Joachim Kardinal Meisner zur Übersetzung der Neuauflage des römischen Messbuches

"Ein sehr, sehr mühsames Unternehmen"

Ein Messbuch ist zum Gebrauch des Priesters für die Feier der Heiligen Messe bestimmt. Veröffentlicht wird das Messbuch immer zunächst in lateinischer Sprache von Rom aus, so auch zuletzt 2002, als die dritte Auflage erschienen ist. Nun muss diese Version in die verschiedenen Muttersprachen übersetzt werden. Die Übersetzung muss abschließend von Rom genehmigt werden, um im gottesdienstlichen Gebrauch genutzt werden zu können. Im Interview zum Stand der Übersetzung: Joachim Kardinal Meisner, Vorsitzender der zuständigen Liturgiekommission bei der Deutschen Bischofskonferenz.

Joachim Kardinal Meisner: Immer die Mehrheit auf unserer Seite (KNA)
Joachim Kardinal Meisner: Immer die Mehrheit auf unserer Seite / ( KNA )

domradio.de: Herr Kardinal, das Messbuch soll neu übersetzt werden. Ist das alte nicht gut genug gewesen?

Kardinal Meisner: Im Jahr 2002 ist die Neuauflage des römischen Messbuches herausgekommen. Und wir, die Bischöfe, sind vom Heiligen Stuhl gebeten worden, so schnell wie möglich die Übersetzung in die Muttersprache zu erstellen. Das ist jetzt acht Jahre her und wir haben heute zum zweiten Mal einen Text, und zwar einen wichtigen Text, den sogenannten "ordo missae’ behandelt. Das ist ein sehr, sehr mühsames Unternehmen. Ich bin recht zufrieden.



domradio.de: Es gibt bei den Sprachwissenschaftlern die Ausgangsprachenorientierung und die Zielsprachenorientierung. Die römische Linie ist es, sich eher auf die Ausgangssprache zu konzentrieren, also eine wortgetreue Übersetzung der lateinischen Worte. Die Gegenposition wäre eine sinngetreue, aber verständliche Übersetzung, um die aktive Teilnahme zu erleichtern. Wie haben Sie sich entschieden?

Meisner: Es gibt da gar keine Alternative. Ich habe immer gesagt, die Gottesdienstkongregation soll unsere Texte kritisch durchsehen und prüfen, ob wir den theologischen Gehalt in das deutsche Sprachgewand gebracht haben. Und sie sollen auf unsere Fehler und Falschheiten aufmerksam machen. Aber über das Wie des deutschen Sprachgewandes entscheiden wir, die Bischöfe. Da muss man dann halt sehen ... das ging allen nationalen Bischofskonferenzen so. Der Heilige Stuhl hat schon eine ganz wichtige Aufgabe, Sie müssen sich einmal vorstellen: Wir haben seit dem Konzil die Muttersprache. Und die Sprache entwickelt sich ja auch. Und in Südamerika wird das, und in China wird das, und in Japan wird jenes, und in Deutschland und in Polen wieder anders übersetzt. Die müssen schon aufpassen: Der Gottesdienst ist die Einheitsklammer unserer Kirche, das ist also kein Text, bei dem uns die römische Kongregation quälen wollte, sondern das ist eine ganz große und wichtige Aufgabe, dass die Texte richtig übersetzt werden, d.h. aber nicht, dass wir das lateinische Sprachgewand übernehmen. Aber die Inhalte, besonders die theologischen Konstanten.



domradio.de: Ein Knackpunkt in den vergangenen Jahren war das "pro multis’ im eucharistischen Hochgebet. Bei den Einsetzungsworten ist bisher übersetzt worden: Nehmt und trinkt, das ist mein Blut, das für Euch und für alle vergossen wird. Die Gottesdienstkongregation hat schon 2006 gefordert, das lateinische "pro multis’ wörtlicher zu übersetzen. Also etwa: "für viele’ oder "für die vielen’. Dagegen gab es den Einwand, damit würde verdunkelt, dass Jesus nicht exklusiv für einen ausgewählten Kreis gestorben ist, sondern für alle Menschen. Wie halten Sie es denn jetzt in der Neuübersetzung des Messbuches mit dem "pro multis’? "Für alle’ wie bisher oder "für viele’?

