Überraschend schnell wird der Berliner Erzbischof Woelki Kardinal

Vertrauensbeweis des Papstes

Genau 29 Jahre nach der Ernennung Kardinal Meisners folgt ihm Erzbischof Woelki. Gegenüber domradio.de freut sich der Kölner Erzbischof über "Kontinuität in der Kirche". KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel analysiert: Kirchenpolitisch ist das ein wichtiges Signal.

 (DR)

In kaum einer anderen Gemeinschaft bedeuten Symbole und Zeichen so viel wie in der katholischen Kirche. Deshalb ist die Ankündigung von Papst Benedikt XVI., dass er den Erzbischof von Berlin - neben 21 anderen Würdenträgern - zum Kardinal ernennen wird, kirchenpolitisch ein wichtiges Signal. Dass sich etwas ändert, zeigt sich zuerst an äußerlichen Dingen: Rainer Maria Woelki wird bald ein rotes statt eines violetten Käppchens tragen, dazu die passende flammend rote Schärpe. Und in der Sitzordnung der Deutschen Bischofskonferenz rückt er aus der Reihe der Erzbischöfe vor auf die Stirnseite, wo er dann auf Augenhöhe mit den dienstälteren Kardinälen Joachim Meisner (Köln), Karl Lehmann (Mainz) und Reinhard Marx (München und Freising) sitzen wird.



Die neue Sitzordnung steht für tiefer greifende Veränderungen, die sich nun unaufhaltsam abzeichnen. Die "jungen" Kardinäle Marx (58) und Woelki (55) werden nach dem absehbaren Ruhestand für die alten Recken Meisner und Lehmann in der katholischen Kirche in Deutschland die neuen starken Männer in Kardinalsrot sein. Beide gelten als gemäßigt konservativ und, wie es im kirchensoziologischen Jargon heißt, als dialogbereit und in der pluralistischen Gesellschaft "anschlussfähig". Sie treten weniger polarisierend auf als das liberal-konservative Gespann Lehmann-Meisner, das in seinem Antagonismus mitunter an die Funktionsweise des legendären Boxer-Motors in einem alten VW-Käfer erinnerte.



Zurück an den Rhein?

Wenn es mit Woelki und Marx mehr Laufruhe und weniger Sand im Getriebe geben sollte, dann hängt das mit den Persönlichkeiten, aber auch mit den Zeitläuften zusammen. Die kleiner werdende Herde der Katholiken in Deutschland rückt näher zusammen und kann sich Richtungsstreit unter den Hirten weniger leisten als in den Zeiten der großen Volkskirche.



Welche Rolle der künftige Kardinal Woelki in der sich wandelnden Deutschen Bischofskonferenz einnehmen wird, ist noch offen. In Kölner Kirchenkreisen wird bereits spekuliert, er könnte nach wenigen Jahren in Berlin an den Rhein zurückkehren. Dort würde er seinen Mentor Meisner beerben, der spätestens mit Vollendung des 80. Lebensjahres an Weihnachten 2013 den Hirtenstab abgeben werde. Schließlich, so wird argumentiert, sei auch Meisner seinerzeit von der Spree an den Rhein gekommen. Andere sehen Woelki, gleich ob in Berlin oder Köln, sogar schon neben Marx als einen möglichen Kandidaten für die Nachfolge von Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), dessen reguläre Amtszeit als Vorsitzender der Bischofskonferenz im Frühjahr 2014 endet.



Wertschätzung für die katholische Kirche in Deutschland

Unabhängig von solchen Zukunftsspekulationen wird in Rom die Nominierung Woelkis für die Kardinalswürde als großer Vertrauensbeweis für den gebürtigen Rheinländer gewertet. Es wird daran erinnert, dass andere, wie etwa der 2011 verstorbene Vorgänger im Berliner Bischofsamt, Georg Sterzinsky, deutlich länger warten mussten, bevor sie nach dem Amt des Erzbischofs auch die Kardinalswürde erhielten.



Neben dem persönlichen Vertrauensbeweis für Woelki enthält die Ankündigung des Papstes auch eine unübersehbare Wertschätzung für die katholische Kirche in Deutschland. Durch die zeitgleich bekanntgegebene Benennung des deutschen Jesuitenpaters Karl Josef Becker wächst die Zahl der deutschen Kardinäle auf neun, davon sind dann sechs papstwahlberechtigt. Mit einem Anteil von 4,8 Prozent an den möglichen Papstwählern und 4,2 Prozent am gesamten Kardinalskollegium übertrifft der Anteil der Deutschen unter den Kardinälen bei weitem den der deutschen Katholiken an der weltumspannenden katholischen Kirche. Denn der liegt bei lediglich 2,1 Prozent.

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