Kardinal Meisner versichert Japan nach Unglück Unterstützung

"Ich glaube, aber hilf´ meinem Unglauben"

Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner hat sich sehr bewegt von der Atomkatastrophe in Japan gezeigt und spricht sich für Konsequenzen auf die deutsche Atompolitik aus. "Mit den Ereignissen von Japan ist eine neue Situation entstanden", sagt der Kardinal im domradio.de-Interview am Mittwoch am Rande der Vollversammlung in Paderborn. Das Kölner Erzbistum habe Vertretern der Erzdiözese Tokio bereits eine Soforthilfe von 100.000 Euro zugesagt.

 (DR)

domradio.de: Herr Kardinal, die Ereignisse in Japan überschlagen sich, kann man sich angesichts der Katastrophe überhaupt auf die Tagesordnung der Vollversammlung konzentrieren?



Joachim Kardinal Meisner: Bevor ich am Montag von Köln weggefahren bin, hatte ich Besuch vom Rektor unserer Sophia- Universität (katholische Sophia-Universität in Tokio, Anm.d.R.). Auch der Prorektor, einige Professoren, 30 Studenten und einige Jesuiten-Patres waren da. Ich bekam also aus erster Hand mit, was sich dort ereignete. Und ich muss sagen, ich war sehr bewegt.

Bei ihnen war von Aufgeregtheit und Kopflosigkeit überhaupt keine Rede. Sie waren tief betroffen und sie haben gesagt, wir halten zusammen  und wir werden unser Land wieder aufbauen. Ich habe daraufhin zu ihnen gesagt, wissen Sie, ich glaube, dass nichts ohne den Willen Gottes passiert. Es gibt bei Gott keine Betriebsunfälle. Aber vor der Katastrophe in Japan muss ich mein Herz in beide Hände nehmen, muss sagen, Herr, ich glaube, aber hilf´ meinem Unglauben.

Mein Besuch sagte, ich sollte nicht so ängstlich sein. Gott weiß in seiner Weisheit mehr als wir. Von dieser Haltung war ich tief beeindruckt und habe sofort gesagt, ich gebe Euch 100.000 Euro als Soforthilfe und ich habe noch am Freitag an alle Gemeinden über das Internet geschrieben, dass wir an dem Sonntag Fürbitten einlegen. Wir haben seit über 60 Jahren eine besondere Partnerschaft zur Erzdiözese Tokio und ich habe meinen Gäste gesagt, wir lassen Euch auch nicht allein, auch als Kirche in Deutschland. Wir werden Euch helfen.



domradio.de: Ihr Vorgänger, Joseph Kardinal Höffner, hat bereits Anfang der 1980er Jahre zur Atomkraft sehr deutlich Stellung bezogen. Glauben Sie, dass es jetzt an der Zeit ist, diese Stellungnahme zu erneuern?



Joachim Kardinal Meisner: Ich habe gehört, dass diese Stellungnahme von Kardinal Höffner hier auch in der politischen Diskussion erneuert worden ist. Ich denke schon, dass wir dazu Stellung nehmen müssen. Mit den Ereignissen von Tokio, von Japan ist eine neue Situation entstanden, dass man auch diese Frage neu bedenken und auch entscheiden muss: Können wir uns das leisten, weiterhin Atomwerke zu unterhalten oder müssen wir sagen, wir müssen uns davon verabschieden, wir müssen andere Formen der Energieversorgung suchen.  



domradio.de: Beim Studientag zur Ökumene hat Bischof Wiesemann ein leidenschaftliches Statement gehalten zur Ökumene, dass dies ein Herzensanliegen der deutschen Bischofskonferenz ist. Was nehmen Sie persönlich mit nach dem heutigen Studientag?



Joachim Kardinal Meisner: Ich nehme mit, dass wir auf diesem Weg weitergehen müssen, dass wir nach der Einheit der Christen in dieser differenzierten Welt suchen.