Papst will in Nahost Christen stärken und Dialog fördern

Pilgerreise und Friedensmission

Impulse für den Friedensprozess, für die Ökumene und den interreligiösen Dialog; eine Pilgerfahrt zu den Heiligsten Stätten der Christenheit und eine Rückenstärkung für die bedrängten Christen im Heiligen Land. Fünf Tage vor seinem Abflug nach Amman, Jerusalem und Bethlehem hat Papst Benedikt XVI. die Motive und Ziele seiner zwölften Auslandsreise genannt. Und er hat sich damit gegen Spekulationen um eine Instrumentalisierung seines Besuchs gewandt.

 (DR)

Im Vordergrund der Reise stehen religiöse Akzente: Der 82-jährige Benedikt XVI. will unbedingt als Papst die Wirkungsstätten Jesu besuchen und mit den dortigen Christen zusammentreffen. Dafür nimmt er in Kauf, dass die Bedingungen für die Reise (noch) nicht optimal sind: Der Gaza-Krieg liegt erst kurz zurück, die neue israelische Rechts-Regierung hat kaum Tritt gefasst, die vatikanisch-israelischen Verhandlungen sind - trotz offenbarer Fortschritte - noch nicht am Ziel, und die Lage der einheimischen Christen ist weiterhin beunruhigend. Zudem könnte jederzeit der Streit um Pius XII. oder den traditionalistischen Holocaust-Leugner Richard Williamson wieder aufbrechen oder die Debatte mit den Muslimen um Menschenwürde, Vernunft, Gewalt und Toleranz.

Dass Benedikt XVI. auf eine Klärung all dieser offenen Fragen nicht warten will, macht seine Reise noch komplizierter. Im wesentlichen orientiert er sich am erfolgreichen Reiseprogramm von Johannes Paul II. aus dem Jahr 2000 - mit Veränderungen. Größeren Raum als damals nimmt - nach dem Debakel um die Regensburger Rede - die Begegnung mit dem Islam ein. In Amman besucht er zum zweiten Mal eine Moschee, spricht - trotz Drohungen von Islamisten - vor moderaten islamischen Geistlichen und Gelehrten.

Mehr Gewicht bekommt die Begegnung mit den einheimischen Christen. Erstmals wird es jetzt in Jerusalem eine päpstliche Open-Air-Messe geben, unterhalb des Ölbergs. Benedikt XVI. verzichtet auf einen Gottesdienst mit ausländischen Anhängern geistlicher Gemeinschaften am romantischen Ufer des Sees Genesareth. Stattdessen feiert er mit den Christen am «Berg des Absturzes» nahe dem arabischen Nazareth. Eine Ortswahl, die den Israelis aus Sicherheitsgründen nicht behagte; sie hätten den Papst lieber in Haifa gesehen. Auch die Anhänger des umstrittenen Moschee-Großbaus neben der christlichen Verkündigungskirche von Nazareth empfangen Benedikt XVI. wohl nicht mit offenen Armen. Zudem feiern die Israel genau an jenem Tag das 61-jährige Bestehen ihres Staates - für die Palästinenser der «Tag der Katastrophe».

Die Pilgerreise ist für den Papst auch eine Friedensmission, wie er am Sonntag nochmals betonte. Die Visite soll den Friedensprozess in der Region fördern und zu einem stabilen und dauerhaften Nebeneinander von Israelis und Palästinensern beitragen - in Gerechtigkeit und gegenseitigem Respekt. Das wird er vor jordanischen, israelischen und palästinensischen Politikern deutlich machen, aber auch gegenüber Religionsführern und bei den Großmessen.
Eine besondere Herausforderung wird dabei die Etappe jenseits der Checkpoints in Bethlehem.

Die Reise dient weiter der Ökumene, auch wenn der Besuch bei den Patriarchen in Jerusalem nicht mehr die Sensation ist wie der von Paul VI. während dessen Heilig-Land-Reise 1964 bei Athenagoras, dem orthodoxen Ehrenoberhaupt. Dann besucht der Papst in Jerusalem den Felsendom und die Klagemauer, trifft Muftis und Groß-Rabbiner. Von besonderer Bedeutung ist schließlich in Jerusalem der Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem. Benedikt XVI. steht dort nicht nur als Papst der katholischen Kirche sondern auch als «Sohn des deutschen Volkes», wie er vor drei Jahren bei seinem Besuch in Auschwitz formulierte. Von seinen Worten und seinen Gesten dort wird wesentlich der mediale Erfolg der zwölfen Auslandsreise abhängen.