Benedikt XVI. bekräftigt die Zusammenarbeit mit den Muslimen

Zeichens des Vertrauens

Nach Vertretern der Juden hat der Papst am zweiten Tag seines Deutschlandbesuchs Islamvertreter getroffen. Und betont, er sehe gute Chancen für eine "fruchtbare Zusammenarbeit" zwischen Christen und Muslimen. Strittige Fragen sprach er nicht an.

 (DR)

Bei einem Treffen mit islamischen Vertretern in Berlin appellierte der Papst am Freitagmorgen (23.09.2011)  zugleich an die deutsche Politik, Religion nicht ins Private abzudrängen, sondern auch die "öffentliche Dimension der Religionsausübung" anzuerkennen. Das gehöre zu einer pluralistischen Gesellschaft, sagte Benedikt XVI., ohne konkreter auf Streitfragen wie den Bau von Moscheen oder Kreuze in öffentlichen Gebäuden einzugehen.



Auch eine pluralistische Gesellschaft könne "ohne einen Konsens über die grundlegenden ethischen Werte" langfristig nicht bestehen, betonte Benedikt XVI. Das Treffen fand in der Berliner Vatikan-Botschaft statt, die inmitten der stark von Muslimen bevölkerten Bezirke Kreuzberg und Neukölln liegt.



"Klima des Respekts"

In Deutschland sei zwischen der katholischen Kirche und den muslimischen Gemeinschaften "ein Klima des Respekts und des Vertrauens gewachsen", lobte das Kirchenoberhaupt. Christen und Muslime könnten aus ihrem Glauben heraus ein wichtiges gemeinsames Zeugnis in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens geben. Das gelte etwa bei der Wertschätzung von Ehe und Familie, beim Schutz des Lebens in all seinen Phasen oder bei der Förderung von Frieden und sozialer Gerechtigkeit. Beide Seiten müssten beständig daran arbeiten, einander besser kennenzulernen und zu verstehen.



Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hob die Bereitschaft der katholischen Kirche hervor, das Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionszugehörigkeit zu fördern. Sie wolle für ein offenes interreligiöses Gespräch sorgen und sich gemeinsam mit den Muslimen für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen.



"Wichtiges Zeichen für das friedliche Miteinander"

Für die Muslime betonte der Münsteraner Professor für Islamische Religionspädagogik, Mouhanad Khorchide, die Begegnung mit dem Papst sei ein "wichtiges Zeichen für das friedliche Miteinander von Christen und Muslimen dieser Welt". Christen und Muslime hätten ein sehr ähnliches Verständnis von Gott. Die Christen sähen Gottes wichtigste Eigenschaft in der Liebe, im Koran stehe Allah für Barmherzigkeit. Beides bedeute, dass Gott für die Menschen konkret erlebbar und erfahrbar werde.



Khorchide ist seit 2010 in Münster für den bundesweit ersten Lehrerausbildungsgang für den geplanten islamischen Religionsunterricht an Schulen verantwortlich. Er begrüßte die Fortschritte bei der Etablierung der islamischen Theologie an deutschen Universitäten wie Münster, Osnabrück, Frankfurt, Erlangen und Tübingen. Das öffne den Raum "nicht nur für eine konstruktive Reflexion der islamischen Theologie, sondern auch für einen sachlichen Austausch mit den christlichen Theologien, in dem wir mit- und voneinander lernen können".



Das Verhältnis zwischen Vatikan und Muslimen galt lange Zeit als angespannt, nachdem Benedikt XVI. im September 2006 in einer Vorlesung in Regensburg die Aussage eines byzantinischen Kaisers zitiert hatte, der dem Islam Gewalttätigkeit attestierte. In der Folge bemühten sich beide Seiten um Entspannung, die 2008 in der ersten muslimisch-katholischen Konferenz in Rom mündete, an der je 29 hochrangige Vertreter der beiden Weltreligionen teilnahmen.



Islamverbände: Muslimisch-christlichen Dialog vertiefen

Der Koordinierungsrat der Muslime in Deutschland (KRM) sieht nach der Berliner Begegnung eine große Chance, "dass der muslimisch-christliche Dialog weiter an Fahrt zunimmt". Das Treffen sei ein "wichtiges und wohltuendes Zeichen" gewesen, erklärte der Sprecher des Koordinationsrates, Aiman Mazyek, am Freitag in Berlin. Christen und Muslime sollten zukünftig noch deutlicher das Gemeinsame ihrer Religionen herausstellen, ohne dabei die Unterschiede zu verdrängen.



"Wir müssen mit gemeinsamer Stimme deutlich machen, dass eine Grenzenlosigkeit und Alles-Geht-Ideologie gegen die Natur des Menschen ist, gegen die ökologische und ökonomische Vernunft", erklärte Mazyek. Die bei der Begegnung anwesenden Mitglieder des Koordinationsrates versicherten dem Papst den Angaben zufolge, sein beherztes Eintreten für die Freiheit des Glaubens werde von den Muslimen unterstützt, weil auch sie Religiosität als ein Kernelement einer modernen und pluralen Gesellschaft betrachteten.



Mazyek begrüßte auch die Rede des Papstes im Bundestag. Sie habe die Abgeordneten "an ihre Verantwortung vor Gott und den Menschen erinnert und zurecht gemahnt, dass sich politischer Erfolg in erster Linie im Mühen und in dem Willen zur Gerechtigkeit messen lassen muss".