Gedanken zur Herbstvollversammlung

Post aus Fulda - Teil 3

Vier Tage lang kommen in Fulda die Deutschen Bischöfe zu ihrer traditionellen Herbstvollversammlung zusammen. Vier Tage voller abwechslungsreicher Themen. Vier Tage für domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen und seine Post aus der Bischofsstadt.

Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker
Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker

Durch die dicken dunkelgrauen Wolken scheint heute in Fulda wenigstens hin und wieder die Sonne. Einige wenige Bischöfe werden zuhause dringend gebraucht und sind schon wieder abgereist oder werden im Laufe des Tages die Bischofsstadt verlassen. Die Herbstvollversammlung startet auch am Donnerstagmorgen wieder mit einer Frühmesse. Diesmal ist der Fuldaer Dom aber nur noch halb gefüllt. Da die Schülerinnen und Schüler, die beim Eröffnungsgottesdienst dabei waren, wieder normalen Schulunterricht haben, bleiben ihre Plätze leer. Auch fast 20 Bischofsplätze bleiben frei - wer will, kann an diesem Tag selber zelebrieren.



Der Kölner Erzbischof Joachim Meisner ist als dienstältester Kardinal der Hauptzelebrant und predigt heute, am Gedenktag des Heiligen Bruno von Köln, über den tiefen Glauben der Kartäuser. Diese hätten sich in all ihren 900 Jahren niemals reformieren müssen, weil der Orden "seine ursprüngliche Frische, Kraft und Tiefe bewahrt und immer vermehrt" habe. Für den Kölner Kardinal steht daher fest, wie das "Ecclesia semper reformanda est", die permanent nötige Reform der Kirche, zu verwirklichen ist: "In dem der einzelne Christ sich von der Liebe Gottes erfüllen, bewegen und inspirieren lässt!"



Gestern Abend konnten sich die Bischöfe nach einem anstrengenden Wahl- und Arbeitstag zusätzlich auch von alkoholischen Getränken inspirieren lassen. "Ich gebe jetzt besser kein Interview mehr", lacht ein gutgelaunter Diözesanbischof im Kreuzgang, auch wenn er nur ein einziges "Körnchen" verköstigt habe. Es herrscht gute Laune in der geselligen Männerrunde. Die Gespräche über den Dialogprozess am Nachmittag seinen in einer sehr guten Atmosphäre verlaufen, so erfährt man von mehreren Teilnehmern unisono. Man habe einander gut zugehört und in den jeweiligen Diözesen gebe es, wie in Mannheim schon zu beachten, nicht nur einen guten Grundton im Gesprächsprozess, sondern "gute neue Entwicklungen". Die will man jetzt sammeln und auswerten, damit der Dialog, den man sich vor einem Jahr hier in Fulda verordnet hatte, auch gut weiter geht.



Der Papstbesuch bestimmt selbstverständlich auch immer wieder die Gespräche am Rande der Konferenz. Ein Bischof ist dem Papst für die "klaren und wahren Hinweise" dankbar, ein anderer dankt dem Heiligen Vater "für die vielen guten Begegnungen - gerade auch in Erfurt - schade nur, dass die Papstworte im Kapitelsaal des Augustinerklosters nicht öffentlich waren". Wieder ein anderer Oberhirte verrät uns nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hat: "Es ist doch ein gutes Zeichen, dass der Papst keine Türen zugeschlagen hat - und wir als Bischöfe jetzt diesen Freiraum nutzen können!"



Freiräume bei der Konferenz der Bischöfe sind insgesamt aber leider viel zu selten. Zu dicht ist die Tagesordnung, die man sich selber verordnet hat. Hin und wieder huscht einer der ganz in Schwarz oder Anthrazit gekleideten Exzellenzen  durch die große Holztür des Priesterseminars, um bei einem kleinen Rundgang an der Fulda ein wenig Frischluft zu tanken. Andere nutzen den Parkplatz im Innenhof, um mit ihrem Handy mal eben ihre Mails zu checken - auch wenn sie dabei nicht nebenbei die Welt retten … Wieder andere beten innig ihr Brevier.



Für den Abend ist ein "Hintergrundgespräch" mit den Medienvertretern geplant. Im vorigen Jahr, das war das "Missbrauchskirchenerschütterungsjahr", glich das vertraulich geplante Gespräch eher einer kleinen Vollversammlung, so groß war der Ansturm. Heuer ist weniger Presse vor Ort, was den Informationsaustausch leichter machen dürfte.



Aber auch der normale Informationsfluss hier in Fulda gestaltet sich bisweilen schwierig - auch wenn die Presseverantwortlichen der DBK sich redlich bemühen. Zur aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise und die ethischen Herausforderungen eines Christenmenschen in der globalisierten Welt will der angefragte Bischof "jetzt nichts sagen" - ein kleiner O-Ton zum Tod von Applegründer Steve Jobs ist auf die Schnelle auch nicht zu bekommen. Wenn der Papst doch nur wüsste, wie "entweltlicht" seine Mitbrüder in Christus bisweilen schon sind.



Doch dann am Mittag großer Ansturm beim Pressetermin mit Bischof Gebhard Fürst und Weihbischof Anton Losinger. Es geht um Ethik, Organspende und Mensch-Tier-Mischwesen. Spannende Sache, steht zwar nicht auf der aktuellen Tagesordnung der Vollversammlung, aber weil die Kirche hier gut aufgestellt ist, kommt die kirchliche Position doch in der modernen Medienwelt an.



Und dann kommt doch noch  wie von einem Engel durch die himmlischen Lüfte eine ganz vertrauliche "Exklusivinformation" für das kircheneigene domradio.de: Zum Mittagessen wurde den Bischöfen heute Tomatensuppe, Rehbraten mit Soße und Pfifferlingen, Birne mit Preiselbeeren, Herzoginkartoffeln, Klöße, Kartoffelgratin, Rotkohl, Endivien- und Feldsalat, Möhrenrohkost sowie eine Joghurtcreme serviert. Der vorbildliche Kartäuserorden des Heiligen Brunos, von dem der Kardinal am Morgen im Dom gepredigt hatte, hingegen ist bekannt für seine strengen Fastenordnung: So sind die Kartäuser reine Vegetarier und fasten jeden Freitag nur bei Wasser und Brot. So "entweltlicht" haben sich die katholischen Bischöfe in ihrem Kloster hier in Fulda Gott sei Dank doch wieder nicht. Man darf aber davon ausgehen, dass sie nicht nur nach einem guten warmen Mittagessen immer wieder gerne in den einzigen Lobspruch einstimmen, der vom sonst schweigenden Heiligen Bruno überliefert ist: "O bonitas!". Denn es sind Tage der göttlichen Gutheit und Güte, die sie hier im Oktober 2011 gemeinsam erleben und verleben, auch wenn die Sonne nur mit Unterbrechungen scheint.