Papst singt mit Juden, Muslimen und Drusen Friedenslied

"Salam - Schalom"

Es war eine sehr ungewöhnliche Szene: Ein jüdischer Rabbi, ein muslimischer Scheich und in der Mitte der Papst hielten sich an den Händen. Gemeinsam sangen sie ein Friedenslied: "Salam - Schalom, Herr, gib uns Frieden". So ging das zweite interreligiöse Treffen dieser Papstreise mit einer einträchtigen Geste zu Ende, die den Eklat des ersten Treffens vergessen machte.

Autor/in:
Gabi Fröhlich
 (DR)

Keine erregte Anklage der Politik Israels durch den muslimischen Vertreter wie bei der Begegnung in Jerusalem am ersten Tag der Reise: In Nazareth demonstrierten die Gäste auf dem Podium des Pfarrsaales - alles gestandene Männer des Dialogs - dass harmonisches, interreligiöses Miteinander möglich ist. Die Stadt, in der Jesus seine Kindheit und Jugend verbrachte, liegt im israelischen Galiläa und damit etwas abseits des Konflikts, den man in Jerusalem geradezu mit der Luft einatmet.

Am Morgen war Benedikt XVI. zunächst von rund 50.000 zumeist arabischen Christen auf dem "Berg des Absturzes" am Rande Nazareths begeistert zum größten Gottesdienst dieser Reise begrüßt worden. Am Nachmittag stand ein Gespräch unter vier Augen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf dem Programm. Der Politiker bezeichnete die Begegnung anschließend als "gut": Der Papst habe die Drohungen des Iran gegen Israel genauso verurteilt wie jeglichen Antisemitismus.

Drusen mit weißen Hüten und langen Schnurrbärten, Juden mit Kippas, Mönche in unterschiedlichen Roben und muslimische Imame erwarteten das Kirchenoberhaupt dann im Pfarrsaal neben der Verkündigungsbasilika zum interreligiösen Treffen. Jeweils ein Vertreter jeder Glaubensgemeinschaft ergriff das Wort, unterstrich das gemeinsame Bemühen um Einheit und Frieden. Kein Wort von den Unruhen, die vor Jahren muslimische Pläne für eine riesige Moschee direkt neben der Verkündigungsbasilika ausgelöst hatten.

"Ich ermutige euch"
Benedikt XVI. selbst war es, der schließlich in seinem Grußwort auf die Auseinandersetzungen anspielte: "Ich ermutige euch, euch weiterhin um gegenseitigen Respekt zu bemühen, und darum, Spannungen über Kultstätten zu entschärfen. Schafft eine heitere Atmosphäre für Gebet und Betrachtung." Gleichzeitig erkannte der Papst die Mühe an, die das Ringen um ein harmonisches Miteinander bedeute.

Nachdem das Kirchenoberhaupt wieder auf seinen Platz zwischen Rabbi und Scheich zurückgekehrt war, ergriff Alon Goschen-Gottstein das Mikrofon, eine der großen Persönlichkeiten des interreligiösen Dialogs im Land. "Wir haben nun viel über den Frieden gesprochen", sagte er, "nun sollten wir für den Frieden beten." Da sie aber kein gemeinsames Gebet hätten, schlug der Rabbiner vor, die einfachen Worte "Salam - Schalom, Herr, gib uns Frieden" zu singen. Und stimmte an.

Ein wenig verdutzt wirkte Benedikt XVI., als er sich auf einmal Hand in Hand stehend zwischen den anderen Religionsvertretern wiederfand.
Aber dann lächelte er und stimmte leise in den Gesang mit ein. Im Anschluss wurde diskutiert, ob es sich dabei um ein Gebet handelte.
Bei früheren interreligiösen Begegnungen wie den großen Friedensgebetstreffen in Assisi wurde immer peinlich darauf geachtet, dass die unterschiedlichen Religionen auch in unterschiedlichen Räumen beteten.

"Benedikt, willkommen in Nazareth"
Anschließend stieg der Papst noch hinunter zu dem Ort, an dem die Geschichte Jesu ihren Anfang nahm: jene Grotte, in der nach alter christlicher Tradition der Engel Gabriel Maria die Geburt ihres Sohnes verkündete. Empfangen wurde Benedikt XVI. dort von heimischen
Klängen: der Bayern-Hymne - gespielt auf der Orgel.

Nach einem stillen Knien vor dem Altar betete er zum Abschied noch mit Bischöfen, Ordensleuten und kirchlichen Mitarbeitern die Vesper.
Und wurde dann von denselben Sprechchören verabschiedet, die ihn am Morgen empfangen hatten: "Benedetto! Benvenuto! A Nazareth.." - "Benedikt, willkommen in Nazareth." Per Hubschrauber ging es schließlich zurück nach Jerusalem, ins Epizentrum des Nahost-Konflikts.