sich innerlich abmelden würden.



Aber vielleicht ist dies nur die rein weltliche Sicht - und  vielleicht ist dieser Blickwinkel viel zu begrenzt? Wie haben die Gläubigen und Bischöfe am letzten Tag doch gemeinsam gesungen: "Dein Wort, Herr, nicht vergehet, es bleibet ewiglich, soweit der Himmel gehet, der stets beweget sich, dein Wahrheit bleibt in Ewigkeit, gleichwie der Grund auf Erden, durch deine Hand bereit."



Wie gut, wenn man auf den Beistand des Steuermanns da ganz oben setzen kann. Bleibt die Hoffnung, dass er dafür Sorge trägt, dass die Kirche kein hoffnungsloses Unternehmen, sondern ein Unternehmen mit Hoffnung bleibt.