Sozialenzyklika des Papstes erscheint am Dienstag

Ethische Grundlage für die Weltwirtschaft

Die mit Spannung erwartete Sozialenzyklika von Papst Benedikt XVI. erscheint am kommenden Dienstag. Das Lehrschreiben mit dem Titel "Caritas in veritate" wird bei einer Pressekonferenz von den Vatikan-Ministern für Caritas und für Soziales, Kardinal Paul Josef Cordes und Kardinal Renato Raffaele Martino, vorgestellt, wie der Vatikan am Mittwoch mitteilte. Die Katholiken weltweit erhoffen sich von der Enzyklika Antworten auf die drängenden sozialen Fragen dieser Zeit.

Papst Benedikt XVI. unterzeichnet seine dritte Enzyklika "Caritas in veritate" (KNA)
Papst Benedikt XVI. unterzeichnet seine dritte Enzyklika "Caritas in veritate" / ( KNA )

Mehrfach wurde das große Dokument hinausgeschoben. Beobachter erwarteten es schon 2007 - zum 40. Jahrestag der Sozialenzyklika «Populorum progressio» von Paul VI., als dessen Fortschreibung es gilt. Denn Globalisierung und Internationalisierung der Finanzmärkte haben viele neue Frage aufgeworfen, zu denen auch die Kirche ihre Stimme einbringen will. Bereits im Sommerurlaub 2007 hatte Benedikt XVI. das Projekt im Gepäck. Dann aber musste er im vergangenen Herbst den fast fertigen Text zurückziehen: Die weltweite
Wirtschaft- und Finanzkrise erforderte eine nochmalige gründliche Überarbeitung. Bis zuletzt hat der Papst - nach Vorarbeit durch viele Experten - am Text gefeilt. Er soll ihn sogar bei seiner Heilig-Land-Reise mitgenommen und nochmals reflektiert haben. Zum Schluss sollen noch Schwierigkeiten bei der Übersetzung des Textes ins Lateinische die Veröffentlichung verzögert haben. Denn da die Sprache Ciceros und des Papsttums bislang keine Vokabeln für «Investmentbank» oder «Kreditklemme» kannte, müssen diese erst neu erfunden und sprachwissenschaftlich für gut befunden werden.

Der Inhalt des Lehrschreibens ist noch unter Verschluss. Es soll kein Wirtschafts-Papier mit technischen Vorschlägen sein, sondern grundsätzliche Prinzipien für das Verhalten in der Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitswelt aufzeigen. Mehrfach hatte sich der Papst in den vergangenen Wochen bereits zu seinem Projekt geäußert. Ihn beschäftigt die Frage nach Werten und Regeln für ein neues und weitsichtiges Entwicklungsmodell, das stärker den Erfordernissen von Solidarität und Menschenwürde Rechnung trägt. Die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise habe deutlich gemacht, dass bislang geltende Paradigmen neu überdacht werden müssten, sagte er vor wenigen Tagen vor amerikanischen Besuchern. Das gelte für die
Industrie- wie für die Schwellen- und Entwicklungsländer. In der aktuellen Krise sieht Benedikt XVI. einen Mangel an Ethik. Ein Wirtschaftssystem aber brauche Ethik, um funktionieren zu können, ansonsten richte es sich gegen den Menschen.

Globalisierung an sich sei nicht schlecht - das haben Papst und Vatikan mehrfach deutlich gemacht. Aber sie brauche klare Vorgaben. Nur so könne sie eine Chance für eine Entwicklung der Menschheit in Gerechtigkeit sein. In dem Schreiben will Benedikt XVI. dem Vernehmen nach daher auf den Kampf gegen Armut, Hunger und Gewalt und auf die Verteidigung des Lebens eingehen. Er dürfte die Ungleichheit von Arm und Reich, Fragen von Frieden und Abrüstung behandeln, über Ökologie und Klimaschutz sprechen und die Verantwortung für die Schöpfung anmahnen. Äußern wird er sich wohl auch zu den Wurzeln der Finanzkrise, zu persönlicher Habgier, Vergötterung des Geldes und Egoismus. Vor allem aber soll das Papstschreiben Wege zu Gerechtigkeit, Liebe und persönlicher Umkehr aufzeigen.