Weihbischof Jaschke zum Papstrücktritt

"Wir werden sehen"

Bis Ostern soll ein neuer Papst bestimmt werden. "Mich würde ein Kandidat von einem anderen Kontinent freuen", sagt Hans-Jochen Jaschke. Im domradio.de-Interview würdigt Hamburgs Weihbischof Benedikts Rücktritt als "historisch".

 (DR)

domradio.de: Wie haben Sie die Nachricht vom Rücktritt Benedikts XVI. aufgenommen?

Jaschke: Erste Reaktion: Natürlich ist das keine Katastrophe. Die Kirche ist auf dem Petrusamt gebaut, und der liebe Gott sorgt für seine Kirche. Und dann dachte ich: Das ist eine historische Tat, der deutsche Papst geht in die Geschichte ein mit diesem Rücktritt - den er ja auch schon mal vor Jahren angedeutet hat. Gerade in unseren modernen Zeiten, wo die Anforderungen ja noch viel mehr steigen in dieser schnellen Welt mit all den vielen Aufgaben, ist das ein sehr gutes Zeichen. Ohne jeden Zwang, ohne jede Notwendigkeit, aus eigener, souveräner Entscheidung. Respekt und Bewunderung!

domradio.de: Kam der Schritt für sie überraschend?

Jaschke: Jetzt kam er ganz überraschend. Erst vor wenigen Tagen hat er einen großen Gottesdienst für die Malteser gehalten, mit einer schönen Predigt. Der Papst konnte sein Jesus-Buch abschließen, das kann ja auch keiner machen, der seinen Verstand nicht mehr gut beherrscht.

domradio.de: Wie bewerten Sie sein Pontifikat mit Blick auf das Verhältnis zur deutschen Kirche?

Jaschke: Der Papst ist selbstverständlich ein Deutscher, er liebt die deutsche Heimat. Besonders Bayern. Er liebt die Theologie Deutschlands, kennt sich hier bestens aus. Bei seinem großen Besuch in Deutschland im vergangenen Jahr hat er vor uns Bischöfen zum Abschluss beim Mittagessen in Freiburg eine kleine Rede gehalten und dabei gesagt: Liebe Brüder, ich weiß, die Kirche in Deutschland hat es zurzeit nicht ganz einfach; ich weiß, Ihr müsst viele verschiedene Wege ausprobieren und nach Lösungen suchen. Ich habe hohen Respekt davor und bin Euch in großer Dankbarkeit verbunden. Er hat uns persönlich alles sehr geschätzt und ernst genommen. Er liebt seine deutsche Heimat. Er muss nicht immer mit allem einverstanden gewesen sein, was den deutschen Katholizismus ausmacht. Die Deutschen sind natürlich ein bisschen Prinzipiendenker. Wir lieben die Gremien, die großen Versammlungen und Resolutionen. Darüber kann man streiten. Aber dass es ein gespanntes Verhältnis zu Deutschland gegeben hat, möchte ich nicht sagen.

domradio.de: An was wird man sich künftig beim Pontifikat Benedikts XVI. erinnern?

Jaschke: An die historische Entscheidung: Ein Papst tritt bei vollem Bewusstsein und in aller Kraft, über die er noch verfügt, zurück - und er wird Altpapst. Als Zweites an sein großes Jesus-Buch: eine Einladung zum Glauben für einen Menschen in der Welt von heute. Drittens wird bleiben seine große Enzyklika "Gott ist die Liebe", die Grundkraft, von der wir Menschen leben, die Liebe in Gott verankert zu sehen. Das war eine große Ansage, die gültig bleibt. Viertens: Was der Papst in Regensburg gegenüber den Muslimen gesagt hat, bleibt ganz wichtig. Glaube und Vernunft gehören zusammen. Glaube kann nicht unvernünftig sein. Gott ist ein Gott der Vernunft, er führt die Vernunft über sich hinaus. Das sind hervorragende Botschaften, die bleiben werden.

domradio.de: Was erwarten Sie: einen Nachfolger, der in der Tradition Benedikts XVI. steht?

Jaschke: Ich bin kein Experte. Und das Schöne an Experten ist ja, dass sie sich auch hin und wieder mal täuschen. Äußerlich sind die Dinge geregelt. Mal sehen. Mich würde es freuen, wenn es mal eine große Persönlichkeit von einem anderen Kontinent wäre. Aber ich überschaue die Weltkirche nicht. Wir werden sehen. Der Heilige Geist und das große Herz der Kardinäle werden um eine Lösung ringen. Und Kirche ist ja geübt darin, dass sie seit Jahrhunderten ohne Druck von außen in souveräner, freier Entscheidung den Papst wählt. Und dann vertrauen wir darauf, dass der liebe Gott das Seine tut, damit die Kirche nicht untergeht.

Das Gespräch führte Matthias Friebe.


Quelle:
DR