Erzbischof Woelki bilanziert Besuch von Benedikt XVI.

Gestärkt nach Papstvisite

Das Berliner Erzbistum zehrt von Papst Benedikts Besuch. Als "eine große Ermutigung und Stärkung im Glauben" bezeichnet der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki die Reise. Jetzt gehe es darum, die Aussagen Benedikt XVI. für das Erzbistum Berlin fruchtbar zu machen.

Autor/in:
Birgit Wilke
 (DR)

KNA: Herr Erzbischof, der Besuch von Papst Benedikt XVI. in Berlin liegt inzwischen gut einen Monat zurück. Was bleibt?

Erzbischof Woelki: Es bleibt die Freude über den Besuch, für viele eine große Ermutigung und Stärkung im Glauben. Das höre ich immer wieder, auch in verschiedenen Gremien wie im Diözesanrat oder im Priesterrat. Es bleibt die Erfahrung, in einem vollen Stadion mit dem Papst Gottesdienst zu feiern. Jetzt geht es darum, das, was Benedikt XVI. gesagt hat, zu studieren und für unsere Diözese fruchtbar zu machen. Aus der Vertiefung des Glaubens kann dann auch unser gesellschaftliches Engagement wachsen.



KNA: Bei seiner letzten Station in Deutschland, in Freiburg, hat der Papst für eine "Entweltlichung" der Kirche plädiert. Wie bewerten Sie die darüber in Gang gekommene Debatte?

Woelki: Ich denke, der Papst hat mit "Entweltlichung" nicht gemeint, dass wir uns aus der Welt heraushalten, sondern dass wir mit der Botschaft Jesu in die Welt hineingehen sollen. Aber wir müssen natürlich Strukturen überprüfen, die nicht mit dem Evangelium vereinbar sind. Es ist notwendig zu untersuchen, woran wir künftig festhalten und woran nicht. Dies gilt natürlich auch für das Erzbistum Berlin, auch hier sind weiter strukturelle Veränderungen notwendig.



KNA: Manche Kirchenkritiker sehen sich durch die Worte des Papstes in ihrer Forderung nach einer Abschaffung der Kirchensteuer bestätigt...

Woelki: Natürlich gibt es jetzt den einen oder anderen, der die Worte des Papsts so interpretiert und alte Forderungen wiederholt.

In Deutschland hat sich aber das zwischen Staat und Kirche gewachsene System der Kirchensteuer bewährt - für beide Seiten. Die Kirche ist in Deutschland eine wichtige gesellschaftliche Gruppe und übernimmt Aufgaben des Staates, wenn ich alleine an das große soziale Engagement oder an Einrichtungen für Erziehung und Bildung denke. Da ist dieses Geld sinnvoll eingesetzt.



KNA: Ein anderes Thema des Papstes war die Ökumene. Jetzt wirft der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge dem Papst in einem Zeitungsbeitrag vor, kein Konzept für die Ökumene zu haben. Wie stehen Sie dazu?

Woelki: Schon in seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation hat sich Papst Benedikt XVI. große Verdienste um die Ökumene erworben, wenn wir allein an die Erklärung zur Rechtfertigungslehre denken. Auch in seinen wissenschaftlichen Beiträgen hat er sich immer wieder mit dem Thema beschäftigt. Schon von daher kann man sagen, dass der Papst ein klares Konzept von Ökumene hat, allerdings nicht nur mit den Kirchen der Reformation. Dem Papst sind genauso wichtig auch die ökumenischen Kontakte mit den orthodoxen und orientalischen Kirchen. Manches mag da einfacher sein, weil dort altkirchliche Strukturen vorhanden sind.



KNA: Was ist für Sie die wichtigste Botschaft des Treffens zwischen dem Papst und Vertretern der evangelischen Kirche im Erfurter Augustinerkloster?

Woelki: Benedikt XVI. hat bei dem Gespräch ausdrücklich Martin Luther und dessen Eintreten für die Authentizität des Evangeliums gewürdigt. Eine wichtige Botschaft war in diesem Zusammenhang auch der Ort des Treffens selbst, das heute evangelische Augustinerkloster, in dem der junge Luther seine Prägung erfuhr.



KNA: Viele Protestanten haben sich mehr erhofft ...

Woelki: Es ist sicher auch immer eine Frage, mit welchen Erwartungen man an die Begegnung in Erfurt herangegangen ist. Vielleicht waren die Erwartungen ja auch zu hoch. Auch in der Rückschau bleibt, dass das Gespräch und das Gebet mit Vertretern der evangelischen Kirche ein vom Papst so gewünschter Schwerpunkt der Reise war, nicht nur von der zeitlichen Dauer.



KNA: Können Sie schon sagen, ob das Erzbistum beim Papstbesuch in dem Kostenrahmen von rund 3,5 Millionen Euro bleiben wird?

Woelki: Die Bilanzierung der finanziellen Seite des Papstbesuchs wird noch bis Ende des Jahres dauern. So wie es sich derzeit abzeichnet, werden wir im Kostenrahmen bleiben. Ich bin sicher, dass das Geld gut investiert ist. Ein deutscher Papst besucht vermutlich zum letzten Mal offiziell sein Heimatland, wo viele Menschen nach Sinn und Orientierung suchen. Das war das auch medial angekündigte Jahrhundertereignis.