Papst ruft in Mexiko zur Neuevangelisierung auf

Das Licht der Welt

Es war der feierliche Abschluss seines Mexiko-Besuchs: Gemeinsam mit Hunderttausenden hat der Papst am Sonntag einen großen Gottesdienst gefeiert. Dabei rief er zu einer Erneuerung und Wiederbelebung des katholischen Glaubens auf.

Autor/in:
Thomas Jansen
 (DR)

Die Kulisse für Benedikt XVI. hätte nicht besser sein können: Ein kolossaler Christus aus Bronze, hoch oben auf dem 2.700 Meter hohen Cerro Cubilete, segnet weithin sichtbar mit ausgestreckten Armen das Land. Die Statue ist die geografische Mitte Mexikos und sein katholisches Wahrzeichen. Doch in direkter Nachbarschaft zu dem Gelände, auf dem der Papst Messe feiert, steht das exotische Gotteshaus einer christlichen Sekte: "Wir sind nicht römisch-katholisch, wir sind das "Licht der Welt", steht da trotzig auf einer Mauer. Passend dazu sprach Benedikt XVI. im "Parco del Bicentennario" von Silao am Sonntag von der Neubelebung des katholischen Glaubens.



"Viva il Papa!", riefen Hunderttausende, als Benedikt XVI. im Papamobil auf dem Veranstaltungsgelände eintraf. Der Papst präsentierte sich in traditioneller Landestracht mit einem Sombrero auf dem Kopf - eigens für ihn entworfen. Zehntausende hatten ungeachtet der kühlen Nachttemperaturen auf den Wiesen kampiert. Der Gottesdienst bei strahlendem Sonnenschein war der Höhepunkt des viertägigen Mexiko-Aufenthalts von Benedikt XVI.



Es gelte, die Glaubensmüdigkeit zu überwinden und "die Freude, ein Christ zu sein, wiederzuentdecken", predigte der Papst. Katholiken müssten der Versuchung eines oberflächlichen und zur Gewohnheit abgestumpften Glaubens widerstehen. Der Tenor ist deutlich: Auch in Lateinamerika ist es mit dem katholischen Glauben nicht überall zum Besten bestellt. Neuevangelisierung ist nicht nur ein europäisches Problem. Auf dem Flug nach Mexiko hatte der Papst die "Intuition der Herzen" unter den lateinamerikanischen Katholiken gelobt; dem müsse aber eine "Rationalität des Glaubens" zur Seite treten.



Ein nicht immer unkompliziertes Verhältnis

Die Reise nach Mexiko gilt nicht nur dem Land selbst, sondern ganz Lateinamerika, einer Region, in der fast die Hälfte aller Katholiken der Welt lebt. Beim Gottesdienst in Silao brachte dies die Teilnahme von Vertretern aus 22 Bischofskonferenzen zum Ausdruck. Fast 250 Kardinäle und Bischöfe aus Mexiko und anderen lateinamerikanischen und karibischen Ländern waren angereist.



Joseph Ratzinger und Lateinamerika - das war ein nicht immer unkompliziertes Verhältnis. Seine frühere Titulierung als "Panzer-Kardinal" durch seine Kritiker verdankte der damalige Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation auch seinem Durchgreifen gegenüber Befreiungstheologen in Südamerika. Auch während seines ersten Besuchs als Papst in Lateinamerika, im Jahr 2007 in Brasilien, gab es vorübergehend Irritationen. Eine Äußerung über die Christianisierung des Kontinents wurde von einigen lateinamerikanischen Katholiken als Verharmlosung kolonialer Gräueltaten aufgefasst.



Kein Treffen mit Missbrauchsopfern

Dieses Mal blieben solche Verstimmungen aus: Auf dem Flug nach Mexiko fand Benedikt XVI. anerkennende Worte für die Befreiungstheologie, wenn auch unter Vorbehalt: Eine im "guten Sinne", eine "richtig" verstandene Befreiungstheologie könne durchaus einen Beitrag zur Überwindung der krassen sozialen Ungerechtigkeit in Südamerika leisten. Das war zwar im Prinzip nur das, was er immer gesagt hatte. Ohne das Beiwerk lehramtlicher Verurteilungen wirkte es jedoch gleich viel freundlicher.



Das Thema sexueller Missbrauch spielte während der Reise bislang nur am Rande ein Rolle. Vatikansprecher Federico Lombardi bekräftigte auf Nachfragen von Journalisten, ein Treffen mit Missbrauchsopfern sei von Seiten der mexikanischen Bischöfe nicht vorgeschlagen worden. Deshalb finde auch keines statt - ebenso wie zuvor in Portugal oder Frankreich. Besonders der Missbrauchsskandal um den mexikanischen Ordensgründer der "Legionäre Christi", Marcial Maciel Degollado (1920-2008), hatte im Land Aufsehen erregt. Opfer beklagten sich noch am Wochenende, nicht mit dem Papst persönlich sprechen zu können.



Nach der Messe sollte der Papst mit einem Knopfdruck aus der Ferne eine neue Beleuchtung für die Christkönig-Statue von Cubilete in Betrieb nehmen. Für die Neubelebung des Glaubens wird ein Knopfdruck jedoch nicht ausreichen.