Bei Nahost-Synode präsentieren sich selbstbewusste Ostkirchen

Orientalische Patriarchen als römische Papstwähler

Zukunft und Zeugnis der Christen in Nahost sind Thema und Anliegen der bis Sonntag im Vatikan tagenden Bischofssynode. Es geht um das Profil der bedrängten katholischen Minderheit in den politischen Krisen des Nahen Ostens - inmitten islamischer oder jüdischer Mehrheiten. Gleichzeitig spielt aber auch das Verhältnis zwischen Rom und den katholischen Ostkirchen, zwischen Papst, Vatikan und den mit weitgehender Eigenständigkeit ausgestatteten Patriarchaten des katholischen Orients eine Rolle. Und in diesem Verhältnis knirscht es mitunter.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Anders als bei bisherigen Bischofssynoden sind diesmal die Vertreter der Ostkirchen in der Mehrheit. 140 der 185 Synodenbischöfe gehören den sechs in der Region präsenten katholischen Ostkirchen an oder betreuen deren Gemeinden in Übersee. Da wurde in der Aula die allgemeine Bitte laut, der Vatikan möge den Anliegen und Sorgen der Ostkirchen mehr Beachtung schenken. Ein Synodaler klagte verbittert, die Kirche des Westens sei für alle offen, sogar für Atheisten, "warum nicht auch für die Ostkirchen". Vor allem aber werden Wünsche und Vorschläge zur kirchlichen und kirchenrechtlichen Stellung der katholischen Orientalen vorgetragen, zu denen man sich von der Synode Klärungen erhofft.



Deutlich äußerte sich in der Debatte der armenische Erzbischof Vartan Waldir Boghossian, der von Buenos Aires aus die Gläubigen seines Ritus in ganz Lateinamerika betreut. Die Patriarchen der katholischen Ostkirchen sollten zur Papstwahl zugelassen sein, sagte er, ohne dass sie dazu eigens den lateinischen Titel eines Kardinals benötigten. Hintergrund ist, dass derzeit keiner der sechs ostkirchlichen Patriarchen an einem Konklave teilnehmen könnte. Der Maronit Nasrallah Sfeir wie der Chaldäer Emmanuel III. Delly sind jenseits der Altersgrenze von 80 Jahren, und die Oberhäupter der katholischen Kopten, Syrer, Armenier und Melkiten sind nicht im Kardinalsrang.



Kritik am Territorialkonzept

Weiter warf Boghossian die Frage nach dem im Ostkirchenrecht bedeutsamen Territorialkonzept auf. Es sei "schwer zu verstehen", warum von den 23 Kirchen eigenen Rechts die 22 Orientalischen in ihrer Eigenständigkeit auf ein bestimmtes Territorium begrenzt seien, während für die Lateinische Kirche die Begrenzung nicht gelte.



In der Tat haben die 22 katholischen Ostkirchen mit ihren knapp 20 Millionen Mitgliedern weitgehende Eigenständigkeiten etwa bei der Bischofsernennung oder für die Kirchendisziplin - allerdings nur für ihr Territorium. Für die Kirchen des Nahen Ostens, für die katholischen Patriarchate von Antiochien und Alexandrien, aber auch für die Armenier ist hier das Gebiet des früheren Osmanischen Reiches von 1917 ausschlaggebend. So werden Bischöfe dieser Patriarchal-Kirchen von den jeweiligen Synoden gewählt und ernannt, und der Papst bestätigt die Entscheidung.



Diese Form gilt jedoch nur für das jeweilige Territorium. Melkitische oder armenisch-katholische Bischöfe etwa in den USA oder Lateinamerika werden von Rom nach dem gleichen Prozedere wie lateinische Kirchenführer nominiert. Und syrisch-katholische oder chaldäische Geistliche, die ihre Gemeinde in die Diaspora oder in die "Expansion" begleiten, bedürfen, sofern sie verheiratet sind, der Zustimmung des Heiligen Stuhls.



Schlussdokument mit Spannung erwartet

Diese Fragen beschäftigen bereits seit Jahren die Diskussion zwischen dem Vatikan und den katholischen Orientalen. Die Ostkirchenkongregation unter ihrem Präfekten Leonardi Sandri ist in besonderer Weise in die Vorbereitung der Nahost-Synode eingebunden. Im Vorfeld hat der Vatikan eine statistische Erhebung für ihren Bereich mit neueren Zahlen vorgelegt. Sie machen deutlich, dass die ukrainisch-katholische Kirche - von einem Großerzbischof geleitet - mit 4,3 Millionen Mitgliedern die größte katholische Ostkirche bildet, gefolgt von den Syro-Malabaren in Indien (3,6 Millionen) und den Maroniten mit drei Millionen Gläubigen.



Der weitere Verlauf der Synode und spätestens das nachsynodale Schlussdokument des Papstes werden deutlich machen, inwieweit das Bischofstreffen neben pastoralen Aspekten zu Nahost auch ekklesiologische Fragen der katholischen Ostkirchen weiterbringt.