Staatsleistungen für die Kirchen stehen auf dem Prüfstand

Ein kaum entwirrbares Gestrüpp historischer Rechte

"Spart Euch die Kirche." Mit solchen Forderungen machen kirchenkritische Gruppierungen derzeit Front gegen das bestehende Staat-Kirche-Verhältnis. Ein Ziel der Angriffe: die Staatsleistungen für Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Jährlich rund 460 Millionen Euro geben die Bundesländer - mit Ausnahme der Stadtstaaten Bremen und Hamburg - an Staatsleistungen für Kirchen und Religionsgemeinschaften aus. Dabei erhält die evangelische Kirche mehr als die katholische. Auch die jüdischen Gemeinden und der Humanistische Verband werden bedacht, wie der künftige Leiter des Bonner Instituts für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands am Mittwoch am Rand der Herbstvollversammlung der Bischöfe in Fulda erläuterte.



Dabei ist die in diesem Sommer hochgekochte Debatte keineswegs neu.

Schon im Kaiserreich und in der Weimarer Republik stand die Frage der Staatsleistungen für Kirchen und Religionsgemeinschaften auf der Tagesordnung. Noch weiter zurück reicht die Geschichte mancher Staatsleistungen: Jahresrenten für Bischöfe und Domkapitulare, Zuschüsse für kirchliche Ausbildungsstätten und Seelsorger, Unterhaltsverpflichtungen für kirchliche Gebäude gehen sogar bis auf die Reformationszeit, vor allem aber auf die napoleonische Zeit zurück. Sie waren vor allem als Ausgleich für enteignetes Kirchengut gedacht.



Alter spielt keine Rolle

Ein kaum entwirrbares Gestrüpp historischer Rechte und Fakten. Für Hense steht allerdings fest, dass das Alter solcher Rechte nicht deren Legalität in Frage stellt. Die Politik könne diese Staatsleistungen nicht einfach mit einem Federstrich aufkündigen, unterstrich er in Fulda am Rande der Bischofsvollversammlung. Denkbar sei nur eine Ablösung mit angemessener Entschädigung der Kirchen - im gegenseitigen Einvernehmen.



Das hatte laut Hense auch schon die Weimarer Reichsverfassung von 1919 gefordert. Da ihre Kirchenartikel ins Grundgesetz übernommen wurden, bleibt dieser Aufftrag auch für Bund und Länder der Bundesrepublik bestehen. Bislang allerdings ohne große Resonanz bei den Politikern.



Grundsätzliche Gesprächsbereitschaft

Als denkbaren Weg für eine Ablösung dieser Leistungen nennt Hense den Aufbau eines Kapitalstocks, der sich "in einem unteren zweistelligen Milliardenbereich" bewegen müsse, um aus den Zinsen die Zahlungen auf heutigem Niveau zu sichern.



Dass manche der Dotationen in ihrer überkommenen Form nicht mehr in die heutige Zeit passen, räumt auch die katholische Kirche ein. In Fulda signalisierte der Sekretär der Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, grundsätzliche Gesprächsbereitschaft. Konkrete Verhandlungen gebe es aber noch nicht. Er wandte sich zugleich gegen den Vorwurf, die Kirchen "sahnten ab". Kirchen und Religionsgemeinschaften leisteten viel für die Gesellschaft. Langendörfer verwies auch darauf, dass einige der in den vergangenen Jahren abgeschlossenen Staat-Kirche-Verträge mit den Bundesländern die Leistungen für die Religionsgemeinschaften schon auf eine zeitgemäßere Weise - als Pauschalen - geregelt haben.



Auch aus Bayern kommen Signale zu einer punktuellen Korrektur des Systems der Zahlungen. So tritt der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller dafür ein, die Bischofsbesoldung neu zu regeln. Es solle nicht so aussehen, als würden die Bischöfe vom Staat bezahlt, so der Bischof. Denn in Wirklichkeit seien die staatlichen Dotationen ja nichts anderes als die Renditen aus den enteigneten Kirchengütern.