Facebook verbannt Blackfacing und "Zwarte Piet"

Schwarze Farbe für das Ortsschild Neger

​Seit Jahren wird in den Niederlanden heftig um den "Zwarte Piet" gestritten. Jetzt bezieht auch Facebook Stellung. Auch an anderer Stelle tobt der Kampf um politisch korrekte Sprache.

Autor/in:
Christoph Arens
Wappen von Papst Benedikt XVI. / © marcovarro (shutterstock)
Wappen von Papst Benedikt XVI. / © marcovarro ( shutterstock )

Neger hat 360 Einwohner. Das schmucke Dörfchen, zur Kreisstadt Olpe im Sauerland gehörend, ist in die Ortsteile Unter-, Mittel- und Oberneger aufgeteilt. Der Ortsname leitet sich vom Bach Neger ab; in einer Urkunde von 1468 wurde das Dorf erstmals erwähnt.

Was aber Unbekannte nicht daran gehindert hat, Anfang Juni, kurz nach dem Tod von George Floyd in den USA, auf den Ortsschildern und einem großen Willkommensstein am Ortseingang das Wort "Neger" mit schwarzer Farbe zu überpinseln.

Purer Vandalismus oder der Versuch, in Zeiten von Rassismus- und Kolonialismus-Debatten political correctness durchzusetzen? Fest steht, dass die Sensibilität für Sprache und Bilder gewachsen ist - und bisweilen übers Ziel hinaus schießt.

Debatte um Mohren-Apotheke und Zigeunerschnitzel

Pippi Langstrumpfs Papa soll kein "Negerkönig" mehr sein, das Zigeunerschnitzel verschwindet von Speisekarten, Mohren-Apotheken sollen umbenannt werden.

In Mainz etwa trafen die Proteste 2015 den Dachdecker Thomas Neger, der im 70 Jahre alten Emblem seines Betriebs einen klischeehaft stilisierten Afrikaner mit dicken Lippen und großen Ohrringen führt. Das Dreieck darunter könnte ein Dach, aber auch ein Baströckchen sein. Neger blieb bei seinem Logo.

Am Dienstag (Ortszeit) kündigte auch Facebook an, verschärft gegen rassistische Stereotypen vorzugehen. So sollen Bilder mit sogenanntem Blackfacing aus Facebook und Instagram verschwinden - wenn also Weiße sich etwa mit schwarzer Schminke im Gesicht, Kraushaarperücke und dicken roten Lippen verkleiden.

Auch die Sternsinger betroffen

Betroffen davon sind nicht nur Theater und Karnevalsverkleidungen. Auch der traditionsreiche niederländische Nikolaushelfer "Zwarte Piet" könnte unter das Verdikt fallen. Oder die Sternendeuter, die laut biblischem Bericht den neu geborenen Jesus an der Krippe besucht haben. In der christlichen Tradition wird einer von ihnen als Afrikaner gezeigt.

Die katholischen Sternsinger, die jeweils zur Weihnachtszeit als Heilige Drei Könige verkleidet für notleidende Kinder sammeln, haben vielerorts auf die Debatte reagiert: Sie verzichten auf den lange Zeit üblichen schwarzen König.

Fest steht, dass Begriffe wie Neger, Mohr oder Schwarzer keineswegs eindeutig sind und kulturell sehr verschieden verwendet werden: Oft werden sie abfällig gebraucht und haben teilweise einen rassistischen Unterton.

Bis ins europäische Mittelalter war schwarze Haut in Literatur und Malerei fast ausschließlich negativ besetzt. Sie wurde denjenigen zugeschrieben, die sich außerhalb der gesellschaftlichen und moralischen Ordnung bewegten - vor allem Henkern, Hexen und Teufeln. Die dämonische Figur des "Zwarten Piet" stammt aus diesem Kontext. Auch der Verräter Judas wurde oft mit dunkler Haut, schwarzen Lippen oder schwarzem Heiligenschein dargestellt.

Positive und negative Deutungen

Dunkle Hautfarbe sprachen die mittelalterliche Malerei und Literatur auch den Sarazenen zu, also den muslimischen Gegnern der Kreuzritter. "Je dunkler die Haut, desto suspekter die Person", fasst der französische Mittelalterhistoriker Michel Pastoureau die symbolische Bedeutung der schwarzen Farbe zusammen. Aus Sarazenen wurden im Sprachgebrauch Mauren (von Mauretanien), auf Deutsch auch Mohren.

Doch es gibt auch positive Deutungen: Mit dem traditionsreichen Namen Mohren-Apotheke wollten die Apotheker einst wohl auf ihr weltläufiges Angebot hinweisen. Schließlich brachten islamische Wissenschaftler und Mediziner im Mittelalter die Pharmazie nach Europa.

Auch Erzbistum München-Freising betroffen

Auch die Darstellung eines dunkelhäutigen Königs in der christlichen Bildsprache lässt sich geradezu als Zeichen der Aufgeschlossenheit für Afrika deuten. Ab Ende des 14. Jahrhunderts, so Pastoureau in seinem Buch "Schwarz. Geschichte einer Farbe", zeige sich auf Wappen und Bildern ein schwarzhäutiger König: "Seine Darstellung bezeugt eine neue Einstellung zu Afrika und zur Farbe Schwarz."

Auch im Wappen des katholischen Erzbistums München und Freising findet sich ein aus dem Mittelalter stammendes schwarzes Haupt mit roten Lippen, rotem Ohrring, roter Krone und roter Halskrause. Der frühere Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger hat den Freisinger Mohr neben Bär und Muschel in sein Papstwappen übernommen, nachdem er 2005 zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt wurde.


Quelle:
KNA