Berliner Erzbischof Woelki wird bald jüngster Kardinal der Welt - Auch der Kölner Karl Josef Becker erhält Purpur

Stolzes Berlin, stolzes Köln

Papst Benedikt XVI. hat heute in Rom Erzbischof Dr. Rainer Maria Woelki zum Kardinal ernannt. Das Konsistorium für die Kreierung zum Kardinal ist für den 18./19. Februar 2012 in Rom vorgesehen. Für Erzbischof Woelki ist die Ernennung Ehre und Ermutigung zugleich: "Dass der Heilige Vater mich in das Kardinalskollegium berufen hat, ist für mich, aber auch für das Erzbistum Berlin und die katholische Kirche in Deutschland eine große Ehre", sagte er in einer ersten Reaktion. Der Kölner Woelki hatte sein Heimatbistum im August Richtung Hauptstadtbistum verlassen.

 (DR)

Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, doch jetzt wurde es früher offiziell als erwartet: Wie fast alle seine Amtsvorgänger nach dem Zweiten Weltkrieg wird auch der neue Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki Kardinal. Am 18. Februar wird der gebürtige Kölner zusammen mit 21 weiteren Bischöfen aus aller Welt in Rom in das höchste Gremium der katholischen Kirche aufgenommen, wie der Vatikan am Freitag bekannt gab. Mit 55 Jahren ist er dann das jüngste Mitglied im Kardinalskollegium, das unter anderem den Papst wählt.



Damit setzt sich der steile Aufstieg des früheren Kölner Weihbischofs in der Kirchenhierarchie fort. Erst im vergangenen August wechselte er vom Rhein an die Spree und wurde Hauptstadtbischof. Von vielen Seiten hat er seitdem gute Noten erhalten. Vorwürfe einer rückwärtsgewandten Amtsauffassung, die etwa wegen seiner Promotion an der "Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz" der Opus-Dei-Gemeinschaft erhoben wurden, sind weitgehend verstummt.



Von Beginn an zeigte sich der hochgewachsene Woelki mit seinem markanten schwarzen Brillengestell offen und ohne Berührungsängste. Er wolle "nicht mit dem moralischen Zeigefinger herumfuchteln", sondern seine neue Aufgabe "mit rheinischer Fröhlichkeit und Leichtigkeit angehen", kündigte er bei seiner ersten Pressekonferenz in der Hauptstadt an.



Bei seinem Start kam Woelki auch der Papstbesuch zu Hilfe. Vor den Augen der Welt begrüßte er im September Benedikt XVI. im Olympiastadion. Vor dem Kirchenoberhaupt betonte er unter Hinweis auf die vielen Religionen in Berlin, dass die Metropole keine gottlose Stadt sei.



Wohnsitz im sozialen Brennpunkt

Schon mit der Wahl seines Wohnsitzes setzte der Nachfolger von Kardinal Georg Sterzinsky ein Zeichen. Er zog in den Stadtteil Wedding, einen sozialen Brennpunkt mit hohen Migrantenanteil. Gleich in den ersten Wochen seiner Amtszeit traf er zudem mit Flüchtlingen vom Balkan zusammen. Der Erzbischof kritisierte, "wie die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht". Als neuer Caritas-Bischof, zu dem ihn die Deutsche Bischofskonferenz im Herbst wählte, kann er sich nun im Namen seiner Amtsbrüder verstärkt für benachteiligte Menschen einsetzen. Als Hauptstadtbischof will Woelki sich dort zu Wort melden, "wo es um Recht und Würde des Menschen geht".



Auch beim Thema Homosexualität setzte Woelki bereits Akzente. Einerseits verteidigte er die Kirchenposition, dass es "aus katholischer Sicht vor Gott nicht geordnet" sei, eine gleichgeschlechtliche Veranlagung auszuleben. Andererseits betonte er, dass er selbst darüber kein Urteil fällen wolle. Aufsehen erregte vor allem aber, dass er mit Vertretern des Lesben- und Schwulenverbands auf deren Einladung zusammentraf.



Innerkirchlich will Woelki sich dafür einsetzen, den Einfluss der Frauen zu vergrößern. Sie zu Weiheämtern zuzulassen, widerspreche "dem göttlichen Stifterwillen", betont er. Aber sie könnten etwa in der Verwaltung des Erzbistums leitende Aufgaben wahrnehmen. "Die Kirche darf kein reiner Männerclub sein", betont der künftige Kardinal.



