Erzbischof Zollitsch zum Papstbesuch

"Ich freue mich"

Papst Benedikt XVI. kommt im September für vier Tage nach Deutschland und will Berlin, Erfurt und Freiburg besuchen. Es ist der erste offizielle Staatsbesuch nach einem Besuch der bayerischen Heimat des Papstes 2006. domradio.de besuchte den Freiburger Erzbischof und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch in Freiburg und sprach mit ihm über den Papstbesuch, den Dialogprozess und die Ökumene.

Erzbischof Robert Zollitsch: Heißt den Papst in Freiburg willkommen (KNA)
Erzbischof Robert Zollitsch: Heißt den Papst in Freiburg willkommen / ( KNA )

domradio.de: Exzellenz, Herr Erzbischof Zollitsch, der Besuch des Papstes steht unmittelbar bevor. Es sind nur noch wenige Wochen. Das Programm ist eigentlich auch schon fertig, ein sehr dichtes Programm mit vielen symbolträchtigen Höhepunkten. Können Sie sich jetzt zurücklehnen und sagen: Ja, jetzt kann er kommen, der Papst?

Erzbischof Robert Zollitsch: Ich freue mich, dass er kommt und sage auch "er kann kommen" aber es sind noch viele Kleinigkeiten zu überlegen und zu regeln, und je näher der Papstbesuch kommt, desto mehr merkt man auch, was alles noch anzusprechen ist. Aber ich lasse mich dadurch nicht unter Druck setzen. Dass er kommt, nach Deutschland kommt, zu einem offiziellen Besuch in sein Heimatland, dass er Berlin, das neue Bundesland Thüringen und Erfurt besuchen will und vor allem natürlich, dass er  nach Freiburg kommt, denn erstmals in der Geschichte der Stadt Freiburg wird ein Papst in Freiburg sein, darüber freuen wir uns.



domradio.de: Sie sind zur Vorbereitung ja noch bei ihm gewesen in Castel Gandolfo, zu einer sehr langen Audienz mit Kollegen, Anlass dieses Gespräches war aber auch der Dialogprozess in Deutschland. Und man hat das Gefühl, irgendwie passt das ganz genau zusammen: Vor einem Jahr haben Sie aufgerufen zum Dialogprozess, jetzt kommt Papst Benedikt hierhin, als wär der Besuch ein Teil auch dieses Prozesses.

Erzbischof Robert Zollitsch: Ja, der Heilige Vater hat uns zu einem langen Gespräch empfangen, anderthalb Stunden haben wir über die Situation in der Kirche und den Dialogprozess miteinander gesprochen und das, was dieser Weg auch bedeutet und was auch sein Besuch hier bedeuten kann. Wir waren dann noch beim Mittagessen zusammen, wo wir noch manches anklingen lassen konnten. Der Heilige Vater ist sehr angetan, dass wir uns auf den Weg gemacht haben, die Fragen, die das sind, miteinander zu besprechen, gemeinsam auf Gott zu hören, aufeinander zu hören und dass wir das auch verbinden mit dem Gedenken des Jubiläums des Zweiten Vatikanischen Konzils. Er hat den Dreischritt der Diakonia, der Liturgia und  dann der Verkündigung ausdrücklich positiv hervorgehoben. Er hat auch hervorgehoben, dass wir das zusammen mit der Frage des Konzilsjubiläums tun, um damit eine Relektüre des Konzils einzuleiten, die Texte genauer zur Kenntnis zu nehmen, weil ja viele sie gar nicht kennen, und hat uns ermutigt zu sagen: wie fließt das denn ein in die Verkündigung, in die Katechese, wie fließt das ein auch in die Verkündigung im Gottesdienst. Die zentrale Fragen, was Gott für uns bedeutet, denn wo Gott ist, da ist Zukunft, das sind ja auch Herzensanliegen des Heiligen Vaters selber, um damit nach Möglichkeit viel von der Schönheit des Glaubens aufleuchten zu lassen, viel von dem aufleuchten zu lassen, was es heißt, dass wir im Evangelium ein Fundament für unser Leben gefunden haben, dass wir ein Ziel haben, das über diese Welt hinausweist. Das waren sehr gute mitbrüderliche Gespräche mit dem Heiligen Vater. Ich bin sehr ermutigt von Castel Gandolfo abgereist.



domradio.de: Sie gehen im Erzbistum Freiburg mit einem guten Beispiel voran, was den Dialogprozess betrifft, was die Vorbereitungen, was die Strukturen angeht, die Organisation. Was erwarten Sie denn vom Papst in diesem Dialogprozess an Impulsen oder anders gefragt: wie weit ist denn der Dialogprozess auch schon beim Kirchenvolk angekommen?

