Papst Benedikt XVI. besorgt über Glaubensrückgang in Portugal

Der Heilige Vater in Portugal

Papst Benedikt XVI. hat sich bei seiner ersten großen Messe in Portugal besorgt über einen Rückgang an Glaubenssubstanz geäußert und zu einer christlichen Erneuerung aufgerufen. Man sorge sich oft mühevoll um die sozialen, kulturellen und politischen Auswirkungen des Glaubens und setze dabei als selbstverständlich voraus, dass dieser auch vorhanden sei.

Lissabon: Der Papst ist da (KNA)
Lissabon: Der Papst ist da / ( KNA )

"Das entspricht aber leider immer weniger der Wirklichkeit", sagte das Kirchenoberhaupt am Dienstagabend bei dem Gottesdienst auf dem Platz Terreiro do Paco nahe des Tejo in Lissabon.

Benedikt XVI. erinnerte daran, dass von Portugal aus in der Vergangenheit Missionare in alle Welt gelangten und den christlichen Glauben ausbreiteten. In der Gegenwart lege man vielleicht zu großes Vertrauen in die kirchlichen Strukturen und Programme, in die Verteilung der Macht und der Aufgaben. Priorität haben müsse dagegen, dass alle christlichen Frauen und Männer die Ideale des Evangeliums lebten. Es komme darauf an, die Botschaft vom Tod und der Auferstehung Christi entschlossen zu verkündigen, unterstrich das Kirchenoberhaupt. Sie stelle sicher, dass «keine gegnerische Macht je die Kirche zerstören können wird».

Bedeutung der kulturellen Identität
Ausdrücklich appellierte Benedikt XVI. in seiner Predigt an die Portugiesen, ihre kulturelle und religiöse Identität zum Aufbau der Europäischen Union einzubringen.

In seinem Grußwort würdigte der Patriarch von Lissabon, Kardinal Jose da Cruz Policarpo, den Papst für den Mut, den er auch in Schwierigkeiten bewiesen habe. Die Gläubigen antworteten darauf mit langem Beifall. Ferner bekannte sich der Kardinal zu einer für Einwanderung offenen Gesellschaft. Portugiesen seien in der Geschichte in alle Welt hinausgezogen. Umgekehrt müssten sie jetzt offen sein für die Menschen, die auf der Suche nach Arbeit oder als Immigranten kämen, auch wenn sie einer anderen Religion angehörten

Hundertausende Gläubige
Zur ersten Messe des Papstes in Portugal fanden sich nach Angaben der Organisatoren rund 300.000 Menschen ein, Beobachter sprachen von 100.000 Teilnehmern. Die Gläubigen begrüßten Benedikt XVI. mit lebhaftem Jubel und Sprechchören. Für die Feier galten strenge Sicherheitsvorkehrungen.

Nach dem Gottesdienst erinnerte Benedikt XVI. an die Fertigstellung des Christkönigsdenkmals am anderen Ufer des Tejo vor 50 Jahren. Die 28 Meter hohe Statue auf ihrem 75 Meter hohen Sockel war nach einem Gelübde in Dankbarkeit dafür errichtet worden, dass Portugal vom Zweiten Weltkrieg verschont wurde. Die Figur verweise auf das Kreuz, an dem Jesus den Frieden für die Welt errungen und sich als König und Knecht offenbart habe, sagte der Papst.

Stellungnahme zur Debatte um Missbrauch
Zuvor hatte der Papst erneut Stellung zum Missbrauchskandal in der Kirche bezogen: «Die Leiden der Kirche kommen gerade aus dem Inneren. Die Sünde existiert im Inneren der Kirche», so der Papst auf dem Flug nach Lissabon. Nötig seien die Bereitschaft zu Buße und Reinigung, aber auch zu einer juristischen Aufarbeitung. «Das Vergeben ersetzt nicht Gerechtigkeit», sagte Benedikt XVI. Man müsse realistisch sein und anerkennen, dass es immer «Attacken des Bösen» geben werde, am Ende sei Christus aber stärker.

Mit Blick auf die auch Portugal betreffende Wirtschafts- und Finanzkrise warnte der Papst beim Empfang beim portugiesischen Präsidenten vor einer Wirtschaft ohne ethische Grundlagen. Die Krise zeige, «dass ein reiner ökonomischer Pragmatismus, der von der Wirklichkeit des Menschen als ethisches Wesen absieht, nicht gut ausgeht, sondern unlösbare Probleme schafft». Ethik stehe nicht außerhalb von Vernunft und pragmatischem Handeln, sondern liege in deren Innerem, so der Papst.

Menschen als "Boten der Hoffnung"
Auch der portugiesische Präsident verwies ausdrücklich auf die Wirtschaftskrise und hieß den Papst «in Zeiten der Unsicherheit» willkommen. In dieser Zeit seien Menschen gefragt, die als «Boten der Hoffnung» den Durst der Menschen nach Gerechtigkeit und Solidarität befriedigten. Die Wirtschaftkrise sei «teilweise brutal und unfair» zu spüren. Notwendig sei eine Kultur, die im Dialog die Verschiedenheiten anerkenne und ihnen Rechnung trage, so Cavaco Silva.

Höhepunkt der 15. Auslandsreise des Pontifex ist in den nächsten Tagen ein Besuch im Marienwallfahrtsort Fatima. Das sogenannte dritte Geheimnis von Fatima, in dem von Angriffen auf einen in Weiß gekleideten Bischof die Rede ist, habe sich in erster Linie auf Johannes Paul II. bezogen, erklärte Benedikt XVI. zu den Erscheinungen der Seherkinder von 1917. Auf den Vorgänger des amtierenden Papstes war 1981 ein Attentat verübt worden. Die «Notwendigkeit des Leidens der Kirche» sei aber für die ganze Kirche zu verstehen. Bezeichnend sei, dass Fatima auf diese Prophezeiung eine allgemeine Antwort gebe: den Aufruf zu dauernder Bekehrung, Buße und Gebet.

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