Gespräch mit dem Islam sichert Überleben des Christentums

Pontifikat für das Menschenrecht

Das Thema Religionsfreiheit durchzieht das Pontifikat Papst Benedikts XVI. zwischen 2005 und 2012 wie ein roter Faden. Immer wieder setzte sich der scheidende Papst für dieses Menschenrecht ein.

 (DR)

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit wies Benedikt beim Besuch anlässlich der Weltjugendtags im August 2005 in Köln bei einem Treffen mit Vertretern der muslimischen Gemeinden darauf hin, dass Christen und Muslime so leben sollten, "dass jeder die Identität des anderen respektiert. Die Verteidigung der Religionsfreiheit ist in diesem Sinne ein ständiger Imperativ, und die Achtung der Minderheiten ein unanfechtbares Zeichen wahrer Zivilisation“. Benedikt macht durch den Rahmen dieser Ansprache klar, dass er sich wünscht, in Kooperation mit Muslimen die Religionsfreiheit für alle zu sichern. Dabei scheut er sich allerdings auch nicht, das Problem der Gewalt anzusprechen. Für seine entsprechende Passage der Regensburger Rede vom September 2006 wurde er viel kritisiert. Mit etwas Abstand beurteilt, hat er mit dieser Rede aber viele fruchtbare Diskussionen angeregt und zu einer größeren Ehrlichkeit im interreligiösen Dialog beigetragen. Denn allein wenn auch heikle Themen angesprochen werden, können bestehende Ängste ausgeräumt werden. Nicht zuletzt hat Papst Benedikt XVI. zahlreiche muslimische Theologen dazu bewegt, die Frage der Gewalt und die Friedenspotentiale des Islam erneut zu überdenken.

Der Papst in der Türkei

Während die Regensburger Rede noch hohe Wellen schlug, besuchte Papst Benedikt Ende November 2006 die Türkei. Würde er in dieser Situation auf die heikle Lage der christlichen Kirchen in dem Land hinweisen können? Es gelang ihm, bei der Begegnung mit dem Präsidenten des türkischen "Amts für religiöse Angelegenheiten“, sowohl einen "authentischen Dialog zwischen Christen und Muslimen“ zu fordern, als auch auf den loyalen Beitrag der Christen zum Aufbau der türkischen Gesellschaft hinzuweisen, der nur möglich sei, wenn den Kirchen "institutionell garantierte und in der Praxis tatsächlich respektierte Religionsfreiheit“ gewährt würde. In einer gemeinsamen Botschaft mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. einige Tage später nannte Benedikt die Religionsfreiheit gar eine Bedingung für den Weg der Türkei in die Europäische Union.

Religionsfreiheit als zentrales Thema

Eine zentrale Rolle spielt das Thema Religionsfreiheit auch auf der Sonderversammlung der Bischofssynode für den Nahen Osten, die im Oktober 2010 in Rom stattfand. Schon bei der Übergabe des Instrumentum Laboris bei seiner Zypernreise im Juni 2010 hatte der Papst "auf die Lage jener Christen im Nahen Osten“ hingewiesen, "die für ihren Glauben leiden“. Bei seiner Predigt während des Abschlussgottesdienstes der Synode am 24. Oktober 2010 hat der Papst dann explizit auf die Einschränkung der Religionsfreiheit in vielen Ländern des Nahen Osten hingewiesen. Den "eigenen Glauben leben und bekennen zu können“  müsse ein wichtiges Thema des christlich-muslimischen Dialogs sein. Im Nachsynodalen Schreiben "Ecclesia in Medio Oriente“ vom September 2012 findet sich schließlich ein langer Abschnitt zur Bedeutung der Religionsfreiheit, die nie getrennt gesehen wird von der christlich-muslimischen Zusammenarbeit.

Benedikt XVI. appelliert an Respekt gegenüber religiösen Minderheiten

Nicht zu vergessen sind schließlich die zahllosen Appelle des Papstes zum Respekt gegenüber religiösen Minderheiten und seine Gebete, wenn es zu Gewalt gegen Christen im Nahen Osten und anderen islamischen Ländern kam. Erinnert sei hier nur an die Angelusgebete nach dem blutigen Anschlag auf eine Kirche in Bagdad an Allerheiligen 2010, nach dem Bombenattentat auf eine koptische Kirche im ägyptischen Alexandria am Neujahrstag 2011 und schließlich nach der Ermordung des pakistanischen Minderheitenministers Shahbaz Bhatti im März 2011. Das Jahr 2011 hatte Benedikt XVI. bereits mit seiner Neujahrsansprache "Religionsfreiheit – ein Weg für den Frieden“ unter dieses Thema gestellt.

Religionsfreiheit als Bedingung der Möglichkeit von Konfliktlösung und Friedenspolitik: Die Früchte dieses Samens, den Papst Benedikt XVI. in seinem Pontifikat gesät hat, werden kommende Generationen hoffentlich ernten können.

Von Dr. Matthias Vogt