Erzbischof Schick über das neue Bischofswort zur Terrorismus-Bekämpfung

"Krieg kann niemals Gerechtigkeit und Frieden garantieren"

Zehn Jahre nach den Terroranschlägen von New York und Washington kritisiert die katholische Kirche in einem Bischofswort bestimmte Formen der Anti-Terror-Politik. Im Interview betont Erzbischof Ludwig Schick, dass grundlegende rechtsstaatliche Standards nicht für kurzfristige Erfolge bei der Terrorismusbekämpfung missachtet oder ausgehöhlt werden dürften.

Erzbischof Schick: Frieden alleine schafft Gerechtigkeit (KNA)
Erzbischof Schick: Frieden alleine schafft Gerechtigkeit / ( KNA )

domradio.de: Herr Erzbischof, mit dem Papier wollen Sie eine Bilanz der Politik gegen den Terrorismus ziehen. Wie bewerten Sie 10 Jahre Kampf gegen den Terror?

Erzbischof Schick: Zunächst einmal ist es wichtig, dass wir alle, d.h. die Staaten, aber auch die Vereinten Nationen und wir als Kirchen, gegen den Terrorismus kämpfen, denn er zerstört unsere Zukunft. Das zweite ist, dass wir auch anerkennen, dass von den Akteuren viele gute Maßnahmen getroffen worden sind. Aber wir haben auch Sorgen, dass überreagiert wird und z.B. Abhörgesetze überproportional eingeführt werden. Auch im Irakkrieg gab es Maßnahmen, die wir nicht gutheißen können. Papst Johannes Paul II. hat da eindeutig Stellung gegen bezogen. Wir haben auch die Sorge, dass für Terroristen die Menschenrechte und Würde nicht garantiert sind bei Verhören und Gefangennahmen. Da müssen wir auch sagen, das geht nicht, da müssen die ethischen Maßstäbe greifen und umgesetzt werden.



domradio.de: Früher pflegte die Kirche den Begriff des "gerechten Krieges", heute spricht sie lieber vom "gerechten Frieden", was verstehen Sie darunter?

Erzbischof Schick: Wir haben ja schon im Jahr 2000 im Papier "Gerechter Friede" von dem Begriff  "Gerechter Krieg" Abstand genommen. Eigentlich ist Krieg nie etwas, was zu Gerechtigkeit führt. Gerechtigkeit führt zum Frieden. Wenn wir vom gerechten Frieden sprechen, wollen wir damit zum Ausdruck bringen, wie müssen alles tun, um den Frieden zu fördern, denn der alleine schafft Gerechtigkeit und schenkt die Voraussetzungen für dauerhaften Frieden. Krieg kann niemals Gerechtigkeit und Frieden garantieren. Er kann höchstens eine Maßnahme sein, die den gerechten Frieden voranbringt.



domradio.de: Wie will die Kirche diese Überzeugungen konkret einbringen? Terrorbekämpfung und Menschenwürde sind ja häufig gar nicht vereinbar miteinander.

Erzbischof Schick: Das kann man schon! Wir werden das Papier natürlich an die Regierungen weitergeben und bitten, dass sie es beherzigen. Als Kirche haben wir bei den Parteien und Regierungen Gehör, und das ist gut so in Deutschland. Wir müssen aber auch als Kirche den interreligiösen Dialog fördern, denn das ist auch eine wichtige Maßnahme zur Überwindung des Terrorismus und für den Frieden. Und wir müssen mit unseren Hilfswerken versuchen, die eklatante Armut in bestimmten Ländern zu überwinden. Und Maßnahmen unterstützen, die dem Terrorismus das Wasser abgraben und den Frieden fördern. Wir versuchen das auch mit dem Militärbischofsamt und dem ethischen Unterricht an den Mann und die Frau zu bringen. Und wir müssen auch in unsere Gemeinden, das hineinbringen, was wir jetzt in diesem Wort herausgearbeitet haben. Dafür müssen wir es sicherlich auch noch in eine Form bringen, die unser Anliegen auch einfachen Leuten verständlich macht.

Das Interview führte Mathias Peter.