Deutsche Bischöfe beenden ihre Herbstvollversammlung

Aufbruch im Dialog

Die katholischen Bischöfe Deutschlands wollen auf die kirchliche Vertrauenskrise nach dem Missbrauchsskandal mit einer bundesweiten Dialoginitiative antworten. Auf Ebene der Bistümer solle es einen «strukturierten Dialog» über Glaubensfragen und auch über gesellschaftliche Themen geben, kündigte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, am Freitag in Fulda an.

 (DR)

Im Lauf der kommenden zwei Jahre sollten die Ergebnisse dann auf Ebene der Bischofskonferenz zusammengetragen werden. Skeptisch äußerte sich Zollitsch, ob es zu einer Synode wie Mitte der 70er Jahre kommen werde. Dies wäre sehr aufwändig. Der Erzbischof wies eigens darauf hin, dass das Zentralkomitee der deutschen Katholiken in diesem Prozess ein wichtiger Kooperationspartner sei.



Mit Blick auf den 50. Jahrestag des Beginns des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) im Jahr 2012 planen die Bischöfe für das kommende Frühjahr einen "gemeinschaftlichen Akt der Umkehr und Neuausrichtung". Dieses "Mea Culpa" soll bei der Frühjahrsvollversammlung in Paderborn erfolgen. Die genaue Ausgestaltung des Schuldbekenntnisses sei noch unklar, sagte der Freiburger Erzbischof. Außerdem wollen sich die Bischöfe mit einem gemeinsamen Brief an die Gemeinden wenden.



Selbstkritischer Dialog

Zollitsch kündigte überdies an, die Bischöfe wollten "den selbstkritischen Dialog" fortsetzen und außerdem künftig "stärker als bislang öffentlich wirksame Gesten und Symbole der Ausrichtung auf Gott nutzen, um den Gegebenheiten der Mediengesellschaft besser zu entsprechen". Darüber hinaus verpflichten sich die Bischöfe, sich verstärkt mit der tatsächlichen Lebenssituation der Priester und kirchlichen Mitarbeiter zu befassen und ihnen "unsere Verbundenheit und Nähe zum Ausdruck zu bringen".



Erneut räumte der Freiburger Erzbischof ein, dass der Missbrauchsskandal zu einer Glaubwürdigkeitskrise der Kirche geführt habe. Er habe zudem grundlegende Fragen etwa nach der Ehelosigkeit der Priester, nach der kirchlichen Lehre über Sexualität oder nach der Ausübung von Macht in der Kirche aufgeworfen. Die Bischöfe wollten diese Krise als Chance für einen neuen Aufbruch nehmen und sich verstärkt dem Dialog mit den Menschen widmen. "Der Weg der Kirche in Deutschland muss heute die Mitte finden zwischen einer ängstlichen Absonderung von der Welt und einer sendungsvergessenen Anpassung an die Welt", sagte er.



Bischöfe greifen Debatte um Verhütung wieder auf

Von der Öffentlichkeit weithin unbeachtet setzen sich die deutschen katholischen Bischöfe derzeit auch intensiv mit dem strittigen Thema der Empfängnisverhütung auseinander. In dieser Frage besteht seit mehr als 40 Jahren ein Dissens zwischen weiten Teilen der katholischen Kirche in Deutschland und dem Römischen Lehramt.



Erzbischof Robert Zollitsch sagte am Freitag in Fulda, die Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz unter Leitung von Kardinal Karl Lehmann habe dazu eine Reihe von Expertenbefragungen begonnen. Ziel sei es, die kirchliche Lehre zum Thema Liebe, Sexualität und Fruchtbarkeit neu zu formulieren.



Nachdem das Zweite Vatikanische Konzil (1962 -1965) die strittige Frage ausgeklammert hatte, stellte Papst Paul VI. 1968 in seiner Enzyklika "Humanae vitae" fest, dass künstliche Empfängnisverhütung der göttlichen Ordnung widerspreche und die Moral untergrabe. Die deutschen Bischöfe entgegneten in ihrer "Königsteiner Erklärung" von 1968, dass Ehepaare sich in einer Güterabwägung auch für künstliche Verhütungsmittel entscheiden dürften. Der moraltheologische Konflikt in dieser Frage ist seither in der Schwebe.



Keine fundamentalen Änderungen am Messbuch

Die neuen deutschsprachigen Messbuchtexte sollen sich nach dem Willen der Bischöfe nicht wesentlich von den bisher geltenden Texten unterscheiden. Zollitsch erklärte, die bisherigen Texte genügten bereits den römischen Anforderungen nach einer authentischen Übersetzung der lateinischen Texte. Die Bischöfe seien dagegen, die bei den Priestern und Gläubigen bewährten liturgischen Texte ohne Not durch fundamentale neue Übersetzungen zu verändern und ihre Akzeptanz in den Gemeinden zu gefährden.



Dies gelte auch für die Einsetzungsworte bei der Wandlung. Hier seien die deutschen Bischöfe dafür, die theologisch korrekte Aussage "für alle" beizubehalten und sie nicht durch die enger am lateinischen Text liegende Variante "für viele" ersetzt wird. Eine unter Leitung des Kölner Kardinals Joachim Meisner erarbeitete behutsame Neufassung der Messtexte werde nun Rom zur Genehmigung vorgelegt, so Zollitsch.



Atomenergie allenfalls Brückentechnologie

Die katholischen Bischöfe Deutschlands sehen die Atomenergie kritisch. Die Kernenergie könne allenfalls eine Brückentechnologie sein, sagte Zollitsch. "Ob Kernenergie dauerhaft für die Energieversorgung verwendet werden kann, ist zu bezweifeln."



Zollitsch forderte eine klare Priorität für erneuerbare und kohlenstoffarme Energieformen. Auch die Nutzung erneuerbarer Technologien sei aber nur zu rechtfertigen, wenn Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit weltweit berücksichtigt würden. Der Freiburger Erzbischof appellierte an die Kirchengemeinden in Deutschland, ihren Umgang mit Energie zu überprüfen und Sparkonzepte zu entwickeln.



Steuererhöhungen statt Hartz-IV-Kürzungen

Die fordern Steuerhöhungen statt Kürzungen für Hartz-IV-Empfänger. Hinsichtlich der Sparmaßnahmen der Bundesregierung stehe die soziale Ausgewogenheit infrage, sagte Zollitsch,. Bei dem Vorhaben, die Staatsverschuldung zu begrenzen, sollten auch Änderungen beim Spitzensteuersatz, der Erbschaftssteuer und den Subventionen erwogen werden.



   Konkret kritisierten die Bischöfe die Streichung des Elterngeldes und des Beitrags zur Rentenversicherung für Hartz-IV-Empfänger. Schon bei der Einführung des Elterngeldes seien die einkommensschwachen Eltern die Verlierer gewesen. Nun werde wiederum in erster Linie bei ihnen gespart. Auch die Frage der Altersarmut dürfte sich in Zukunft verschärfen. Lobend äußerten sich die Bischöfe darüber, dass der Bildungsbereich aus den Sparmaßnahmen ausgenommen werde.



   Grundsätzlich äußerten die Bischöfe sich zustimmend zum Sparpaket der Bundesregierung. Endlich werde über eine Eingrenzung der Staatsverschuldung diskutiert. "Die Bundesregierung kommt nach den bisherigen Diskussionen über Steuersenkungen endlich in der Realität an", erklärten die Bischöfe.