Salesianerpater fordert freie Lizenz für Einheitsübersetzung

Bibel für alle

Ein Salesianerpater aus Köln will die Einheitsübersetzung frei verwerten. Es sei nicht mehr zeitgemäß, vor der Verwendung des Bibeltextes immer den Verlag zu fragen, sagt er. Deshalb hat er eine Online-Petition gestartet.

Bibellektüre / © Harald Oppitz (KNA)
Bibellektüre / © Harald Oppitz ( KNA )

domradio.de: Sie feiern Gottesdienste mit Bibeltexten und lesen sicherlich auch viel in der heiligen Schrift. Wann genau stoßen Sie denn auf die Urheberrechte, um die es Ihnen hier geht?

Hatto von Hatzfeld (Salesianerpater): Urheberrechte gelten immer, selbst für die Veröffentlichung. Da sind allerdings die Bischofskonferenz und die Verlage offen genug, vor allem mit dem Fokus auf Bücher und liturgische Texte, die sind nutzbar. Es gibt auch einige Stellen, wo Bibeltexte im Internet zu finden sind, auch die Einheitsübersetzung - aber zunächst einmal nur zum Lesen. Das heißt: Schon, wenn ich da einen größeren Abschnitt herauskopiere, der über die Zitierfreiheit hinausgeht, müsste ich eigentlich korrekterweise den Urheber, in diesem Falle die Übersetzer und die Verlage, fragen. Im Internet sind viele Übersetzungen weit verbreitet, aber die Einheitsübersetzung nur auf ganz wenigen Seiten, die dafür die Lizenz haben. Die darf ich eigentlich nicht in größeren Zusammenhängen kopieren, weitergeben oder gar Apps entwickeln, Internetseiten zur Diskussion darüber mit dem ganzen Text veröffentlichen.

domradio.de: Das heißt, wenn jemand auf seiner privaten oder kommerziellen Internetseite ungefragt größere Passagen aus der Bibel veröffentlicht, kann er Ärger bekommen. Gibt es dafür Fallbeispiele?

Von Hatzfeld: Im Allgemeinen war der Verlag bis jetzt nicht zu kleinlich, das heißt, auch domradio.de hat ja Bibeltexte aus der Einheitsübersetzung. Ich glaube, da drückt man manchmal ein Auge zu, aber die Situation ist die, dass der Verlag eigentlich das Recht darauf hat. Es gibt durchaus auch konkrete Fälle: Zum Beispiel hat vor einigen Jahren jemand sehr engagiert eine Internetseite mit den Texten des Stundenbuches zum täglichen Beten dort veröffentlicht. Das musste er dann wieder zurückziehen.

domradio.de: Wenn es um Urheberrecht geht, dann ist man in Deutschland recht streng. Vor allem in der Musikbranche leben Komponisten und Interpreten davon, dass ihre Werke aufgeführt oder gespielt werden. Stecken nicht auch hinter so einer Bibelübersetzung viel Arbeit und hohe Kosten?

Von Hatzfeld: Selbstverständlich, die Arbeitsleistung der Übersetzer darf man gar nicht unterschätzen und das ist auch eine Herausforderung. Deshalb ist die neue Einheitsübersetzung jetzt erarbeitet worden, um diesen alten historischen Text immer wieder neu in die jeweils aktuelle Sprache zu übersetzen. Natürlich müssen die Menschen auch davon leben können, die das tun. Die Frage ist nur, ob das Urheberrecht noch heutzutage im digitalen Zeitalter das Richtige ist. Denn das Kopieren, Vervielfältigen von immateriellen Gütern wie etwa einem Text, einem der Menschheit gehörenden Kulturtext, das ist nicht mehr an Papier gebunden, sondern es gibt die modernen Medien, wo es keine technischen Kosten mehr gibt zur Verbreitung, nur noch rechtliche Hürden. Man müsste also eigentlich ein anderes System suchen, womit alle, die kulturelle Leistungen erbringen, auch davon leben können, ohne dafür die Weiterverbreitung einzuschränken.  

domradio.de: Sie sind jetzt mit einer Online-Petition an die Öffentlichkeit gegangen. Welche Reaktionen haben Sie bislang erhalten?

Von Hatzfeld: Ich hatte vorher schon mit Bekannten in Foren darüber kommuniziert und die fanden das gut. Die Reaktionen, die ich jetzt bekommen habe, waren auch so. Viele haben das weiterverbreitet, bis es dann über die Nachrichtenagenturen gelaufen ist. Es haben jetzt schon über 1000 Leute diese Petition unterschrieben.

domradio.de: Glauben Sie an einen Erfolg Ihrer Initiative?

Von Hatzfeld: Das ist so eine Frage. Das Ideale fände ich - und ich finde, die Kirche sollte keine Angst davor haben: Den Text vollkommen freizustellen, dass ihn jeder nutzen darf und etwas daraus machen darf. Das würde Kreativität hervorrufen, würde Programmierer finden, die im christlichen Bereich engagiert sind und daraus zum Beispiel Diskussionsforen zu Bibeltexten machen würden; Apps, dass man das auf seinem Smartphone oder Tablet lesen kann. Ich stelle mir aber schon vor, dass die Bischofskonferenz davor etwas zurückschreckt, denn man möchte doch ein bisschen die Kontrolle darüber haben, vermute ich. Ich würde es also schon als Erfolg sehen, wenn man eine offene, freie Lizenz für diesen Bibeltext finden würde, der das Weitergeben und Kopieren erlaubt, aber Einschränkungen macht in der Hinsicht, wie man den Text verändern darf oder dass Veränderungen gekennzeichnet werden müssen als solche. Dann ist jedem, der dem Text begegnet, klar: Ist das jetzt der Originaltext oder nicht. Ich glaube, eine offene Lizenz in dieser Richtung wäre sehr sinnvoll und auch machbar. Das würde ich als großen Erfolg sehen.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR