Kritik an Papst-Rede vor Bundestag dauert

Der Unmut bleibt

Knapp zwei Wochen vor der geplanten Papst-Rede im Bundestag wird der Unmut kirchenkritischer Abgeordneter lauter. Der SPD-Politiker Rolf Schwanitz und der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, betonen, dass die weltanschauliche Neutralität des Staates mit der Rede eines religiösen Oberhauptes vor den Volksvertretern schwer zu vereinbaren sei.

 (DR)

Der Bundestag sei "weder ein Ort der religiösen Missionierung noch eine Kirche", sagte Schwanitz, Wortführer der Kirchenkritiker seiner Partei, der "Leipziger Volkszeitung" (Freitagsausgabe). Als "unvereinbar mit der Demokratie" bezeichnete der SPD-Politiker die vatikanische Staats- und Organisationspraxis. Der Papst sei der "letzte absolute Monarch in Europa". Schwanitz hofft, dass mindestens jeder dritte sozialdemokratische Parlamentarier dem Auftritt Papst Benedikt XVI. am 22. September fernbleiben wird.



Nach Informationen der Zeitung will die SPD-Fraktionsführung mit der Einladung von ehemaligen Abgeordneten die Parlamentarierreihen auffüllen, um den Eindruck des sichtbaren Protestes zu vermeiden. Um den Bedarf zu ermitteln, habe SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Lange am Donnerstag eine verbindliche schriftliche Anwesenheitsumfrage unter den aktiven SPD-Parlamentariern gestartet.



Schwanitz kritisierte unterdessen eine "gezielte Skandalisierung" der Papst-kritischen Laizisten in der SPD. Er selbst werde nicht im Bundestag protestieren, sondern an einer Demonstration gegen den Papstbesuch in der Hauptstadt teilnehmen.



Sein Parteifreund und Vizepräsident des Bundestages, Wolfgang Thierse, nannte die Proteste einen "Sturm im Wasserglas",  die Äußerung eines Abgeordneten sollten nicht überbewertet werden: "Es gibt in diesem Land viele Menschen, die nicht katholisch oder nicht Christen sind. Und es gibt viele, die den Papst nicht mögen. Wir leben in einem freien Land - und die Meinungsfreiheit gilt sogar für Abgeordnete, auch für SPD-Abgeordnete. So wichtig ist Herr Schwanitz nicht."



Gebührender Respekt

Der Grünen-Politiker Volker Beck unterstrich, dass der Papst in erster Linie ein Religionsführer sei. "Die religiöse und weltanschauliche Neutralität des Staates und des Bundestages wirft die Frage auf, wen wir dann als nächstes einladen", sagte er der "Berliner Zeitung" (Freitagsausgabe). "Ein Einvernehmen bei der Einladung des Papstes haben wir daher nicht erklärt."



Da der Bundestag aber entschieden habe, den Papst einzuladen, "gehen wir selbstverständlich hin und behandeln ihn als Gast mit dem gebührenden Respekt", fügte Beck hinzu. Er habe kein grundsätzliches Problem mit Religionsgemeinschaften, "aber durchaus mit der aktuellen Ausrichtung der katholischen Kirche, an der Herr Ratzinger als Vorsitzender der Glaubenskongregation und nun als Papst Benedikt XVI. maßgeblich mitgewirkt hat, insbesondere was die Öffnung zu konservativen und fundamentalistischen katholischen Gruppierungen wie den Piusbrüdern, dem Engelwerk oder den Legionären Christi betrifft."



Grüne verärgert über Demo-Einschränkung

Die Grünen haben sich auch verärgert gezeigt über das Verbot einer Anti-Papst-Demonstration am Brandenburger Tor in Berlin. "Einschränkungen der Demonstrationsfreiheit während des Papstbesuchs sind nicht hinnehmbar", beklagten die Parteichefin Claudia Roth und Volker Beck am Donnerstag. Kritik müsse in einer Demokratie formuliert und auch gehört werden können. Das gelte auch für ein Religionsoberhaupt. "Einen Kniefall der Behörden vor dem Papst darf es nicht geben", mahnten die Grünen-Politiker.



Die Berliner Polizei hatte zuvor mitgeteilt, dass eine geplante Demonstration gegen den Papstbesuch am 22. September nicht am Brandenburger Tor beginnen darf. Genehmigt wurde ein anderer Startpunkt. Die Versammlungsbehörde berief sich auf "Kapazitäts- und Sicherheitsgründe". Der Papst will zur gleichen Zeit unweit vom Brandenburger Tor im Bundestag eine Rede halten. Benedikt XVI. besucht Deutschland vom 22. bis zum 25. September.