Kardinal Meisner: Wir haben natürlich eine Entscheidung getroffen. Wie alle Entscheidungen bei den Übersetzungen ist das noch nicht endgültig. Wir haben heute die Promulgation vorgenommen. Die Rekognizierung geschieht durch Rom. Und die werden das sehr kritisch lesen und dann wird man entweder korrigieren oder es in Ordnung finden, was ich nicht glaube. Aber ich bin in guter Hoffnung.



domradio.de: Im vergangenen Jahr ist ein neues Ritualbuch für Beerdigungen erschienen und es gab anhaltende Kritik an den Formulierungen bzw. Übersetzungen, an praxisfremden Anweisungen, an der Größe und am Umfang des Buches. Aufgrund der Kritik darf jetzt erst einmal das alte Ritualbuch weiter benutzt werden und das neue soll überarbeitet werden. Wie wollen Sie solch ein Desaster für das neue Messbuch verhindern?

Kardinal Meisner: Also ich will mal so sagen: Das Beerdigungsbuch ist besser als es dargestellt wird. Und es wird in vielen deutschsprachigen Diözesen auch benutzt. Aber die Übersetzung ist nicht das Ärgerliche, sondern der Umfang. Und da sind wir in der Liturgiekommission ein wenig mit schuld. Wir sind z.B. bei den Rubriken immer folgendermaßen vorgegangen: a) Priester, b) Diakon, c) Laie. Dadurch hat das dann ein solches Ausmaß angenommen. Und Rom hat verlangt, dass alle Psalmen - und alles, was wir gar nicht benutzen - mit in den Text hineingenommen wird. Deshalb ist der Text so umfangreich geworden. Das Buch ist so dick geworden, dass es bei einer Beerdigung, die der Pfarrer ja oft allein durchführt, gar nicht handhabbar ist. Das ist das Ärgerliche. Ich sage es noch einmal: Mir sagte der Bischof von Sankt Pölten und noch andere Bischöfe, wie der Erzbischof von Luxemburg: Bei uns stört sich niemand an dem Text. Das ist ein bisschen eine Ideologie, da muss man aufpassen. Ich habe von vorneherein gesagt: Wir dürfen uns ja nicht gleichsam die Atmosphäre verderben lassen. Ich merke das ja schon an Ihren Fragen. "Wenn der Beerdigungsritus auch schon so fatal war." Das wäre ganz schlecht.



domradio.de: Sie hegen also die Hoffnung, dass die Akzeptanz beim Messbuch größer ist und die Leute sich vor allen Dingen auch daran halten? Denn ein Wildwuchs kann ja keinem nutzen.

Meisner: Was heißt denn das? Im Gottesdienst wird die Weltkirche präsent. Und zwar wird da der Papst genannt und der Bischof genannt. Und die Messen sind so zu feiern, dass immer der Papst und der Bischof dabeisitzen kann. Sonst geht’s nicht. Und wer Papst und Bischof nicht nennt, der muss sich auf den Mond schießen lassen. Dann kann er nämlich auf der Erde keinen Gottesdienst feiern. Denn die ganze Erde ist eingeteilt in Diözesen. Und da muss er immer den Papst und den Bischof nennen.



domradio.de: Wie sieht der Zeitplan aus? Wie geht es jetzt weiter?

Meisner: Jetzt wird das noch nach Rom geschickt und wir warten wir auf die Antwort, aber wir sind ja fast mit der gesamten Übersetzung fertig. Jetzt kommen demnächst die ganzen Kirchengebete ’dran. Dann kommen die Präfationen. Wir haben schon noch einige Arbeit, aber die Übersetzung ist im Grunde genommen abgeschlossen. Nun muss man abwarten, was wir noch verbessern müssen. Oder ob wir Texte ganz neu formulieren müssen. Das ist kein einfaches Unternehmen.



domradio.de: Also noch einiges an Zeit und Arbeit. Vielen Dank Herr Kardinal.



Das Interview führte Pfarrer Dr. Peter Dückers.