Verfassungsrichter verteidigt öffentliche Kreuze

"Ein Kreuz alleine kann nicht indoktrinieren"

Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio hat die Präsenz von Kreuzen in Schulen und Gerichtssälen verteidigt. Solange religiöse Zeichen nicht indoktrinierend wirkten, dürfe der Staat sie im öffentlichen Raum zeigen, betonte di Fabio am Montagabend in Köln. Wörtlich sagte er: "Die Bedeutung des Kreuzes muss erklärt werden. Ein Kreuz alleine kann nicht indoktrinieren."

Udo di Fabio: Richter am Bundesverfassungsgericht / © Robert Boecker (DR)
Udo di Fabio: Richter am Bundesverfassungsgericht / © Robert Boecker ( DR )

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof habe mit seinem Urteil vom März "eine juristisch gute Linie" für den Umgang mit religiösen Zeichen in der Öffentlichkeit gefunden, so di Fabio. Die Straßburger Richter hatten damals ihr vorinstanzliches Verbot von Kreuzen in Klassenzimmern in Italien aus dem Jahr 2009 zurückgenommen. Di Fabio sagte, mit diesem Urteil sei nun ein Ermessensspielraum im staatlichen Umgang mit religiösen Symbolen vorhanden.



Er kritisierte staatliche Bemühungen, religiöse Symbole aus der Öffentlichkeit zu verbannen. Der Staat als Repräsentant einer pluralistischen Gesellschaft dürfe "keine Kraft sein, die aktiv auf Säkularisierung drängt", so di Fabio. Auch das Verbot religiöser Zeichen sei ein Zeichen. Die Präsenz von Kreuzen lasse sich jedoch mit dem Grundsatz der Neutralität vereinbaren.



Anders als beispielsweise einem Hakenkreuz hafte dem Kreuz keine objektive Bedeutung an, die als Verletzung der Grundrechte interpretiert werden könne, sagte der Verfassungsrichter. Er unterschied zwischen dem Kreuz und etwa dem Ganzkörperschleier muslimischer Frauen. Eine Burka könne durchaus indoktrinierend wirken, so der Verfassungsrichter. - Di Fabio äußerte sich zum Auftakt der Pädagogischen Woche im Erzbistum Köln, einer Fortbildungsveranstaltung für katholischen Religionsunterricht.