Papstmesse nun doch im Berliner Olympiastadion

Keine Bäume mehr im Weg

Die Papstmesse am ersten Tag des Deutschlandbesuchs von Benedikt XVI. ist in das Berliner Olympiastadion verlegt worden. Bistumssprecher Förner sagte gegenüber domradio.de, es hätte fast 50.000 gute Gründe für diese Entscheidung gegeben.

 (DR)

"So viele Menschen wollen die Heilige Messe mit dem Papst feiern, dass der Platz vor dem Schloss Charlottenburg aus allen Nähten platzen würde", sagte Weihbischof Matthias Heinrich am Mittwoch in Berlin. Für den Gottesdienst am 22. September haben sich den Angaben zufolge inzwischen rund 50.000 Menschen angemeldet.



Zollitsch: Wir haben uns alle positiv überraschen lassen

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, wertete die zahlreichen Anmeldungen als gutes Zeichen: "Ich freue mich sehr, dass sich so viele Menschen in Berlin für den Papstbesuch interessieren, dass wir beschlossen haben, nicht vor dem Schloss zu bleiben, sondern in das Olympiastadion zu ziehen." Er habe den Umzug in das Stadion unterstützt, sagte er am Donnerstag im domradio.de-Interview am Rande seines Serbien-Besuches. Zu Beginn der Planung des Papstbesuches in Deutschland habe er gespürt, dass in Berlin eine ganze Reihe von Menschen skeptisch gewesen sei. "Aber wir haben uns alle positiv überraschen lassen und ich spüre auch die Freude in Berlin", so der Freiburger Erzbischof.



Der Generalkoordinator der Papstreise, Hans Langendörfer, erklärte: Mit der Verlegung der Messe sei sichergestellt, dass alle Anmeldungen berücksichtigen werden könnten. Die Entscheidung für das Olympiastadion wurde zwischen Vatikan, der Deutschen Bischofskonferenz und dem Erzbistum Berlin abgestimmt.



Nach der Visite des päpstlichen Reisemarschalls Alberto Gasbarri im Februar war die Entscheidung zunächst für die Preußen-Residenz gefallen, auch wenn das Stadion nie ganz von der Liste gestrichen schien. Der barocke Kuppelbau, ein Wahrzeichen Berlins, gäbe auch eine unverwechselbare Kulisse für die Papstmesse ab, wären da nicht die zunehmend deutlicher werdenden Platzprobleme. Zwar war von bis zu 40.000 möglichen Teilnehmern auf dem Schlossplatz und 30.000 in den angrenzenden Straßen die Rede. Für nur wenige würden jedoch Stühle oder Hocker bereit stehen, erklärte das Erzbistum Berlin vorsorglich angesichts der mit Vorprogramm mehrstündigen Veranstaltung. Unklar blieb, inwieweit Besuchern erlaubt würde, eigene, provisorische Sitzgelegenheiten mitzubringen. Vielen würden zudem Bäume die Sicht auf Benedikt XVI. verdecken.



Viele Gründe gegen Schlossplatz

In den Pfarreien wuchs deshalb vor allem bei älteren und behinderten Mitgliedern, aber auch bei Familien mit kleinen Kindern der Unmut. Viele fühlten sich bei der Vorbereitung "nicht ernst genommen", hieß es. Zur Beruhigung trug nur wenig bei, dass Weihbischof Matthias Heinrich versicherte, dass Erzbistum bemühe sich intensiv um möglichst viele Sitzgelegenheiten. Er räumte zugleich ein, dass wie bei den anderen Papstgottesdiensten die für Fluchtkorridore und Feuerwehrzufahrten zuständigen Stellen das letzte Wort haben.



Kritiker der ursprünglichen Standortwahl meldeten sich auch von außerhalb zu Wort. So mahnte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, angesichts des unerwartet großen Interesses über Alternativen nachzudenken. "Macht das Stadion auf und lasst Ihn rein", proklamierte auch der Berliner Diözesanrat der Katholiken. In Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), auch er ist katholisch, hatte das Olympiastadion von Anfang an ebenfalls einen Befürworter, der den Papstbesuch als wichtiges Ereignis für alle Berliner wertet. Zuletzt erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, das Votum für das Charlottenburger Schloss sei "kein Dogma".



Erinnerung an Papst Johannes Paul II.

Die Vorstellung, dass viele Berliner Katholiken die Papstmesse nur vor dem Fernseher oder allenfalls beim Public Viewing miterleben könnten, mag schließlich den Ausschlag gegeben haben. Das Stadion der erneut in die Erste Bundesliga aufgestiegenen Hertha BSC bietet nun fast 75.000 Sitzplätze, die zudem überdacht sind. Die Angst, Benedikt XVI. könnte zum Auftakt seiner Visite vor weithin leeren Rängen zelebrieren müssen, erweist sich immer mehr als unbegründet. Bislang haben sich nach Kirchenangaben über 50.000 Interessenten für die Berliner Papstmesse angemeldet.



Nach Johannes Paul II. 1996 ist nun zum zweiten Mal mit Benedikt XVI. ein Papst im Olympiastadion zu Gast. Während damals die Seligsprechung der Priester und NS-Gegner Bernhard Lichtenberg und Karl Leisner im Zentrum stand, ist diesmal noch ungewiss, worauf Benedikt XVI. hier den Schwerpunkt seiner Predigt setzen wird. Ein Ort ohne religiöse Bezüge ist die für die Olympiade von 1936 gebaute Arena jedenfalls nicht, wie es auf den ersten Blick scheinen mag: 1952, 1958, 1980 und 1990 war sie bereits Veranstaltungsstätte großer Katholikentage. Seit der Eröffnung vor fünf Jahren wird überdies ihre Stadionkapelle - eine von drei bundesweit - bei Sportlern und Fans immer beliebter.



Freude bei Katholiken

Der Geschäftsführer der Olympiastadion Berlin GmbH, Joachim E. Thomas, verwies auf die guten Voraussetzungen der Arena für die Ausrichtung der Messe. "Die vor Ort bereits vorhandene Infrastruktur für Großveranstaltungen, die hervorragende Anbindung an den ÖPNV, die Möglichkeit über 70.000 überdachte Plätze mit guter Sicht auf den Heiligen Vater zu bieten - das sind nur einige schlagkräftige Argumente, die für das Olympiastadion Berlin sprechen." Nun stünden die Detailplanungen für die Veranstaltung an. Diese würden gemeinsam mit der Kirche, dem Veranstalter und den Behörden in den nächsten Wochen vorangetrieben.



Als "gute und richtig" bewertete der Diözesanratsvorsitzende Wolfgang Klose die Entscheidung. "Es ist gut, dass die Kirche Entscheidungen auch überdenkt, wenn es Kritik gibt." Er habe viele positive Rückmeldungen nicht nur aus den Berliner Kirchengemeinden und Dekanaten, sondern aus dem ganzen Erzbistum erhalten.



Auch CDU-Fraktionschef Frank Henkel, der selbst Katholik ist, sprach von einer guten Entscheidung. So viele Menschen wie möglich sollten Gelegenheit haben, den Heiligen Vater zu sehen und seine Worte zu hören, sagte Henkel dapd. Er erwarte von der Messe einen klaren Bezug zur Frage der Bedeutung des Glaubens insgesamt. Zudem würde er sich wünschen, dass von dem Besuch noch einmal ein "Signal in Richtung Ökumene" ausgehe.