Papst empfängt Fidel Castro in Havanna

Minuten für die Weltgeschichte

Zum Schluss wollte der betagte Máximo Líder sich eine persönliche Begegnung mit dem Papst doch nicht entgehen lassen. Kurz vor dem Rückflug nach Rom ist Papst Benedikt XVI. mit Kubas früheren Staatschef Fidel Castro zusammengetroffen. Die Gesprächsthemen seien Glaubensfragen, das Alter und der Zustand der Welt gewesen.

Kurz vor dem Abflug noch ein Treffen mit dem Máximo Líder: Fidel Castro und Benedikt XVI. (KNA)
Kurz vor dem Abflug noch ein Treffen mit dem Máximo Líder: Fidel Castro und Benedikt XVI. / ( KNA )

Castro selbst hatte sich ein Treffen gewünscht
Der Revolutionsführer hatte selbst den Wunsch geäußert, mit Benedikt XVI. zusammenzutreffen, und ihn gebeten, ihm einige Minuten seiner Zeit zu widmen. Während des über Dolmetscher geführten Gesprächs war auch Castros Ehefrau anwesend. Am Ende der Unterredung wurden dem Papst zwei Söhne Castros vorgestellt. Das rund halbstündige Treffen fand demnach in der Apostolischen Nuntiatur statt, in der der Papst während seines dreitätigen Kuba-Aufenthaltes residierte. Es erfolgte im Anschluss an die Messe unter freiem Himmel, die der Papst am Vormittag auf dem Platz der Revolution mit mehreren hunderttausend Menschen feierte.

Der Papst habe gegenüber Castro seine "große Zufriedenheit" über die Reise und seinen Empfang auf Kuba geäußert, berichtete Vatikansprecher Federico Lombardi. Das Gespräch sei "herzlich, lebendig und intensiv" verlaufen. Castro, der in den kurzen TV-Aufnahmen einen erschöpften Eindruck machte, habe den Papst nach Reformen in der Liturgie gefragt und sich nach den Aufgaben eines Papstes erkundigt. Zudem habe man sich über die aktuelle religiöse, moralische und kulturelle Lage, die schwierige Situation der Menschheit sowie die Herausforderungen für die Wissenschaft ausgetauscht.

Castro habe den Papst zudem gebeten, ihm interessante Bücher über die angesprochenen Themen zuzuschicken, damit er sich vertieft damit befassen könne, sagte Lombardi. Zunächst war Castro von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone empfangen worden. Diesem habe der Revolutionsführer erklärt, dass er die Seligsprechungen von Mutter Teresa (1910-1997) und Johannes Paul II. (1978-2005) ersehnt habe, so Lombardi.

Papst: Kubas Regierung soll die fundamentalen Bürgerfreiheiten respektieren
Bei der anschliessenden Abschlusszeremonie am Flughafen von Havanna forderte Benedikt XVI. die Regierung auf, die "fundamentalen Freiheiten" der Bürger zu respektieren. Nur so könne Kuba eine "erneuerte und versöhnte Gesellschaft" gründen, sagte Benedikt am Mittwoch (Ortszeit) bei der Abschlusszeremonie am Flughafen von Havanna.

Zugleich verurteilte der Papst die "von außen auferlegten ökonomischen Beschränkungen" und spielte damit auf das seit mehr als 50 Jahren geltende Handels- und Wirtschaftsembargo der USA an. Nach Angaben der Opposition wurden während des Papstbesuches mehr als 180 Dissidenten festgenommen und zahlreiche weitere am Verlassen ihrer Häuser gehindert.

Das Ausmaß der Repression werde wohl erst in den kommenden Tagen bekannt werden, wenn alle zum Papstbesuch unterbrochenen Telefonverbindungen wieder funktionieren, äußerte die oppositionelle Bloggerin Yoani Sánchez am Mittwoch (Ortszeit) per Twitter. Sie fügte
hinzu: "Die politischen Kosten dieser Repression werden sehr hoch sein".

Über die Begegnung war lange spekuliert worden
Im Vorfeld der Begegnung von Benedikt XVI. und Fidel Castro hatte es Spekulationen gegeben, Castro wolle sich mit der Kirche aussöhnen und Benedikt XVI. könnte eine angebliche Exkommunikation Castros aufheben. Der langjährige Sekretär von Papst Johannes XXIII. (1958-1963), Erzbischof Loris Capovilla, erklärte dazu, Fidel Castro sei 1962 nicht exkommuniziert worden. "Das Wort Exkommunikation hat es im Vokabular des Johannes-Papstes nicht gegeben", sagte Capovilla der Tageszeitung "Corriere della Sera".

Beim zuvor einzigen Papstbesuch in Kuba 1998 hatte sich Fidel Castro 50 Minuten lang unter vier Augen mit Johannes Paul II. unterhalten. Dank der guten Spanischkenntnisse des Papstes benötigten die beiden keinen Dolmetscher. Johannes Paul II. traf damals auch mit vier von Castros Geschwistern zusammen, darunter der heutige Präsident Raul. Die beiden damals anwesenden Schwestern, Augustina und die vor vier Wochen gestorbene Angela, sind bzw. waren dem Vernehmen nach praktizierende Katholiken.

Kein Austausch von Papst und Kubas Regierung über politische Gefangene
Am Dienstagabend (Ortszeit) hatte Benedikt XVI. einen Höflichkeitsbesuch beim amtierenden Präsidenten Raul Castro im Palast der Revolution abgestattet. Während einer gut 40-minütigen Unterredung äußerte er den Wunsch der Kirche, sich mehr in der kubanischen Gesellschaft engagieren zu können. Das Thema der politischen Gefangenen auf Kuba, das Menschenrechtsorganisationen immer wieder angemahnt hatten, blieb nach Worten Lombardis ausgeklammert. Mit humanitären Interventionen zugunsten inhaftierter Oppositioneller hätten sich die Delegationen auf Regierungsebene befasst.

Seine 23. Auslandsreise hatte Benedikt XVI. am vergangenen Freitag in Mexiko begonnen. Dort hatte Benedikt XVI. zur Erneuerung des katholischen Glaubens in Lateinamerika aufgerufen. Bei einer Messe mit mehreren hunderttausend Menschen im zentralmexikanischen Leon wandte er sich gegen ein oberflächliches und gewohnheitsmäßiges Christentum. Auch betete er für die Opfer von Gewalt und Armut in dem von Drogenkriegen und Auswanderung geprägten Land. Der Freiluftgottesdienst war die größte Veranstaltung der Reise


Fidel Castro und Papst Benedikt XVI. (KNA)
Fidel Castro und Papst Benedikt XVI. / ( KNA )