Demonstranten dürften Benedikt XVI. nicht zu nahe kommen

Protest mit Sicherheitsabstand

Wenige Tage vor dem Papstbesuch in Deutschland machen die Kritiker mobil. In Freiburg und Erfurt, vor allem aber in Berlin wollen sie sich möglichst effektvoll in Szene setzen. In der Bundeshauptstadt erhielten ihre Demonstrationspläne allerdings einen starken Dämpfer.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
 (DR)

Die Berliner Polizei untersagte den geplanten Start vor dem Brandenburger Tor. Dort wollte sich das kirchenkritische Aktionsbündnis "Der Papst kommt" gleich beim Auftakt der Visite am 22. September lautstark zu Wort melden, wenn Benedikt XVI. vor dem benachbarten Bundestag spricht. Unter den über 60 Gruppierungen sind vor allem Lesben- und Schwulenverbände sowie Freidenkervereinigungen.



Zur Begründung ihres Verbots führte die Polizei die hohen Sicherheitserfordernisse für den Papst als Staatsgast und die vielen hochrangigen Zuhörer aus dem In- und Ausland an. Auch das Verwaltungsgericht folgte dieser Argumentation, nachdem die Papstkritiker Einspruch erhoben hatten. Nun beginnt die Demonstration auf dem rund einen Kilometer entfernten Potsdamer Platz. Auch wenn die von dem Bündnis am Montag (20.09.2011) bis zu 20.000 angekündigten Teilnehmer kommen - Benedikt XVI. dürfte davon nichts davon mitbekommen.



Allerdings können die Demonstranten zunehmend mit Unterstützung aus der Politik rechnen. Laut Medienberichten wollen bis zu 100 Bundestagsabgeordnete vor allem aus SPD und Linkspartei die Rede von Benedikt XVI. boykottieren und zu der Demonstration stoßen. Unter dem Motto "Keine Macht den Dogmen" beginnt sie um 16 Uhr mit einer Auftaktkundgebung.



Vor 15 Jahren Eierwürfe auf Johannes Paul II.

Die Papstkritiker wenden sich unter anderem gegen die katholische Sexualmoral und das Verhältnis von Staat und Kirche. Einen Vorgeschmack ihrer Protestformen bot bereits die diesjährige Berliner Lesben- und Schwulenparade am Christopher-Street-Day im Juni. Auf einem Wagen präsentierten sich dort mehrere "Päpste" und "Päpstinnen" dem Publikum. Ein ähnliches Gefährt ist zusammen mit rund zehn weiteren Wagen nun auch für den 22. September angemeldet.



Als Abschluss der auf fünf Stunden angesetzten Demonstration genehmigte die Polizei eine Kundgebung auf dem Bebelplatz vor der katholischen Sankt-Hedwigs-Kathedrale. Dort könnten Papstgegner mit Gläubigen zusammentreffen, die sich nach der Messe im Olympiastadion in der Kathedrale zu einer "Nacht der Anbetung" versammeln. In Erinnerung sind noch sind die Ausschreitungen beim Besuch von Johannes Paul II. vor 15 Jahren. Dabei kam es entlang der Fahrt des Papstes durch die Stadt unter anderem zu Eierwürfen auf das "Papamobil". Auch wenn Benedikt XVI. und Demonstranten sich nach dem Besuchsplan kaum begegnen dürften, verpflichtete sich das Anti-Papst-Bündnis bereits zum gewaltfreien Protest.



In Freiburg und Erfurt haben sich Kirchenkritiker ebenfalls schon mit Podiumsdiskussionen und Unterschriftenaktionen zu Wort gemeldet, jedoch in bedeutend geringem Umfang. So fand das Aktionsbündnis "Freiburg ohne Papst" bislang rund 4.000 Unterstützer. Sie wenden sich unter anderem gegen den Eintrag Benedikt XVI. in das "Goldene Buch" der Stadt. In Erfurt sind zwei Demonstrationen mit je 300 Teilnehmern angekündigt, wenn sich der Papst in der Stadt aufhält.



Kirche hat kein Problem mit Protesten

Die Kirche nimmt die Proteste gelassen. So hat der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki nach eigenem Bekunden kein Problem damit, wenn die Kritiker von ihrem Grundrecht der Meinungsfreiheit Gebrauch machen, sofern dies friedlich und fair geschieht.



Auch der renommierte Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack warnt vor einer Überschätzung. "Die Gruppe der Papst-Gegner in Deutschland ist klein und ungleichartig zusammengesetzt", betont er. Sie verfolgten unterschiedliche Interessen und könnten keine breiten Bevölkerungskreise mobilisieren.