Papst Benedikt XVI. verabschiedet sich in seine Sommerresidenz

Castelgandolfo rüstet sich

Beim Angelus-Gebet verabschiedete sich der Papst am Wochenende in die Sommerpause. Wenn Benedikt XVI. in den kommenden Tagen an seinen Sommersitz Castelgandolfo zurückkehrt, erwartet ihn neue Aussicht.

Autor/in:
Agathe Lukassek
 (DR)

Nicht mehr ockerfarben, sondern fast strahlend weiß wird die Kirche "San Tommaso da Villanova" ihn auf der "Piazza della Liberta" begrüßen. Am 15. August, Mariä Himmelfahrt, wird Benedikt XVI. in der Bernini-Kirche mit der frisch renovierten Außenfassade einen Gottesdienst feiern. Eine Restauratorin erklärt, während sie ihr Werkzeug, einpackt, dass das helle Grau an die Farbe der in Rom häufig anzutreffenden Travertin-Bauwerke erinnern soll. Es käme der Original-Konstruktion von Gian Lorenzo Bernini näher als das Ocker, das sie als eine Modeerscheinung bezeichnet.



Seit Oktober 2010 ist der Salesianerpater Pietro Diletti der neue Pfarrer von Castelgandolfo, der rund 25 Kilometer südöstlich von Rom entfernten 8.500-Seelen-Gemeinde oberhalb des Albaner Sees. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hatte er die Renovierung des Gotteshauses veranlasst. "Dieser rötliche Ocker blätterte überall ab, jede Macke an der Fassade war sichtbar und die zum See gewandte Rückseite war von Insekten befallen", erzählt der 66-Jährige. Er wandte sich an den Vatikan und bat darum, die Missstände an der Kirche zu beseitigen, die zum extraterritorialen Gebiet des Kleinstaates zählt und eine beliebte Hochzeitskirche ist.



Feinkost- und Souvenirhändler Maurizio Carosi kann den Herkunftsort der Touristen am jeweiligen Wochentag festmachen: "Mittwochs und freitags legen in Civitavecchia Kreuzfahrtschiffe mit Amerikanern an, von denen viele einen Tagestrip durch die römischen Castelli machen und zu uns kommen", erklärt der Besitzer eines Geschäfts gegenüber der Kirche. Die meisten Besucher kämen wegen des Papstes oder zumindest wegen seines berühmten Sommersitzes mit der vatikanischen Sternwarte - auch wenn dieser nicht zu besichtigen sei. Zum Angelusgebet mit dem Papst an den Sonntagen können Gläubige zumindest den Innenhof der Residenz betreten. Mehr als 2.500 Pilger kämen dann regelmäßig, erzählt er.



Lange Geschichte der Sommerresidenz

In einem Foto-Album hat Carosi Bilder von Benedikt XVI. und Johannes Paul II., ebenso wie eine Schwarzweiß-Fotografie von Gläubigen, die Pius XI. (1922-1939) begrüßen. Die Geschichte der Sommerresidenz geht jedoch viel weiter zurück. Seit 1628, nachdem Urban VIII. die Burg zu einem Papstpalast umbauen ließ, entfliehen die Päpste zwischen Mitte Juli und Mitte September der römischen Sommerhitze nach Castelgandolfo.



Um eines der wohl spannendsten Kapitel der Papstpräsenz in seiner Stadt zu veranschaulichen, holt Carosi ein Büchlein über Castelgandolfo während des Zweiten Weltkrieges hervor. Papst Pius XII. (1939-1958) hatte sein Refugium ein halbes Jahr bis zum Abzug der deutschen Besatzer aus Rom am 4. Juni 1944 für Verfolgte geöffnet. Rund 12.000 Menschen fanden damals in den Palästen und Gärten Zuflucht. Carosi deutet auf ein Bild, das Schwangere in aneinandergereihten Betten in den Privatgemächern zeigt. "Rund 40 Kinder sind damals im päpstlichen Schlafzimmer geboren worden", erzählt er.



Kleine Touristengruppen schlängeln sich durch die Hauptstraße Corso della Repubblica an den Cafes vorbei auf die Piazza. Hauptsächlich Japaner und US-Amerikaner, die sich bei Carosi Getränke kaufen. Bald werde auch der Verkauf von Artikeln mit Papst-Konterfei und von Rosenkränzen steigen, sagt er. Ein anderer Händler hat in seinem Laden direkt vor der Eingangsfassade des Palastes Postkarten mit einem Dutzend verschiedener Benedikt-XVI.-Motive aufgestellt. Auch Pfarrer Don Pietro bereitet sich auf die Ankunft in der kommenden Woche vor. Er wird mehrmals kurze Begrüßungsansprachen vor Benedikt XVI. halten, die er schriftlich verfassen soll. "Das bin ich gar nicht gewohnt, weil ich 30 Jahre als Lehrer gearbeitet und dabei frei gesprochen habe", erzählt er. Er selbst habe während des Aufenthaltes des Papstes keinen Urlaub, sagt der Salesianer - und zeigt sich freudig gespannt auf seinen ersten Sommer in der päpstlichen Residenzstadt.