domradio.de-Chefredakteur berichtet von der Bischofskonferenz

Altweibersommer in Fulda

Wenn sich die deutschen Bischöfe in Fulda zu ihrer Vollverammlung treffen ist natürlich auch ein Team von domradio.de vor Ort. Mit dabei ist in diesem Jahr auch Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen. An dieser Stelle berichtet er über seine Eindrücke die Aufbruchstimmung unter den Bischöfen.

 (DR)

Pünktlich zu Beginn der altehrwürdigen Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz hat sich in Fulda der "Altweibersommer" eingestellt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt … Schelmisch schauen sie schon aus, die ganz jungen Chorsänger, die am frühen Morgen im Fuldaer Dom direkt hinter den Bischöfen stehen um mit ihren Engelsstimmen schon hellwach in den Lobpreis der Bischöfe einzustimmen. Die Schule beginnt Gott sei Dank heute später und im von der Morgensonne durchfluteten Gotteshaus gibt es nach dem Glockenklang ein interessanteres Programm, als jede Schulglocke einläuten könnte.



Während die hinten die Orgel für Saus und Braus sorgt - ziehen gleich 67 katholische Bischöfe feierlich in den Dom ein. Beim Anblick der Pressemeute und im Schein der Blitzlichtgewitter schauen manche verlegen auf den Boden, andere suchen Halt, indem sie ihre Blicke an den Evangelisten an der Decke festmachen. Die meisten lächeln leicht unsicher oder leicht verlegen - sie wissen, dass die über 40 Pressevertreter nicht unbedingt in den Lobgesang einstimmen wollen, sondern hier sind, weil sie Bilder und Töne für ihre Missbrauchsberichte brauchen.



Mehrere Seiten füllt die Tagesordnung für die nächsten vier Tage: Vom Einsatz für weltweit verfolgte Christen bis zu neuen Liturgiebüchern. Doch schon bei der Auftakt-Pressekonferenz konnte der Vorsitzende Zollitsch sich ein Bild machen, welche Fragen die Journalisten zumeist bewegten: Sexueller Missbrauch in jeder Frageform -  von A wie Angebot für Entschädigungszahlung bis Z wie Zustand der Katholischen Kirche in der derzeitigen Krise.



Zollitsch kämpft tapfer

Zollitsch kämpft tapfer - sein Pressechef muss ihm nicht zur Hilfe eilen. Da mögen die Journalisten ihre Fragen drehen und wenden wie sie wollen - eine konkrete Summe für kirchliche Entschädigungszahlung an Missbrauchsopfer lässt er sich nicht entlocken. Blöd nur, dass die Jesuiten hier vorgeprescht sind, aber laut sagen darf er das natürlich nicht. Diplomatisch korrekt klingt das dann so: "Das Vorgehen der Jesuiten hat mich schon überrascht…"



Genaues Hinhören ist aber nicht nur in der ersten Pressekonferenz angesagt. Auch die Bischöfe sind vermutlich ganz Ohr, wenn Zollitsch im ersten "Impulsreferat: Zukunft der Kirche - Kirche für die Zukunft" ein "Plädoyer für eine pilgernde, hörende und dienende Kirche" abgibt. Da wäre man zu gerne Mäuschen gewesen - aber Transparenz hin oder her - die Bischöfe tagen natürlich hinter verschlossenen Türen. Nur hin und wieder huscht eine schwarze Exzellenz oder dunkle Eminenz durch die dunklen hallenden Flure - um rasch hinter der nächsten Tür wieder zu verschwinden. Immerhin gibt es ein Manuskript mit dem Vermerk: "Es gilt das gesprochene Wort!" Ob Zollitsch das also wirklich so gesagt hat? "Unehrliches Reden und Handeln, Mangel an Offenheit und Wahrhaftigkeit, Neigung zum Überdecken von Fehlern und Hinwegsehen über Verbrechen" hätten in diese tiefe Glaubwürdigkeitskrise geführt.



Und "Warum sollten wir nicht dazu einladen, dass sich viele in Wahrhaftigkeit Mut und Klugheit an diesem Nachdenken beteiligen - und zwar die Priester, Diakone, Ordensleute und die Laien - die oft die Experten sind?" Ob er dies wirklich seine Mitbrüdern gefragt hat? Den Sachverstand der Laien zum Wohl der Kirche einbringen. Zum Glück für Zollitsch sind das keine neuen revolutionären Ideen - sondern eigentlich Frucht des fast schon 50 Jahre alten 2. Vatikanischen Konzils. Aber ob er das laut gesagt hat und ob alle zustimmend genickt haben? Doch laut Manuskript soll in diesem Jahr wirklich manches ganz anders sein als sonst. Die Herbstkonferenz soll bekräftigen, "dass wir uns der Wirklichkeit der Kirche stellen!" Ja, hat man das früher denn etwa nicht getan???



Manches bleibt beim Altbewährten

Eine alte journalistische Spürnase, die schon manchen fetten Braten auf den Bischofskonferenzen gerochen hat und die sich auch in diesem Jahr wieder nicht mit den belegten "Brötchen für die Presse" begnügt, verrät, dass so viel anders nun doch alles noch nicht ist. So bleibt Manches beim Altbewährten: Während in der Medienwelt draußen schon alle Online-Dienste das Ende der katholischen Wochenzeitschrift des Rheinischen Merkurs durch die Welt pusten und munter Quellen dafür angeben, weiß der Vorsitzende in der altehrwürdigen Barock-Bibliothek während der Pressekonferenz angeblich noch nicht, was nebenan seine Mitbrüder gerade beschlossen haben.

Aber was nicht ist, kann ja bekanntlich noch werden - oder ist vielleicht, eschatologisch gesprochen, schon im Gut-Werden.



Die jungen schelmischen Burschen mit ihren Engelstimmen im Frühgottesdienst können vielleicht später einmal ein Lied davon singen. Davon, wie sich in Fulda die katholischen Bischöfe aufmachten auf eine harte anstrengende Pilgerreise in ein neues, noch unbekannt Kirchenland. Ihre etwas altmodisch wirkenden dunklen Kleider ablegten und in Liebe zur Wahrheit einfach alles Dunkle hinter sich ließen. Und dem warmen lebensschenkenden Licht in großer Lebensfreude entgegen pilgerten. Und dabei begeisternd Zeugnis ablegten, damals, als sich der Altweibersommer pünktlich zur altehrwürdigen Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz einstellte.