Papst ruft Tschechiens Jugend zu christlichem Engagement auf

"Seid gläubig und glaubwürdig"

Papst Benedikt XVI. hat die katholischen Jugendlichen Tschechiens aufgerufen, "gläubig und glaubwürdig" für christliche Ideale einzutreten. Heiligkeit bedeute, nicht auf den eigenen Vorteil, sondern auf das Gemeinwohl zu schauen, sagte der Papst bei einer Messe in Stara Boleslav (Altbunzlau) am Montag vor mehreren zehntausend Gläubigen. Als Vorbild verwies er auf den tschechischen Nationalheiligen Wenzel, dessen Gedenken die Kirche an diesem Tag feierte.

Papst: Wenzel ist ein Vorbild der Heiligkeit für alle (KNA)
Papst: Wenzel ist ein Vorbild der Heiligkeit für alle / ( KNA )

Der Papst nannte den ersten böhmischen König «ein Vorbild der Heiligkeit für alle, besonders für jene, welche die Geschicke der Menschen und der Völker lenken». An der Messe nahm auch Tschechiens Staatspräsident Vaclav (Wenzel) Klaus teil, der an diesem Tag seinen Namenstag feierte.

Wenzel, der 935 in Stara Boleslav durch die Hand seines Bruder starb, sei ein Märtyrer für Christus, sagte der Papst. Ähnlich wie bei Christus am Kreuz habe sein Blut «nicht Hass und Rache hervorgerufen, sondern Vergebung und Frieden».

Benedikt XVI. warnte die Jugendlichen vor falschen Bildern von Macht. Das vergangene Jahrhundert habe «nicht wenige Machthaber fallen sehen, die scheinbar fast unerreichbare Höhen erklommen hatten», sagte der Papst. Wer Gott leugne und die Menschen nicht achte, könne äußerlich Erfolg haben. «Aber es genügt, an der Oberfläche zu kratzen, um festzustellen, dass in diesen Menschen Traurigkeit und Unzufriedenheit herrscht.» Für ein Vertrauen in die Menschen und den Aufbau einer gerechten Welt sei «heilige Gottesfurcht» unabdingbar, so der Papst.

"Konsumgesellschaft nutzt Sehnsucht der Jugend aus"
Das Streben der Jugend nach Glück wird nach Worten von Papst Benedikt XVI. von der Konsumgesellschaft auf «falsche und entfremdete Weise» ausgenutzt. Wer sich auf illusorische Trugbilder künstlicher Paradiese einlasse, finde sich schließlich in einer «traurigen Einsamkeit» wieder, warnte der Papst am Montag in einer Botschaft an junge Katholiken im tschechischen Stara Boleslav (Altbunzlau).

Die Sehnsucht der Jugendlichen müsse ernstgenommen werden und erfordere die «wahre und umfassende Antwort» des christlichen Glaubens, sagte das Kirchenoberhaupt. Zugleich lobte der Papst die Bemühungen vieler junger Menschen, ihr Leben nach christlichen Maßstäben auszurichten. Er verwies auf das Vorbild des heiligen Augustinus (354-430). Dieser Kirchenvater habe entdeckt, dass nur Jesus Christus die Sehnsucht nach einem sinnerfüllten Leben stillen könne, so der Papst.

Benedikt XVI. verlas seine Botschaft an die Jugend Tschechiens und der Nachbarländer am Ende eines Festgottesdienstes für den tschechischen Nationalheiligen Wenzel von Böhmen. Zu der Messe hatten sich mehrere zehntausend vor allem junge Pilger im Wallfahrtsort Stara Boleslav unter freiem Himmel versammelt.

Benedikt XVI. rief die Jugendlichen auf, sich ihres christlichen Auftrages bewusst zu werden. Viele von ihnen seien berufen, Ehen zu schließen und christliche Familien zu gründen. Auch Berufungen zum Priesterdienst oder zum geweihten Leben sollten die Jugendlichen ohne Zögern folgen. Kirche und Gesellschaft hätten auch in Tschechien Priester und Ordensleute nötig, die ein heiliges Leben führten. «Ihr, liebe Jugendliche, seid die Hoffnung der Kirche», rief der Papst. Anschließend sprach er eine Einladung zum Weltjugendtag in Madrid im August 2011 aus.

An die zahlreichen Gäste aus Deutschland und Österreich gewandt sagte Benedikt XVI.: «Ganz herzlich grüße ich die Jugendlichen und alle Pilger aus den deutschsprachigen Nachbarländern. Danke für euer Kommen!» Ihre Teilnahme an diesem Fest des Glaubens sei ein Zeichen, dass sie in Jesus Christus und der Kirche Antworten auf ihre Fragen suchten.

