Kommentar von Ingo Brüggenjürgen (domradio.de-Chefredakteur)

Höchste Zeit, dass der Papst kommt…

Avanti, Avanti, möchte man Benedikt XVI. zurufen, wenn man sich derzeit in der Heimat des Papstes umsieht und umhört. Unüberhörbar und unübersehbar ist der Papst zumindest in der deutschen Medienlandschaft längst angekommen - lange bevor er endlich auf dem Flughafen Tegel in Berlin landen wird.

Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker
Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker

In den Spiegel brauchte man Anfang der Woche gar nicht tief hinein zu blicken: Es reichte, wenn man das Titelfoto und die Schlagzeile "Der Unbelehrbar" nur lange genug auf sich wirken ließ.



Abstumpfende Wirkung zeigt bei mir mittlerweile auch der mediale Dauerbeschuss der diversen schlechten Talkshows - in diesen Tagen muss man wohl besser sagen Quatschsendungen. Selbsternannte Kirchenexperten, aufgeblasene Wichtigtuer, längst nicht mehr gerngesehene Extremfromme, geistlose Zeitgeister und oft überforderte Moderatoren. Sie alle sitzen nicht nur bei ARD und ZDF in der ersten Reihe. Tag für Tag wird das oft hilflose Gestammel und Halbgare lauter. Dass immer wieder das Gleiche, oft nicht mal mehr neu garniert serviert wird, macht die Sache nicht besser. Himmel, wirf doch zumindest ein wenig Geist herunter, möchte man immer wieder dazwischen rufen.



Wenn er die Gelegenheit hätte - welche Frage er denn dem Papst stellen würde, wird ein längst von allen guten Geister verlassener Schauspieler im nicht enden wollenden Talkstrom der ARD gefragt. Wenn man die nichtsaussagende Antwort gehört hat, ist man innerlich froh, dass es im dichten Besuchsprogramm des Papstes - Gott sei Dank - für so einen Schwachsinn keine Gelegenheit geben wird.



Wo sind die Bilder und Geschichten von den vielen Gläubigen, die sich einfach nur auf den Besuch ihres Heiligen Vaters freuen. Wo liefen die Berichte über die zahlreichen Gottesdienste, mit denen sich die Christen auf den Papstbesuch vorbereiteten? Wer hat recherchiert, warum die Gebetszettel mit dem Gebet des Papstes nicht nur im Kölner Dom immer wieder vergriffen waren? Wer berichtete über die vielen stillen Beter, die sich im Dialog mit Gott auf ihre Begegnung mit dem Heiligen Vater vorbereiten?



Wir wissen, wo der Papst schläft, welche Schuhe er trägt und wie viele Polizisten Sonderschichten schieben, um seine Sicherheit in der deutschen Heimat zu garantieren. Aber wer hat davon berichtet, dass der Papst im Angelusgebet seine Vorfreude schon um Ausdruck gebracht hat? Wir wissen inzwischen alle, was der Besuch des kirchlichen Staatsoberhauptes  kosten wird - aber wer hat uns davon berichtet, dass die deutschen Bischöfe im Hinblick auf den Papst extra einen Sonderfonds für die Not in Ostafrika einrichten und die Hilfsgelder für die Notleidenden in aller Welt nicht gekürzt werden?



"Oh Gott, der Papst kommt!", titelte die ARD hart und aber nicht ganz fair. Ja, hoffentlich kommt er bald, damit diese geistlose Kakophonie in vielen Medien bald ein Ende findet und der Papst selber die richtigen Worte findet. Avanti, Avanti Benedikt, Deine Heimat braucht Dich viel nötiger als Du denkst.



Ein Kommentar von Ingo Brüggenjürgen