Papst Benedikt XVI. vor schwieriger Reise in Krisenregion

Zypernfrage, Nahostkonflikt, Synodenauftakt

Papst Benedikt XVI. startet heute zu einer mit Spannung erwarteten, schwierigen Reise nach Zypern. Einen Monat nach dem Besuch im idyllischen Marienheiligtum Fatima betritt er jetzt ein politisch geteiltes Krisenland, das in den vergangenen Tagen zusätzlich in den Sog des Nahost-Konflikts hineingeraten ist.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Sicher wird Benedikt XVI. bei seinen Treffen mit Diplomaten und Politikern in Nikosia auf die israelische Militäraktion gegen die Solidaritätsflotte für Gaza hinweisen. Bereits am Mittwoch hatte er in einem öffentlichen Appell die Gewalt und den Verlust von Menschenleben öffentlich verurteilt.

Neben Serbien und Moldawien war Zypern bislang der letzte weiße Fleck auf der europäischen Reisekarte der Päpste. Es ist zugleich die erste Reise von Benedikt XVI. in ein mehrheitlich orthodoxes Land. Die Ökumene bildet daher ein zentrales Thema seines 16. Auslandsbesuchs. Schon auf dem Flughafen trifft er mit dem orthodoxen Kirchenoberhaupt Chrysostomos II. zusammen. Gemeinsam mit ihm feiert der Papst anschließend einen ökumenischen Gottesdienst im Paulus-Heiligtum von Paphos.

Allerdings sind die bislang guten Kontakte zwischen Rom und Nikosia im Vorfeld der Papstreise in eine Belastungsprobe geraten. Zwei konservative Insel-Oberhirten lehnen den Dialog- und Ökumenekurs der Kirchensynode unter Chrysostomos ab. Man muss abwarten, wie geschlossen die zyprische Orthodoxie das katholische Kirchenoberhaupt begrüßt, oder ob es zu einem Teilboykott kommt.

Neben der Ökumene und dem Kontakt zur eigenen Kirche - gerade 25.000 der knapp 800.000 Bewohner Zyperns sind katholisch - ist natürlich die aktuelle Lage der seit 1974 geteilten Mittelmeerinsel ein Thema. Benedikt XVI. beschränkt seine Visite auf den Südteil der Republik Zypern. Die nur von Ankara anerkannte «Türkische Republik Nordzypern» kann er nur vom Fenster der direkt an der Demarkationslinie stehenden Nuntiatur aus sehen, in der er während seines dreitägigen Aufenthaltes residiert.

In seinen Ansprachen wird Benedikt XVI. auf die Situation und die Folgen der Teilung eingehen - bis hin zum Kunst- und Kulturraub im Norden - und zur friedlichen Konfliktlösung aufrufen. Er wird das Zypernproblem erneut in die Weltöffentlichkeit bringen, auch wenn seine Chancen gering sind, mit dem Besuch eine politische Lösung erzielen zu können.

Der Papstbesuch reicht jedoch über die Grenzen Zyperns hinaus.
Benedikt XVI. hat die Insel mit ihrer Brückenfunktion zwischen Orient und Okzident, zwischen Europa und Nahost, zwischen östlicher und westlicher Christenheit gewählt, um von hier aus erneut den Blick in Richtung Nahen und Mittleren Osten, nach Jerusalem und zum Heiligen Land zu richten.

Zypern bilde im Miniaturmaßstab viele Probleme der Region ab, sagte der Vatikanbotschafter in Zypern, Erzbischof Antonio Franco, der auch für Jerusalem, Israel und die Palästinensergebiete zuständig ist: Die ungeklärte Territorialfrage, die Teilung des Landes, das Nebeneinander verschiedener Völker und Religionen, das Gegenüber von Christen und Muslimen. All diese politischen, sozialen, kulturellen und religiösen Probleme des Nahen Ostens sollen bei der nächsten Bischofssynode zur Sprache kommen - deren feierlichen Auftakt der Papst jetzt in Zypern zelebriert.

Zwischen Kairo, Bagdad und Teheran bilden die Christen - sieht man vom Libanon ab - eine verschwindend kleine, oft diskriminierte, vielfach in der Existenz bedrohte Minderheit. Die Abwanderung vor allem junger Christen aus dem Heiligen Land wie aus dem Irak stellt den Fortbestand der Kirchen in ihren Ursprungsregionen in Frage. Die vom Papst anberaumte Bischofssynode im Oktober in Rom will dieses Problem auf Ebene der Weltkirche beraten. Die Zypernreise gibt für diese Großkonferenz eine entscheidende Weichenstellung vor.