Weihnachten im Vatikan - eine Bilanz

Fest der klaren Worte

Nach den Briefbomben gegen ausländische Botschaften in Rom, nach gewaltsamen Demonstrationen und nach manchen Befürchtungen im Vorfeld verlief das Weihnachtsfest in Rom diesmal ohne Zwischenfälle. Unerwartetes gab es dennoch. Wie die Worte des Papstes zur Lage der Kirche in China.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)


Die Sicherheitsmaßnahmen rund um Papst und Vatikan waren diesmal nicht schärfer als in den Vorjahren, in denen die Geheimdienste mitunter Terrorwarnungen erhielten. Mehr als verwirrte Papstfans oder Drohbotschaftern italienischer Anarchisten bereitete den Gläubigen in diesem Jahr das Wetter Sorgen. Allerdings ließ der Dauerregen an Heiligabend kurz vor der Mitternachtsmette des Papstes etwas nach. Und auch beim Segen "Urbi et orbi" am Samstag mussten die Schirme erst am Ende wieder aufgespannt werden.



Blutige Zwischenfälle mit christlichen Opfern gab es unterdessen auf den Philippinen und in Nigeria, vermutlich mit islamistischem Hintergrund. Mit Trauer und Entschiedenheit verurteilte Benedikt XVI. am Zweiten Weihnachtstag die "absurde Gewalt" auf katholische Kirchen und auf Gläubige während der Weihnachtsgottesdienste. Auch in anderen Teilen der Welt, etwa in Pakistan, sei die Erde von Blut befleckt, beklagte der Papst. Er sprach den Opfern sein Beileid aus und appellierte an die Täter, "den Weg des Hasses zu verlasen und nach friedlichen Konfliktlösungen zu suchen".



Schon in seiner Weihnachtsbotschaft vom Samstag, die diesmal nicht nur über TV und Radio, sondern auch im Internet zu empfangen war, hatte das katholische Kirchenoberhaupt Gewalt in den Krisenherden der Welt verurteilt und Frieden gefordert. Er verlangte gerechte Lösungen für den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern, aber auch in Teilen Afrikas und Lateinamerikas. Vor allem aber mahnte er Religionsfreiheit an: für die Christen im Nahen Osten und ausdrücklich auch für die in China.



Erstmals zur Lage der Kirche in China

Es war das erste Mal, dass sich der Papst bei dieser weltweit verbreiteten Zeremonie und mit dieser Deutlichkeit zur Lage der Kirche in China äußerte; dass er den Gläubigen wegen der Einschränkungen ihrer Religions- und Gewissensfreiheit Mut zusprach. Er mahnte sie zu Geduld und Treue zu Christus und zur Kirche und dass bekundete ihnen Solidarität angesichts der Diskriminierungen und Verfolgungen. Ungewöhnlich war zudem, dass Benedikt XVI. auch die politischen und religiösen Führungskräfte der Volksrepublik ausdrücklich in den Blick nahm: Gott möge sie dazu anleiten, "sich für die volle Achtung der Religionsfreiheit aller einzusetzen", so die Hoffnung des Papstes.



Schon in den vergangenen Tagen hatte sich der Vatikan mehrfach kritisch zu den jüngsten unerlaubten Bischofsweihen und -versammlungen in China geäußert. Jetzt nutzte Benedikt XVI. das Weltforum seiner Weihnachtsansprache für eine weitere Mahnung. Die chinesischen Behörden reagierten rasch. Die britische BBC, die die Papstworte live ausstrahlte, wurde von Peking durch Störsender ausgeblendet. Dies sei ein übliches Vorgehen, wenn den chinesischen Behörden ausgestrahlte Inhalte nicht gefielen, erläutere der Londoner Sender.



Benedikt XVI. beließ es zu Weihnachten nicht bei Aufrufen zu Frieden und Solidarität. Als Geste christlicher Nächstenliebe, die von der Krippe in Bethlehem ihren Ausgangspunkt genommen habe, lud er am Zweiten Weihnachtstag rund 520 Arme, Bedürftige und deren Helfer und Betreuer aus römischen Sozialeinrichtungen zum Mittagessen in den Vatikan. Er selbst nahm an einem langen Tisch mit 14 Personen Platz, darunter ein Haitianer im Rollstuhl, ein Muslim aus Äthiopien - und ein Chinese.