Erzbischof Robert Zollitsch: Der Heilige Vater wird sicher auch einiges zu den wertvollen Punkten sagen, um die es auch der Kirche in Deutschland im Dialog geht. Zur Frage wovon wir leben, welche Werte entscheidend sind. Und da erwarte ich mir eine Ermutigung für den Pilgerweg des Glaubens. Dass wir auf Gott schauen und den Weg in die Zukunft gehen.



Es ist der Dialog unterschiedlich angekommen in der Breite des Kirchenvolkes. Wir waren vielen schon etwas voraus, weil wir eigentlich den Dialog schon überlegt hatten im Sinne dessen, dass wir die pastoralen Leitlinien überarbeiten wollten. Das wollten wir nicht allein tun, sondern mit der Breite des Kirchenvolkes, und wir haben deswegen auch den Pfarreien, den Pfarrgemeinderäten Hilfen gegeben, wenn sie an die Dialogboxen denken, und da ist vieles auch schon geschehen. Ich habe auch Erkundungsaufträge gegeben an die einzelnen Organisationen. Aber ich spüre, dass auch viele andere Diözesen intensiv mitziehen. Am meisten erlebe ich es in unserer Nachbardiözese Rottenburg-Stuttgart, wo wir in wesentlichen Punkten gemeinsam vorangehen. Oder wenn ich dran denke durch meine Kontakte mit Bischof Bode, der auch in Rom dabei war, wie viel da im Bistum Osnabrück geschieht, und ich merke, dass natürlich Diözesen, die erst später mit dem Gedanken vertraut geworden sind, da ein bisschen stärker Zeit brauchten auch das aufzugreifen und die schauen natürlich, was können sie von den andern lernen, und das ist auch gut so, wenn wir als Katholiken, als Diözesen, voneinander lernen und der eine vom andern profitiert, der eine sich vom andern beschenken lässt.  



domradio.de: Und da kommt Papst Benedikt jetzt gerade recht?

Erzbischof Robert Zollitsch: Ja, für mich kommt er gerade recht, weil wir in diesem Gespräch sind, um einfach diesen Pilgerweg des Glaubens mit uns gemeinsam weiterzugehen und noch einige Impulse zu geben, die wir dann sehr intensiv aufgreifen wollen. Deswegen werden wir auch bei der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz intensiv beraten, was der Papstbesuch für uns bedeutet und wie wir den Dialogprozess, den Weg des Gespräches miteinander weiterführen.



Er kommt ja nicht nur zu den Katholiken, sondern er stattet ja vor allem auch der Bundeshauptstadt, dem Osten Deutschlands bewusst einen Besuch ab. Er hält eine Rede auch im Bundestag - was erwarten Sie da für ganz Deutschland überhaupt?



Es ist etwas Besonderes, dass der Papst im Bundestag eine Rede hält. Bisher war es nur so, dass Papst Johannes Paul II. vor dem Sejm in Warschau gesprochen hat und vor dem Parlament in Italien. Insofern ist es eine Auszeichnung für den Papst, dass er eingeladen wurde. Auch eine Auszeichnung für uns, dass er in seinem Heimatland im Bundestag spricht. Er hat damit die Möglichkeit und die Chance, tatsächlich das gute Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Deutschland zu würdigen und sogleich zu zeigen, wie die Partnerschaft zwischen Staat und Kirche beiden nützt, dem Staat und der Kirche,  und auf die Werte hinzuweisen, von denen unsere Gesellschaft lebt, die sie selbst nicht garantieren kann, wofür wir als Kirche tatsächlich entscheidend stehen. Ich verspreche  mir entscheidende Impulse nicht im religiösen Sinn, sondern im Sinn unserer Gesellschaft. Denn wir spüren, unsere Gesellschaft ist in Gefahr, immer weiter auseinander zu kommen, die Werte, von denen sie lebt, und das Fundament, auf dem sie steht, eher zu vergessen. Und da ist es gut solch einen, ich möchte fast sagen prophetischen Mann zu haben, der uns dann an diese Fundamente erinnert und uns in seiner Weise - das ist eine große Kunst die er ja hat, die Dinge zur Sprache zu bringen - das auch dann uns verständlich zu machen.



domradio.de: Die große Öffentlichkeit, die Medienöffentlichkeit erwartet sicherlich auch einen Impuls zur Missbrauchsdebatte, in der wir immer noch stecken, die Kirche immer noch steckt. Ist da etwas zu erwarten?

