2009 war ein arbeitsintensives Jahr für Papst und Vatikan

Piusbrüder - Heilig-Land-Besuch - Afrika-Synode

Für Papst und Vatikan war 2009 kein leichtes Jahr - zumindest in den ersten Monaten. Zwar erwiesen sich die Heilig-Land-Reise, die erste Sozialenzyklika und auch die Afrika-Synode als Erfolge mit öffentlicher Breitenwirkung. Zunächst aber sorgte das Versöhnungsangebot des Papstes an die traditionalistische Piusbruderschaft für Erregung. Die Rücknahme der Exkommunikation für den Holocaustleugner Richard Williamson entwickelte sich zum Eklat.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Die Williamson-Affäre machte Kommunikationspannen im Vatikan offenbar. Benedikt XVI., der trotz seiner 82 Jahre auch 2009 ein dichtes Arbeitspensum absolviert, musste Erklärungen und Entschuldigungen nachreichen, um Missdeutungen der kirchenrechtlichen Begnadigung abzubauen. Selbst die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel meldete sich zu Wort - und irritierte damit wiederum einen Teil der Christdemokraten. Ruhe kehrte erst wieder ein, als der Papst die für die Pannen verantwortliche Kommission «Ecclesia Dei» auflöste, neu besetzte und direkt der Glaubenskongregation unterstellte. Seit Ende Oktober diskutiert eine bilaterale Dialoggruppe von Vatikan und Piusbrüdern über die eigentlichen Streitfragen: das Verständnis vom Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) und die kirchliche Lehre zu Ökumene, Religionsfreiheit und interreligiösem Dialog.

Die Aufregung um die Piusbrüder belastete zu Jahresbeginn auch andere Papst-Initiativen. Die Ernennung des konservativen Geistlichen Gerhard Wagner zum Weihbischof in Linz erregte die Gemüter so sehr, dass der Papst sie bald zurückzog. Auch seine Afrika-Reise war anfangs von einer Diskussion über Kondome gegen Aids überschattet. Erst nach drei Tagen fanden auch die Aufrufe des Papstes für Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität und gegen Armut, Gewalt und Korruption öffentliche Resonanz.

Danach aber erwies sich die Nahost-Reise des Papstes als Erfolg. In Jordanien gab das Treffen mit muslimischen Würdenträgern dem Dialog mit dem moderaten Islam Auftrieb. Der Appell für einen gerechten und dauerhaften Nahost-Frieden und für eine Zwei-Staaten-Regelung fand internationale Aufmerksamkeit. In Israel wurde zwar zunächst Kritik an der Papstrede in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem laut.
Aber sie wurde durch anderslautende Stimmen, und durch freundliche Gesten Benedikt XVI. beim Besuch der Klagemauer, beim Disput im Großrabbinat und bei einem interreligiösen Friedenstreffen kompensiert. Und auch die einheimischen Christen, die sich vorab als Opfer israelischer Instrumentalisierung wähnten, kamen keinesfalls zu kurz.

Breite und positive Resonanz fand dann auch die Sozialenzyklika des Papstes, die im Juli passend zum G-8-Gipfel und zum Antrittsbesuch von US-Präsident Barack Obama im Vatikan erschien. In «Caritas in veritate» entfaltete der Theologen-Papst die Idee einer neuen Weltordnung. Ungewöhnlich konkret äußerte er sich zu Verzerrungen und Missständen in Wirtschafts- und Finanzsystemen: zu Hunger und Armut, zum wachsenden Graben zwischen Arm und Reich, zum Recht auf Arbeit, zum Umweltschutz. Die Kernbotschaft: Die Wirtschaft braucht für ihr korrektes Funktionieren ein ethisches Fundament.

Zu den Großereignissen des Jahres gehörte auch die Afrikasynode.
Dringender denn je brauche der Kontinent Versöhnung, Gerechtigkeit, Frieden und internationale Solidarität, lautete ihre Botschaft.

Für Aufsehen sorgte gegen Jahresende eine neue Initiative für übertrittswillige Anglikaner. In neuen Kirchenstrukturen sollen Gruppen von Konvertiten eine Heimat finden. Dies bedeute kein Missionieren oder Abwerben von Mitgliedern anderer Konfessionen, stellte der Vatikan klar. Der ökumenische Dialog mit den Anglikanern gehe weiter, unterstrich Benedikt XVI. beim Besuch von Primas Rowan Williams.

Unterschiedliche Resonanz fand kurz vor Weihnachten die gleichzeitige Zuerkennung des «heroischen Tugendgrades» für Johannes Paul II. (1978-2005) und für Pius XII. (1939-1958). Vor allem jüdische Gemeinden kritisierten die Vorstufe der Seligsprechung für den Pacelli-Papst. Man hätte zuvor alle Vatikanarchive öffnen und die Behauptungen über sein angebliches «Schweigen» zur Judenverfolgung aufarbeiten sollen, hieß es. Die Diskussion wird auch die erste große Vatikan-Initiative 2010 beschäftigen: Am 17.
Januar will Benedikt XVI. die römische Synagoge besuchen.