Erzbischof Zollitsch über seine Erwartungen an den nächsten Papst

"Neue Chancen"

Am Abend vor der letzten Generalaudienz des Papstes stand Erzbischof Robert Zollitsch in Rom den Journalisten Rede und Antwort. domradio.de dokumentiert die wichtigsten Aussagen des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz.

Erzbischof Zollitsch in Rom (DR)
Erzbischof Zollitsch in Rom / ( DR )

Wie sieht die Bilanz des Dialogs mit den evangelischen Kirchen aus?
Erzbischof Zollitsch: Einerseits muss man sehen: Ökumene bedeutet für uns als katholische Kirche eine breite Ökumene, und da sind uns die Orthodoxen in vielem näher. Aber was die theologische Dimension angeht, da war Papst Benedikt XVI. ja gerade im Gespräch mit den Kirchen der Reformation. Wirklich ein Mann, der die theologischen Fragen aufgegriffen hat, der Wege nach vorne gewiesen hat und der, auch wenn damals in Erfurt manch andere Wünsche da waren, ein Zeichen gesetzt hat! Nämlich: Auch die Kirchen der Reformation sind für uns Kirchen, mit denen wir brüderlich, geschwisterlich verbunden sind. Die Einheit ist uns als Anliegen von Jesus aufgetragen, da dürfen wir nicht nachlassen. In diesem Sinne hat er mich auch in den persönlichen Gesprächen immer wieder gestärkt.  

Was ist nun wichtig?
Erzbischof Zollitsch:Wir schauen zuerst einmal dankbar zurück. Aber es ist klar: Der Weg geht auch in die Zukunft und die große Frage, die auch Papst Benedikt XVI. jetzt zum Schluss noch beschäftigt, nämlich die Frage nach der Evangelisierung in der Welt, ist die große Frage in der Zukunft. Wie verkünden wir heute und in der Zukunft das Evangelium so, dass es die Menschen verstehen? Wie schaffen wir es, nah genug bei den Menschen zu sein, damit wir auch deren Anliegen aufgreifen können und in ihren Erwartungen und Fragen auch schon die Ansätze für die Antworten finden? Es ist zweifellos die große Frage nach Gott und dem Wert in unserer Gesellschaft. Und ich bin überzeugt, da wird ein neuer Papst auch wieder neue Initiativen ergreifen.

Was muss ein neuer Papst vorrangig unternehmen?
Erzbischof Zollitsch: Papst Benedikt XVI. ist zunächst ein großartiger Theologe. Die Dinge der Verwaltung und der Organisation waren nie etwas, das sein Herz ganz besonders ausgefüllt hat. Darum ist auch klar, dass nun ein neuer Papst schauen muss, dass die Dinge, die jetzt nicht in Ordnung waren, wieder neu angepackt werden. Da wird ein neuer Papst neue Chancen haben.

Wie sieht es nach dem deutschen Papst mit dem Einfluss der der deutschen Kirche aus?
Erzbischof Zollitsch: Wir haben Leute im Vatikan, die wir gut kennen. Ich werde auch weiterhin das Gespräch suchen, natürlich auch mit dem Präfekten der Kongregation. Die Kirche Deutschlands ist sicher auch eine Kirche, die Gewicht hat in Rom, auch wenn wir nicht sagen dürfen, wir seien der Nabel der Welt. Die katholische Kirche ist eine weltweite Kirche, ich habe gerade bei der letzten Bischofssynode gespürt, dass die zentralen Fragen die Kirche weltweit beschäftigen. Manche Fragen an die Kirche werden aber vielleicht in Mitteleuropa schneller gestellt als in anderen Ländern.

Was wünschen Sie sich von dem neuen Papst?
Erzbischof Zollitsch: Ich wünsche mir, dass eine Initiative von ihm ausgeht, wie wir heute das Evangelium neu verkünden können auch in einer neuen Sprache. Und ich wünsche mir auch, dass einerseits die Weltweite der Kirche deutlich sichtbar wird, andererseits aber auch die Ortskirchen ihr eigenes Gewicht einbringen können. Denn die Vielfalt ist eine Leistung und wir sollten keine Angst haben, dass durch die Vielfalt die Einheit verloren gehen könnte.  

Kommt der neue Papst aus der "dritten Welt“?
Erzbischof Zollitsch: Wir sind Weltkirche. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass nun auch ein Papst aus einem anderen Kontinent kommt. Der Schwerpunkt ist ja nicht in Europa, was die Zahl der Gläubigen angeht. Natürlich wird Europa immer eine zentrale tragende Rolle spielen. Aber ich persönlich würde einen Papst aus einem anderen Kontinent sehr gerne begrüßen. Was nicht heißt, dass ich Angst hätte, wenn ein Italiener Papst wird…

Wie werden Sie sich von Papst Benedikt XVI. verabschieden?
Erzbischof Zollitsch: Ich finde sicher eine Gelegenheit, noch einmal persönlich Danke zu sagen. Ich denke, da werde ich einen Weg finden.

Wie werden Sie sich bedanken?
Erzbischof Zollitsch: Wir stehen vor der Frage, was man einem alten Mann noch schenken kann, der auch schon vieles hat? Unser Geschenk ist das Gebet und ist der Gottesdienst und die Solidarität.
 

Das Statement

In seinem Statement hatte Zollitsch zuvor gesagt, die deutschen Bischöfe erfülle es mit Wehmut, dass das Pontifikat des Papstes nach knapp acht Jahren zu Ende gehe. Benedikt XVI. sei einer der größten Theologen auf dem Papststuhl gewesen. Er habe als Theologe, Kardinal und Papst die Kirche entscheidend geprägt .

"Er ist ein Pontifex, ein Brückenbauer" betonte der DBK-Vorsitzende. Benedikt habe Brücken innerhalb der Kirche gebaut, sei aber auch auf andere Kirchen zugegangen und habe Zeichen im Umgang mit den Juden und Muslimen gesetzt. Er sei auf Menschen zugegangen und habe viel dazu beigetragen, "dass die Welt ein bisschen menschlicher wird".

"Gebet, Gottesdienst und Solidarität"

Sicher sei dem Papst nicht alles so geglückt, "wie er das wollte", sagte Zollitsch und verwies beispielsweise auf den Versuch der Aussöhnung mit der traditionalistischen Piusbruderschaft. Benedikt habe darunter gelitten, dass er nicht immer richtig verstanden worden sei.

Der Freiburger Erzbischof versicherte, seine Anwesenheit in Rom sei Zeichen der Dankbarkeit und des Respekts. Benedikts Rücktritt aus Altersgründen sei "ein Zeichen, dass auch in die Welt hineinspricht".

Zollitsch vertritt am Mittwochvormittag die deutsche Kirche bei der letzten Generalaudienz des scheidenden Papstes, zu der auf dem Petersplatz Zehntausende Gläubige erwartet werden. Am Nachmittag feiert Zollitsch zusammen mit deutschen Pilgern in der Kirche Santa Maria in Traspontina in Vatikan-Nähe einen Dankgottesdienst für das Pontifikat. Am Donnerstagabend tritt Benedikt nach fast acht Jahren von der Kirchenspitze zurück - er ist das erste Papst der Neuzeit, der freiwillig auf sein Amt verzichtet.