Ökumene-Bischof verteidigt den Papst

Gemeinsam "der Heilsfrage stellen"

Die Kirchen müssen sich nach Auffassung des Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller gemeinsam "der Heilsfrage stellen". Dies sei der zentrale Anstoß, den Papst Benedikt XVI. bei seiner Deutschlandreise für die Ökumene habe geben wollen, sagte Müller am Dienstag in Regensburg.

 (DR)

"Wir sind heute auf allen Seiten in der Gefahr, Luther und seine Gewissensängste rein historisch zu betrachten, aber seine Fragen nicht wirklich ernstzunehmen", so der Bischof, der Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz ist. "Diese Vertiefung des ökumenischen Anliegens, die der Papst in Erfurt vorgenommen hat, ist allemal bedeutsamer, als pragmatisch auf verschiedenen Ebenen diese oder jede Verbindung gleichsam horizontal miteinander zu knüpfen."



Müller wandte sich gegen das "Spiel mit "Erwartungen" und "Erfüllung"" im Blick auf die Begegnung des Papstes mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Erfurt. Entscheidend sei, "ob das geäußert worden ist, was von der Sache her gerechtfertigt ist". So gehe es bei der Beurteilung des Reformators Martin Luther "nicht einfach darum, mit einer Würdigung Luthers den Evangelischen gleichsam einen Gefallen zu tun". Vielmehr seien diese Aussagen des Papstes als "Ermahnung an uns alle zu verstehen, denn wir sind alle in Gefahr, dem gesellschaftlichen Druck zur Konformität nachzugeben".



Gespräche bereits im Gang

Der Bischof hob hervor, es sei nicht notwendig gewesen, in Erfurt eine neue gemischte Theologenkommission zum bevorstehenden 500.

Jahrestag der Reformation einzusetzen, weil solche Gespräche bereits im Gang seien. Er verwies auf die Arbeiten des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen in Deutschland an einer gemeinsamen Bewertung der Ereignisse nach dem 31. Oktober 1517 und der gemeinsamen Kommission des Päpstlichen Einheitsrats und des Lutherischen Weltbunds (LWB) auf Weltebene.



Zugleich wandte sich Müller gegen eine generelle "Erlaubnis" für konfessionsgemischte Ehepaare zum gemeinsamen Empfang der Kommunion.

"Wir empfinden es als Druck von evangelischer Seite, dass diese Erwartung immer wieder an uns gerichtet wird, ohne unsere Glaubensposition richtig zu erfassen", sagte er wörtlich. Eucharistie sei "ein Gemeinschaftsvollzug von Kirche und nicht nur ein individueller Kommunionempfang".



Auch Kardinal Koch nimmt Papst vor Kritik wegen Ökumene-Aussage in Schutz

Auch der für Ökumenefragen zuständige Kurienkardinal Kurt Koch hat Vorwürfe zurückgewiesen, Papst Benedikt XVI. habe bei seiner Deutschlandreise ökumenische Erwartungen enttäuscht. Es sei überzogen gewesen, vom Papst bei diesem Anlass die Entscheidung von Fragen zu erwarten, die die gesamte Weltkirche beträfen, sagte der Präfekt des vatikanischen Rates zur Förderung der Einheit der Christen am Dienstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Benedikt XVI. habe deutlich gemacht, dass der mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eingeschlagene Weg der Ökumene für die katholische Kirche unumkehrbar sei.



"Enttäuschungen hängen immer von den Erwartungen ab", sagte Koch zur Kritik an Äußerungen des Papstes in Erfurt. Für Benedikt XVI. habe die Begegnung mit den evangelischen Christen und das gemeinsame Gebet um die Einheit im Vordergrund gestanden. Der Papst habe sich sehr positiv zu Martin Luther geäußert und dessen "Leidenschaft der Gottesfrage" gewürdigt. Allerdings bedeute dies keine pauschale Rehabilitierung Luthers.



Der Papst habe bei seinem Deutschlandbesuch kein Gastgeschenk im Sinne eines politischen Verhandlungsmandats mitgebracht, stellte Koch klar. Er habe die Gemeinsamkeiten sowie die ökumenischen Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte hervorgehoben und betont, "dass wir dies auf keinen Fall verlieren dürfen". Koch verwies darauf, dass der Vatikan mit dem Lutherischen Weltbund zum Reformationsgedenken 2017 ein gemeinsames Dokument erarbeite.



Auch die vom Papst vorgetragene Hoffnung auf Eucharistiegemeinschaft mit der Orthodoxie sei keineswegs eine "Ohrfeige" für die Protestanten, denen er in diesem Punkte nicht entgegenkomme, sagte Koch. "Das ist ein völliges Missverständnis." Der Papst habe bei der Begegnung mit orthodoxen Vertretern den Wunsch nach voller Kirchengemeinschaft und daher auch Eucharistiegemeinschaft zum Ausdruck gebracht. Dieser Zusammenhang zwischen Kirchengemeinschaft und Eucharistiegemeinschaft werde von evangelischen Christen so nicht geteilt, sagte der Kardinal.