Erzbischof Robert Zollitsch: Der Heilige Vater kennt die Situation, genau darüber haben wir mit ihm gesprochen. Es geht auch, darum wie er ein Zeichen setzen wird, da sind wir dabei, gemeinsam mit ihm zu überlegen. Aber es wird nicht so sein, dass nun diese Missbrauchsdebatte oder all das, was wir spüren, was in der Kirche nicht so gewachsen ist, wie wir es heute wollen, das Ganze überrollt und entscheidend sein wird, sondern entscheidend wird für den Heiligen Vater und uns sein, der Blick in die Zukunft und die Ermutigung, dass wir aus all dem lernen, was nicht gut gelaufen ist, dann zu schauen im Vertrauen auf Gott, den Weg nach vorne zu gehen.



domradio.de: Ein ganz großes, herausragend historisches Ereignis ist ja auch die Begegnung mit der evangelischen Kirche, mit den Vertretern des Rates der evangelischen Kirchen, der Wortgottesdiensten, den Sie zusammen feiern werden. Wie historisch, wie bedeutsam ist das?

Erzbischof Robert Zollitsch: Es war für mich schon ein schönes Zeichen, dass der Hl. Vater, als wir die Nachricht erhielten, dass er nach Deutschland kommt, von Anfang an sagte, dass er neben Berlin und Freiburg auch Erfurt besuchen will. Im doppelten Sinn: Er wollte ein Land, ein Bundesland, das die Diasporasituation kennt, besuchen und sogleich natürlich mit Blick auf das Land der Reformation auch darauf hinweisen, dass er die Begegnung mit den Kirchen der Reformation sucht, dass er das Gespräch will. Dass das, was uns verbindet im Glauben, etwa die Frage des Evangeliums, des Wortes Gottes, die moralischen Werte, dass das viel entscheidender ist, als das was uns trennt. Da wollte er ein Zeichen setzen und hat deswegen selbst Wert darauf gelegt, dass es nicht nur zu einer kurzen Begegnung des Gespräches miteinander kommt - das wird der Anfang sein -  sondern dass auch der zweite Teil dabei ist, nämlich dass wir gemeinsam beten, gemeinsam Gottesdienst feiern und damit uns gemeinsam an Gott wenden, damit auch ein Zeichen nach außen geben, wir, die Katholische Kirche, die Kirchen der Reformation, wir haben das gleiche Fundament und wir suchen auch von diesem Fundament aus immer mehr auch die Einheit zu verwirklichen, die Jesus Christus uns aufgetragen hat. Denn das ist ein Anliegen des Heiligen Vaters, und er, als Nachfolger des Apostels Petrus, der für die Einheit der Kirche steht, lässt nicht nach, daran auch immer zu erinnern, weil das für ihn zu seiner Aufgabe vom Amt her gehört wie er es versteht.



domradio.de: Es ist ein großes Ereignis, ein symbolträchtiges Ereignis, wie weit kann es aber auch ein inhaltliches Ereignis sein, einen inhaltlichen Impuls geben?  

Erzbischof Robert Zollitsch: Ich kann natürlich das, was der Heilige Vater sagen wird, nicht vorwegnehmen aber er ist sich dessen bewusst, dass natürlich dort auch die Worte, die er zu Martin Luther sagt, die er zur Ökumene sagt, dass die dann tatsächlich auch sehr wichtig sind. Und ich könnte mir vorstellen, dass aus dieser Begegnung dann durchaus auch ein Auftrag erwächst, den wir, die evangelische und katholische Kirche in Deutschland haben, um einige Dinge noch aufzuarbeiten, die uns trennen, um uns in der Theologie in Grundsatzfragen noch näher zu kommen. Das wäre für mich ein schöner Impuls, wie es ähnlich war als Papst Johannes Paul II. bei seinem ersten Besuch den Auftrag gab, schaut doch mal in der Rechtfertigung sehr intensiv nach. Es hat Jahre gedauert, aber es hat dazu geführt, dass wir in der Rechtfertigungslehre gemeinsame Erklärungen zustande gebracht haben, wir sagen können, dass was eigentlich der Auslöser war für die Reformation, nämlich die Frage "wie finde ich einen gnädigen Gott", dass das nicht mehr die trennende Frage heute ist. Und das ist auch ein schönes Geschenk.



domradio.de: Vom Osten Deutschlands wechselt der Papst dann in den Westen, zu Ihnen ins schöne und auch vergleichsweise fromme Breisgau - wie weit freuen Sie sich gerade auf dieses Ereignis?