Mit Blick auf die Zukunft der Kirche setzt Woelki auch auf geistlich geprägte Gemeinschaften, die ihren Alttag vom Evangelium her leben und zugleich anderen gegenüber offen sind. Bei solchen Gemeinschaften sei erst einmal unerheblich, "wie groß das Territorium einer Pfarrei ist". Zugleich hebt Woelki aber hervor, dass die Katholiken sich innerhalb einer Pfarrei nicht aus dem Blick verlieren dürften. Deshalb sei die gemeinsame Sonntagsmesse unverzichtbar.



Gratulationen  auch von den Laien

Die angekündigte Erhebung des Berliner Erzbischofs Rainer Maria Woelki in den Kardinalsstand wertet der Freiburger Erzbischof und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, als "außerordentliches Zeichen der Wertschätzung des Heiligen Vaters". Schließlich sei Woelki erst seit kurzer Zeit Erzbischof von Berlin, so Zollitsch. "Gleichzeitig zeugt diese Auszeichnung von dem großen Vertrauen, das Du bei Papst Benedikt XVI. genießt. Die Berufung zum Kardinal ist zugleich eine besondere Würdigung für Dein Erzbistum, das in hervorragender Weise Gastgeber für den Heiligen Vater im September vergangenen Jahres war", richtete sich Zollitsch in der Presseaussendung mit persönlichen Worten an Woelki. Des Weiteren würdigte Erzbischof Zollitsch Pater Becker in einer Gratulation für die Auszeichnung, die die besondere Anerkennung "Ihrer Person und Ihres jahrzehntelangen theologischen Wirkens" zeige. "Ihre wissenschaftliche Arbeit ist in besonderer Weise mit der Erforschung des Konzils von Trient und dessen Gnadenlehre verbunden", betonte Zollitsch. "Mit großer Präzision haben Sie vielen Studentengenerationen die entscheidenden Traktate der Theologie erschlossen und zugleich dem Apostolischen Stuhl in zahllosen Fragen als zuverlässiger Berater zur Verfügung gestanden." In der Presseaussendung gratuliert die Deutsche Bischofskonferenz allen 22 Kandidaten zu ihrer "hohen und ehrenvollen Auszeichnung".



Auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glücksprach dem Erzbischof von Berlin die herzlichsten Glückwünsche zu seiner Berufung zum Kardinal aus: "Ihre Ernennung zeigt sowohl die herausragende Bedeutung des Bischofssitzes in Berlin, wie auch das große Vertrauen, das der Heilige Vater in Sie persönlich setzt", unterstrich Glück. "Ihr Wahlspruch "Wir sind Zeugen" entspricht in besonderer Weise der missionarischen Herausforderung der Kirche und der Gläubigen in dieser Zeit." Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken freue sich auf die weitere Zusammenarbeit, so Glück weiter.



Mit großer Freude nahm auch der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin die Erhebung von Erzbischof Rainer Maria Woelki zum Kardinal auf. "Wir freuen uns mit dem Erzbischof und gratulieren ihm herzlich. Wir wünschen ihm Gottes Segen und Kraft für sein neues Amt", sagte der Vorsitzende des Diözesanrats, Wolfgang Klose, in einer ersten Reaktion. Die Ernennung unterstreiche auch die Bedeutung des Erzbistums Berlin als Hauptstadtbistum und stärkt die Kirche von Berlin in ihrer Diasporasituation. Die Erhebung so kurz nach Amtsantritt von Erzbischof Woelki sei Ausdruck der Wertschätzung des Papstes und stärke den guten Start von Woelki im Erzbistum. "Wir freuen uns, dass Papst Benedikt XVI. mit dieser Entscheidung auch sein Wohlwollen für unser gesamtes Erzbistum zum Ausdruck bringt, das er ja erst vor kurzem besucht hat", so Klose weiter. Der Diözesanrat der Katholiken ist die oberste Vertretung der Laien im Erzbistum.



Auch Karl Josef Becker wird Kardinal

Die Berufung des aus Köln stammenden Jesuitenpaters ins Kardinalskollegium gilt als große Überraschung. Der emeritierte Dogmatikprofessor der päpstlichen Universität Gregoriana zählt zu den vier kirchlichen Würdenträgern, denen Benedikt XVI. aufgrund ihrer besonderen Verdienste den Kardinalspurpur verleiht. Die Wertschätzung, die der Papst dem langjährigen Berater der Glaubenskongregation entgegenbringt, zeigte sich in seiner Berufung in die Expertenkommission für die jüngste Gesprächerunde mit der traditionalistischen Piusbruderschaft. Zu Beckers 75. Geburtstag erwies der Präfekt der Glaubenskongregation Kardinal Joseph Ratzinger ihm die Ehre einer Festrede. Becker hat sich als Hochschullehrer insbesondere mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) beschäftigt und dessn Kontinuität zur kirchlichen Tradition hervorgehoben. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschungen ist das Verhältnis des Katholizismus zu den Weltreligionen.




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