Die Piusbrüder präzisieren ihr "Nein, aber" gegenüber Rom

Der Dialog ist nicht am Ende

Die innerkirchliche Geheimdiplomatie um eine Wiedereingliederung der Piusbruderschaft in die Kirche geht weiter. Dabei versuchen die Traditionalisten einerseits ihr klares Nein zu den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils aufrecht zu halten, gleichzeitig aber die ausgestreckte Hand des Papstes nicht fallen zu lassen. Eine Einschätzung von Ludwig Ring-Eifel, Chefredakteur der Katholischen Nachrichtenagentur.

KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel (KNA)
KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel / ( KNA )

Seit die Bruderschaft sich, angeführt durch ihren jungen Generaloberen Bernard Fellay, vor 13 Jahren auf den Weg gemacht hat, mit dem Vatikan zu verhandeln, gibt es solche schwer deutbaren, mitunter widersprüchliche Botschaften. Schon das erste Presse-Kommunique, das 2005 nach der historischen Begegnung Fellays mit dem damals frisch gewählten Papst Benedikt XVI. in Castel Gandolfo veröffentlicht wurde, deutete diese Probleme an: "Die Begegnung fand statt in einem Klima der Liebe für die Kirche und des Wunsches, zu einer vollständigen Einheit zu gelangen. Wiewohl man sich der Schwierigkeiten bewusst war, wurde der Wunsch zum Ausdruck gebracht, in vernünftigen Schritten und Zeiten voranzukommen."



Seither ist viel geschehen: Der Papst hat die alte Messe wieder weltweit zugelassen, er hat die Exkommunikation der vier Bischöfe der Bruderschaft aufgehoben. Und nun hat er ihnen nach einem langen theologischen Disput eine Kompromissformel angeboten, auf deren Grundlage sie wieder voll in die Kirche integriert werden und dort eine aktive Rolle übernehmen könnten.



Kirchenpolitisches Pingpong-Spiel

Über diese geheime Formel, die sogenannte lehrmäßige Präambel, ist seit fünf Monaten ein spannendes kirchenpolitisches Pingpong-Spiel im Gange. Die Piusbrüder haben auf die Präambel mit einem ebenso geheimen Text geantwortet, der aber dem Vernehmen nach nur ihr alt bekanntes Bekenntnis zur Tradition enthielt. Als der Vatikan sie daraufhin um eine Präzisierung bat, antworteten sie erneut. Diesmal baten sie ihrerseits den Vatikan um Präzisierungen, und nun liegt der Ball wieder in Rom.



Während dort Antwort Nummer zwei geprüft wurde, erklärte Fellay in einer Predigt in Winona (USA) noch einmal, warum die Bruderschaft die Präambel in der ersten Formulierung nicht annehmen konnte. Dies wurde in zahlreichen Medienberichten zunächst als Absage Fellays an Rom interpretiert. Doch in derselben Predigt machte er klar, dass er die Tür nicht zuschlagen wolle und zur Not auch noch zehn Jahre warten könne.



Damit hat Fellay den Zeitfaktor ins Spiel gebracht, der nach seiner Überzeugung für ihn spielt. Denn während die modernisierte Großkirche in Europa seit Jahren an Zuspruch verliert, ist das Wachstum der traditionalistischen Minderheit ungebremst. Hinzu kommt, dass ihm wohl mehr Lebenszeit bleibt als seinen Gesprächspartnern in Rom. Fellay (54) könnte mit einer Vertagung der Einigung leben, ist doch die schlimme Strafe der Exkommunikation bereits aufgehoben.



Theologen uneins

Dass die Zeit für eine Einigung Roms mit den Piusbrüdern arbeite, hat nun auch deren deutscher Distriktobere Franz Schmidberger betont. In einem am Montag veröffentlichten Interview der "Welt" differenzierte er zugleich das "Nein" der Lefebvrianer zum Konzil:

Wenn Rom fordere, sie müssten "das ganze Zweite Vatikanum ohne Wenn und Aber anerkennen", sehe er keine Möglichkeit für eine Lösung. Wenn Rom aber nichts fordere, was einen Bruch mit der Tradition darstelle, werde es "kein allzu großes Problem" geben.



Darüber, ob es eine abgestufte oder mit einem hermeneutischen Vorbehalt versehene Anerkennung des Konzils geben kann, gehen unter Theologen die Meinungen auseinander. Da das Konzil selbst - von wenigen Dokumenten abgesehen - keine dogmatischen Definitionen beschlossen hat, ist dieser Weg jedenfalls nicht prinzipiell verschlossen.



Für den Fall, dass es zu solch einer Einigung kommt, will auch die Piusbruderschaft etwas opfern. Dazu zählt, wie Schmidberger sagt, das Ende ihrer "relativen Freiheit", die sie als geduldete aber kirchenrechtlich nicht anerkannte Gruppe genoss und die sie gerne zu radikalen und einseitigen Stellungnahmen nutzte.