Ratzinger-Schülerkreis debattiert über Krise Europas

"Es müssen neue Wege her"

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist besorgt über den Kurs in Europa und lässt aus diesem Grund den Ratzinger-Schülerkreis in seiner bevorstehenden Jahrestagung über neue Wege für den Kontinet diskutieren. 

Emeritierter Papst Benedikt XVI. (Erzbistum Köln)

"Europa ist wirklich in einer Krise und muss neu zum Leben kommen", habe der frühere Papst Benedikt XVI. zur Jahrestagung des Theologenzirkels dem Koordinator Pater Stephan Horn gesagt, wie Radio Vatikan (Dienstag) berichtet.

Die Teilnehmer der Studientagung zum Thema "Europa in der Krise" treffen sich von Donnerstag bis Sonntag in Castel Gandolfo. Sie sollten dabei die jetzige Situation Europas "tief analysieren und von da aus versuchen, neue Wege zu finden, Europa neu zu beleben", bat sie Benedikt XVI.

Krise in Europa stellt auch Christen vor Herausforderungen

Hauptreferenten der Tagung von früheren Studenten und Mitarbeitern des Theologieprofessors Joseph Ratzinger, nachmals Papst Benedikt XVI. (2005-2013), sind der emeritierte Grazer Bischof Egon Kapellari und der Rektor des "Istituto Universitario Europeo" in Florenz, Joseph Weiler. Beide wollen das Thema Europa aus verschiedenen Blickwinkeln behandeln. Kapellari werde besonders die "alten und neuen Baustellen" Europas für Christen thematisieren. Zu der Tagung der rund 40 Theologen werden auch der Wiener Kardinal Christoph Schönborn und der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch erwartet.

"Wir wollen über Europa reden unter dem Aspekt, wie die innere Situation von Europa ist, und was das für Herausforderungen für uns Christen in sich trägt", sagt Pater Stephan Otto Horn, der langjährige Koordinator des Theologenzirkels. Zunächst gehe es um eine Diagnose, denn: "Papst Benedikt hat uns das sehr ans Herz gelegt, wenn wir von Europa sprechen, müssen wir sehr tief die Situation von Europa analysieren".

"Europa muss neu zum Leben kommen"

Benedikt XVI. selbst nimmt seit seinem Amtsverzicht 2013 nicht mehr an der Jahresversammlung seiner theologischen Schüler teil, empfängt sie aber im Vatikan. In diesem Jahr feiert er erstmals nicht mehr die Heilige Messe mit ihnen, sondern begrüßt 15 von ihnen bei sich in den vatikanischen Gärten. Der 89 Jahre alte emeritierte Papst hat als Theologe und Intellektueller viel über Europa geschrieben, erinnert Pater Horn.

"Das ist eines der Themen, die ihm sehr am Herzen liegen. Zugleich ist er voller Sorge über Europa. Und darin stimmt er offenbar mit Präsident Weiler sehr überein. Insofern war er fast ein wenig erschrocken [über den Themenvorschlag des Schülerkreises], er hat gesagt, Europa ist wirklich in einer Krise und muss neu zum Leben kommen. Deshalb muss man die jetzige Situation sehr tief analysieren und von da aus versuchen, neue Wege zu finden, Europa neu zu beleben."

Personelle Veränderungen im Schülerkreis

Der bayerische Salvatorianerpater Stephan Otto Horn war von 1972 bis 1977 Assistent Ratzingers an der Universität Regensburg. Der 1934 geborene Horn kündigte im Gespräch mit Radio Vatikan an, seinen Posten aus Altersgründen bald abgeben zu wollen: "Ich selbst kann mich noch nicht ganz zurückziehen, möchte ja Papst Benedikt auch nicht im Stich lassen - aber es ist gut, wenn es einen langsamen, allmählichen Übergang gibt", so der Ordensmann der Salvatorianer. Er könne sich vorstellen, etwa den emeritierten Freiburger Professor Josef Zöhrer künftig stärker in die Organisation einzubinden.

Der Schülerkreis wurde 1977 gegründet, nachdem Ratzinger zum Erzbischof von München ernannt wurde und seine Universitätslaufbahn beendete. Seither trafen sich die Teilnehmer jeden Sommer mit ihrem Lehrer zu einer Studienwoche. Im Mittelpunkt stand jeweils ein von Ratzinger benanntes Thema. Die Treffen wurden auf Wunsch Benedikts XVI. auch nach seiner Papstwahl fortgesetzt und fanden seither in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo statt. Bis 2012 nahm Papst Benedikt XVI. persönlich an den Treffen teil.


Quelle:
KNA , rv