Gottesdienst in Brno am Sonntag
Am Sonntag hatte Papst Benedikt XVI. in Brno (Brünn) eine Messe unter freiem Himmel gefeiert. Mit rund 100.000 Teilnehmern war der Gottesdienst in der Provinzhauptstadt der katholisch geprägten Region Südmähren die größte Veranstaltung des dreitägigen Pastoralbesuchs. In seiner Predigt rief Benedikt XVI. die Katholiken zu einem entschlossenen Eintreten für ihren Glauben auf. Viele Formen der Armut in der aktuellen Gesellschaft entstünden aus menschlicher Isolation und aus einer Ablehnung Gottes. Am Ursprung stehe ein «tragisches Verschließen des Menschen in sich selbst, der meint, sich selbst genügen zu können».

Zu der Messe auf dem auf dem Flughafengelände von Brno-Turany waren zahlreiche Pilger aus der Slowakei, aus Ungarn und Polen sowie aus Österreich und Deutschland angereist. Mit dem Papst konzelebrierten rund 50 Bischöfe und mehr als 1.000 Priester, darunter auch der Kölner Kardinal Joachim Meisner.

Die gegenwärtige Kultur in Tschechien stelle eine «radikale Herausforderung für den Glauben» dar, sagte Benedikt XVI. Er kritisierte eine Verdrängung von Religion ins Privatleben und eine Verkürzung menschlicher Hoffnung auf wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt.

Mit Blick auf die kommunistische Vergangenheit warnte Benedikt XVI. vor einer Verdrängung des Glaubens aus der Gesellschaft: Die Erfahrung der Geschichte zeige, «zu welcher Sinnlosigkeit der Mensch gelangt, wenn er Gott von seinem Entscheidungs- und Handlungshorizont ausschließt».

Papst warnt Universitäten vor Verlust ihrer Freiheit
Am Nachmittag hielt der Papst vor der universitären Elite Tschechiens ein Plädoyer für die akademische Freiheit gehalten. Nach dem «Sieg des menschlichen Geistes» über eine totalitäre Ideologie dürfe die Forschung jetzt nicht Beute eines Relativismus werden, der Vernunft und Wahrheit voneinander abkoppele, warnte Benedikt XVI. in einer Rede vor rund 500 Vertretern des akademischen Lebens am Sonntag in der Prager Burg. Eingeladen hatte der Rektor der traditionsreichen Karlsuniversität, Vaclav Hampl.

Eine protokollarische Überraschung gab es bei der Begrüßung des Papstes durch einen Studenten der Universität. Der junge Mann, Mitglied der Theologischen Fakultät, erklärte einleitend, dass er in einer bewussten Entscheidung die Grußworte nicht wie vorgesehen auf Englisch, sondern in der Muttersprache des Papstes auf Deutsch sprechen wolle.

Benedikt XVI. erinnerte in seiner Rede im historischen Vladislav-Saal an den Beitrag der Universitäten zur «samtenen Revolution» von 1989. Die Reformbewegungen hätten ihren Ursprung gerade an den Hochschulen und in Studentenkreisen. Das Kirchenoberhaupt sprach von einer unaufgebbaren Sehnsucht nach Freiheit und Wahrheit. «Sie kann nie ausgelöscht werden; und wenn sie geleugnet wird, dann gerät, wie es die Geschichte gezeigt hat, das Menschsein selbst in Gefahr.» - Der Applaus nach der Papstrede war der bisher längste und lebhafteste der Reise, die noch bis Montag dauert.

Eine wachsende Informationsflut und Fragmentierung des Wissens bergen nach Worten des Papstes die Gefahr eines Relativismus, «hinter dem neue Bedrohungen für die Autonomie der akademischen Einrichtungen lauern können». Zwar sei die Zeit der Eingriffe durch einen politischen Totalitarismus vorbei. Vielfach gerate aber die akademische Forschung «auf subtile und weniger subtile Weise» unter Druck ideologischer Interessensgruppen. Benedikt XVI. warnte vor einer Kultur, die sich auf Modethemen oder auf «den am lautesten beworbenen oder am besten finanzierten Ansichten» gründe.

Das Streben der Freiheit nach Wahrheit sei ein Grundsatz des Christentums, der gerade die Universitäten hervorgebracht habe, betonte der Papst. Heutige Hochschulen dürften nicht aus Sorge um radikale Wertneutralität ihre lebensspendenden historischen Wurzeln abschneiden: «Unsere Gesellschaften werden nicht vernünftiger, toleranter oder flexibler werden, sondern brüchiger und weniger aufnahmefähig, und es wird ihnen immer schwerer fallen zu erkennen, was wahr, edel und gut ist.»

Benedikt XVI. wandte sich gegen die Auffassung, dass Religion und Vernunft Gegensätze darstellten. «Ich spreche zu Ihnen als jemand, der selbst Professor war und sich als solcher für das Recht auf akademische Freiheit und die Verantwortung für einen authentischen Umgang mit der Vernunft eingesetzt hat», sagte der Papst.

Die Behauptung, Fragen der Religion, des Glaubens und der Ethik hätten keinen Platz im Bereich der Vernunft, sei «keineswegs eine Grundsatzaussage». Vielmehr sei die europäische Bildungstradition gerade von der Kirche geprägt. Der Papst erinnerte dabei an die Gründung der Karlsuniversität 1347 unter Papst Clemens VI.

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