Es ist für uns was ganz Besonderes, dass erstmals in der Geschichte der Stadt ein Papst nach Freiburg kommt. Bisher waren wir so ein bisschen im Windschatten und wir haben ihn herzlich eingeladen. Wir werden ihn mit, ich möchte sagen, biblischer und badischer Gastfreundschaft aufnehmen und wir freuen uns, mit ihm ein Fest des Glaubens feiern zu können, denn der Sonntag wird mit diesem großen Gottesdienst nicht nur der Abschluss sondern der Höhepunkt. Er wird aber auch hier der Jugend begegnen, die Vigilfeier mit der Jugend ist für mich sehr wichtig, weil er sich an die jungen Menschen wendet, die dann ein Stück die Zukunft der Kirche ausmachen. Und er wird im Konzerthaus in der Rede zum Abschluss dann auch die Möglichkeit haben, einiges grundsätzlich nochmal zu sagen, zur Gesellschaft und vor allem zum Engagement der Christen in dieser Gesellschaft. Und darum freue ich mich einerseits auf dieses Fest, das wir miteinander feiern, aber auch über die Impulse, die davon ausgehen werden.



Und ich freue mich auch, dass die Begegnung mit den Vertretern der Orthodoxen Kirchen hier in Freiburg sein wird, weil das für mich auch ein Zeichen ist, dass die Ökumene eine noch größere Aufgabe ist als nur das Verhältnis zwischen der reformatorischen Kirche und der katholischen Kirche - wo wir in Deutschland einen besonderen Auftrag haben - aber dass die orthodoxe Kirche genauso dazugehört und dass uns die orthodoxe Kirche, wie wir es in München beim ökumenischen Kirchentag erlebt haben, auch beide bereichern kann, die evangelische Kirche, die katholische Kirche. Darum freue ich mich, dass auch diese Begegnung hier sein wird, und ich freue mich besonders, dass auch bei den Gottesdiensten sowohl die politischen Vertreter da sein werden, wie auch die Vertreter der verschiedenen Kirchen. Das wird zeigen, dass was uns eint und zusammenführt ist größer als das was uns trennt.



domradio.de: Kann der Papst Katholiken und den Rest Deutschlands auch wieder ein bisschen zusammenbringen? Kann er andere  begeistern für das was Kirche will und tut?

Erzbischof Robert Zollitsch: Ich hoffe, dass es die Erfahrung sein wird, gerade auch wenn ich an die neuen Bundesländer denke, wo ja das Interesse am Papstbesuch sehr groß ist. Darüber freue ich mich sehr. Wir hatten eher gedacht, das Interesse wird gering sein, aber die Leute spüren, da kommt ein Mann, der nicht nur für das Katholische steht. Der steht für Werte, die über diese Welt hinausweisen, Werte, für die zu leben sich lohnt und von denen wir leben können. Und dass diese Menschen dann auch entdecken, was das Christentum gemeinsam für uns bedeutet, insofern auch die Menschen auf dem Fundament des Evangeliums damit zusammenführt. Aber er wird insbesondere den Katholiken tatsächlich einfach die Erfahrung vermitteln, wir sind eine große Gemeinschaft des Glaubens, für die wir dankbar sind, und wir haben auch den anderen etwas zu schenken, dürfen uns beschenken lassen und haben auch einen Auftrag in unserer Gesellschaft, nämlich die entscheidenden Werte zu vermitteln, dafür zu stehen, von denen sie lebt. Insofern gehe ich davon aus, dass wir eine ganze Reihe von Impulsen haben werden, die uns dann weiterführen.



domradio.de: Und es sieht ja auch tatsächlich so aus, dass von den Anmeldezahlen her viele Neugierige und fromme Menschen kommen werden?

Erzbischof Robert Zollitsch: Ja, auch in Freiburg sind es nicht nur Katholiken, die sich angemeldet haben. Ich habe immer gesagt, es sind alle eingeladen. Wir spüren das vor allem auch in Erfurt, in Berlin, dass nun viele Neugierige kommen. Und die Neugierde kann ein ja Anfang sein, etwas mehr zu begreifen von dem was das Evangelium uns schenkt. Man muss die Leute, ich möchte fast sagen, auf den Geschmack bringen. Und die auf den Geschmack kommen, warum sollen die den Weg nicht auch intensiver weitergehen im Sinn des Evangeliums.



domradio.de: Herr Erzbischof Zollitsch, vielen Dank für das Gespräch!