Geplanter Neubau des Gutenberg-Museums polarisiert

Turmbau zu Mainz

Nach jahrelangen Diskussionen soll die überfällige Modernisierung des Mainzer Gutenberg-Museums vorangehen. Der geplante "Bibelturm" könnte ein Aushängeschild werden. Das mag nicht jeder. 

 (DR)

Johannes Gutenberg wurde schon zum "wichtigsten Mann des Jahrtausends" gewählt, mit seiner Buchdrucker-Werkstatt hatte er nicht weniger als eine technische Revolution ausgelöst. Seine Heimatstadt Mainz widmet dem Erfinder ein "Weltmuseum der Druckkunst".

Bibelturm ist erster Schritt zur Modernisierung

Doch der graue Museumsbau von 1962 wenige Schritte vom tausendjährigen Dom entfernt ist in die Jahre gekommen, die Haustechnik ist veraltet, Brandschutzvorgaben werden nicht mehr erfüllt.

Da die hoch verschuldete Stadt sich eine komplette Modernisierung nicht leisten kann, soll es in Etappen vorangehen. In einem ersten Schritt soll neben dem heutigen Museum ein 23 Meter hoher "Bibelturm" entstehen. Doch der hat vor Ort nicht nur Freunde.

Wiege des Buchdrucks keine einfache Mission

"Ich will alle Welt davon überzeugen, was für ein tolles Haus das hier ist", sagt Museums-Direktorin Annette Ludwig. "Hier befindet sich die Wiege des Buchdrucks." Dass ihre Mission keine einfache werden würde, hatte die promovierte Kunsthistorikerin schon bei ihrem Amtsantritt 2010 geahnt.

Damals fehlten in dem im Jahr 1900 zu Gutenbergs 500. Geburtstag eröffneten Weltmuseum, das viele Gäste aus Amerika und Asien anzieht, sogar englischsprachige Beschriftungen.

Verstaubtes Image abgelegt, Besucherzahlen steigen

Unter anderem durch eine Vielzahl ebenso aufwendiger wie innovativer Sonderausstellungen gelang es dem Museum in den vergangenen Jahren, ein Stück weit von seinem verstaubten Image wegzukommen.

Die Besucherzahlen konnten ebenfalls spürbar gesteigert werden – auf zuletzt rund 130.000 pro Jahr. Nun könnte das Gutenberg-Museum bald einen weiteren großen Schritt nach vorne gehen.

Turmartiger Bau soll Museumsschätze beherbergen

Neben dem bestehenden Renaissance-Gebäude "Zum Römischen Kaiser", in dem die Museumsverwaltung untergebracht ist, soll nach einem Entwurf des Hamburger Architektenbüros DFZ ein auffälliger turmartiger Bau entstehen, in dem künftig die größten Schätze des Museums präsentiert werden – die beiden originalen Gutenberg-Bibeln aus dem 15. Jahrhundert.

Der mit Buchstaben verzierte Bibelturm von Mainz wäre lediglich der erste Bauabschnitt, für den die klamme Stadt fünf Millionen Euro bereitstellen will. Die nötige Modernisierung des eigentlichen Museums käme dann irgendwann später.

Wie alles genau weitergehen und - vor allem - wer die Rechnungen bezahlen soll, weiß momentan noch niemand in Mainz. Museumschefin Ludwig hofft, dass es nach Baubeginn für das Turmprojekt leichter wird, Sponsoren für die restlichen Arbeiten einzuwerben.

Bürgerinitiativen kämpfen um den Turmbau

Inzwischen kämpfen zwei Bürgerinitiativen in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt um die Meinungshoheit in Sachen Turmbau. Nino Haase, Sprecher der Turmgegner, beklagt fehlende Bürgerbeteiligung und hält es für unverantwortlich, ohne ein Konzept für den zweiten, wichtigeren Bauabschnitt zu beginnen.

Über 7.000 Unterschriften haben seine Mitstreiter schon gesammelt. Die Stadt plane ein "Luftschloss", sagt der Chemiker: "Das ist ein typisch Mainzer Projekt - aus der Hüfte geschossen."

Die Kritiker fordern einen Verzicht auf den Turm, für den auch drei alte Platanen gefällt werden müssten. Stattdessen wollen sie die vorhandenen Mittel lieber in die Sanierung des Nachkriegsbaus stecken.

"Man kann dieses Museum nicht gegen die Bürger machen"

Doch das hätte eine möglicherweise langwierige Schließung des kompletten Museums zur Folge – eine "Katastrophe" für die Stadt Mainz wäre das, findet Annette Ludwig. "Man kann dieses Museum nicht gegen die Bürger machen", sagt die Museumschefin. "Mir ist es wichtig, dass sich die Mainzer mit diesem Haus identifizieren."

Und so wirbt sie inzwischen regelmäßig bei Treffen mit Bürgern um Akzeptanz für das Vorhaben. Einen anerkannten Fürsprecher fand sie im Sommer in dem Mainzer Ehrenbürger Klaus Mayer.

Priester und Ehrenbürger Mayer: Bibelturm passt gut ins Stadtbild

Der 94-jährige Priester, dessen Initiative die Stadt die mittlerweile weltberühmten Chagall-Fenster in der Stephanskirche verdankt, erklärte in einem Zeitungs-Gastbeitrag: "Mainz ist eine Stadt der Türme." Auch der Bibelturm passe deshalb gut ins Stadtbild.

Mayers Thesen gefielen den Verantwortlichen so gut, dass sie mittlerweile auf ein großes Plakat gedruckt in der Eingangshalle des Museums hängen.


Quelle:
epd
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