Rainer Maria Woelki ist neuer katholischer "Caritasbischof"

Ohne Berührungsängste auf ungewohntes Terrain

Die Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz haben den Berliner Erzbischof Dr. Rainer Maria Woelki zum Vorsitzenden der Caritaskommission gewählt. Weiterhin bestätigten sie Erzbischof Woelki als Mitglied der Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
 (DR)

Berührungsängste hat Rainer Maria Woelki nicht. Das bewies Berlins neuer Erzbischof, als er jüngst im Problembezirk Neukölln mit Armutsflüchtlingen vom Balkan zusammentraf. Beim Besuch des Sozialprojekts einer katholischen Wohnungsbaugesellschaft suchte Woelki das Gespräch mit den Roma, fragte Kinder und Jugendliche nach Schule und Berufswünschen, besichtigte eine ihrer Wohnungen.



Bei ihrer Herbstvollversammlung wählte die Deutsche Bischofskonferenz Woelki zum Vorsitzenden ihrer Kommission für caritative Fragen. Er folgt Joachim Reinelt, dem Bischof von Dresden-Meißen nach, der den Vorsitz aus Altersgründen niederlegte. Neben dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, wird Woelki damit zu einem wichtigen Ansprechpartner für Politik und Gesellschaft. Schließlich ist das soziale Engagement der Kirche kaum zu überschätzen. So ist die Caritas mit ihren rund 500.000 hauptamtlichen und ebenso vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern der größte Wohlfahrtsverband in Deutschland.



Nachdem der frühere Kölner Weihbischof erst vor wenigen Wochen vom Rhein an die Spree gewechselt war, betritt er nun erneut ungewohntes Terrain. Bislang gehörte Woelki den Bischofskommissionen für geistliche Berufe und kirchliche Dienste sowie für Wissenschaft und Kultur an. Auch fiel er in seiner Kölner Zeit mit Stellungnahmen zu karitativen Fragen in den öffentlichen Debatten nicht auf. Die neue Aufgabe kam für ihn nach eigenem Bekunden "überraschend".



Gute Gründe für die Entscheidung

Ungeachtet dessen sieht Woelki gute Gründe für die Entscheidung. Vor allem in Berlin stelle er fest, "wie die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht", sagte er in einer ersten Stellungnahme. Das erlebt Woelki auch in seinem unmittelbaren Umfeld. Er bezog eine Wohnung im alten Arbeiterbezirk Wedding, wo Armut und Ausgrenzung auch heute noch eine brisante Mischung ergeben. Überdies verspricht die Berufung Woelkis einen engen Draht zum Deutschen Caritasverband, dessen Hauptstadtvertretung in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewann.



"Ohne Caritas ist die Kirche amputiert, es ist dann nicht die Kirche Jesu Christi", betont der Berliner Erzbischof. Unter anderem zu Themen wie der Pflege in der alternden Gesellschaft und Chancengleichheit in der Bildung will er sich "sehr deutlich und pointiert äußern". Aber auch an die eigene Adresse richtet er Erwartungen. Die Kirche, ist Woelki sich sicher, werde daran gemessen, wie sie mit ihren eigenen Mitarbeitern umgeht. Zudem müsse sie sich durch die christliche Fundierung ihrer caritativen Arbeit "sehr bewusst" von anderen Anbietern unterscheiden. Woelkis bischöflicher Wahlspruch "Wir sind Zeugen" scheint durch.



Auch als "Caritasbischof" muss sich Woelki nun an seinem eigenen Anspruch messen lassen, sein Amt "nicht immer mit dem moralischen Zeigefinger" auszuüben. In seinen ersten Berliner Wochen hat er bereits bewiesen, dass es ihm ernst damit ist. Von vielen Seiten erhielt er gute Noten, Vorwürfe einer rückwärtsgewandten Amtsauffassung sind weitgehend verstummt. Mit unerwarteten Ankündigungen, etwa Frauen in der Kirche stärker zu fördern, und einem Treffen mit dem papstkritischen Lesben- und Schwulenverband nahm er manchem Kritiker den Wind aus den Segeln.