Papst stellt in Kamerun das Evangelium über die Politik

Zurück zur Mission

Papst Benedikt XVI. hat die Katholiken in Kamerun zum Einsatz für die Armen und Benachteiligten aufgerufen. Es sei die Aufgabe von Christen, besonders von jenen, die soziale, wirtschaftliche oder politische Verantwortung tragen, am Aufbau einer gerechteren Welt mitzuwirken, sagte das Kirchenoberhaupt bei einem Treffen mit den Bischöfen Kameruns am Mittwoch in Yaounde. Dabei sollten sich die Menschen von der kirchlichen Soziallehre leiten lassen.

 (DR)

So groß der Empfang für den Papst war, so schnell ist wieder Alltag eingekehrt in Yaounde: Am Tag nach der Ankunft von Benedikt XVI. stehen die Menschen in Kameruns Hauptstadt vor den Zeitungskiosken und lesen auf den Titelseiten, was die bunte Presse des Landes über den Papst aus Deutschland berichtet: Dass die erste Fahrt ein Triumphzug gewesen sei, dass der Regierung sehr an einem reibungslosen Ablauf des Besuchs gelegen sei - und dass man eine «rettende Geste» des Kirchenoberhaupts gegen Korruption, Armut und die Verschwendung öffentlicher Mittel erwarte. Das Volk studiert die Schlagzeilen weitgehend ungerührt.

Der Mann, dem die Schlagzeilen gelten, absolviert währenddessen seinen ersten Besuchstag im Verborgenen. Auf dem Programm stehen die Höflichkeitsvisite bei Staatspräsident Paul Biya, ein Treffen mit den Bischöfen des Landes, am späteren Nachmittag ein Abendgebet mit Klerikern und Ordensleuten, an dem auch einige Vertreter anderer Konfessionen teilnehmen. Es ist der Vorabend des Namenstages von Joseph Ratzinger, und wie man den Theologen-Papst kennt, wird er ausgehend von den Schriftlesungen dieser Vesper bei seiner Predigt die Gestalt des Nährvaters Jesu in den Mittelpunkt stellen.

Geduldig und fromm sind sie seit jeher, die Kameruner, seien sie Katholiken, Muslime, Protestanten oder Animisten. Benedikt XVI. war die Freude anzumerken, dass er in ein Land reist, in dem Atheismus bislang ein Fremdwort geblieben ist - auch wenn dort, wo in den Städten der Wohlstand wächst, der Götze Konsum immer mehr Weihestätten erhält und westlicher Relativismus sein Haupt reckt.
Benedikt XVI. ist gekommen, um solchen neuen und manchen alten Übeln zu wehren und das Gute zu bewahren, das in seinen Augen die 120 Jahre katholischer Mission in diesem Land bewirkt haben.

In seiner programmatischen Auftaktrede vor den Bischöfen Kameruns geht er deshalb auf den Kern des Christentums, auf den Apostel Paulus und auf dessen kategorischen Imperativ ein: «Weh mir, wenn ich nicht das Evangelium verkünde!» Mit diesem Zitat als Motto mahnt er die Oberhirten, die ersten Lehrer ihrer Gemeinden zu sein; er mahnt sie zu Einheit und Kooperation, namentlich zu einer besseren Verteilung der Priester in den Diözesen. Die Hauptlast der Seelsorge liegt bei Laienmitarbeitern; ihnen kommt laut dem Papst eine Schlüsselrolle zu, vor allem, wenn es um die Inkulturation geht, die Brücke zwischen christlicher Lehre und angestammter Tradition. Doch nachdrücklich nennt der Papst die Priester die «ersten und unverzichtbaren Mitarbeiter» der Bischöfe.

Die Glaubenstreue der Geistlichen verdiene das besondere Augenmerk der Bistumsleiter, sagt Benedikt XVI. Die Lebensweise der Priester müsse in Einklang mit ihrer Botschaft stehen. Und so begrüßenswert die enorm hohen Zahlen beim Klerikernachwuchs sind: Um gute Priester zu erhalten, braucht es laut dem Papst auch gute Ausbilder. Das Kirchenoberhaupt lobt die lebhaften, bunten Messen, wobei er hinzufügt, dass der gottesdienstlichen Freude eine Verinnerlichung der liturgischen Texte und Strukturen vorausgehen sollte. Er lobt das Engagement der geistlichen Bewegungen und der kirchlichen Sozialinitiativen. Doch alles Engagement bündelt sich für ihn in der rechten Sorge um das Wort Gottes.

Bei den Christen Kameruns scheint er damit den Ton zu treffen. Unter denen, die vor dem Büro der Dompfarrei von Yaounde anstehen, um ihre Platzkarten für die große Papstmesse am Donnerstag abzuholen, dominiert nicht eben der Wunsch nach den politischen Botschaften.
Viele denken wie Noel Simo: Einen «Besuch der Hoffnung» nennt er die Reise des Papstes. Wenn der Glaube wächst, können die Christen zu einem «Werkzeug des Friedens, der Gerechtigkeit und der Entwicklung» werden, sagt Simo. Der Mittvierziger ist Mitglied einer Pater-Pio-Gebetsgruppe und leitet eine von ihm initiierte Blutspende-Organisation. So stellt er sich die Verbindung von Frömmigkeit und Gesellschaftsgestaltung vor.

«Der Heilige Stuhl hat seinen Stil der Evangelisierung geändert», meint Simo. Es gehe nicht mehr vorrangig um Sozialfürsorge, sondern um das Schwarzbrot des Glaubens, das dem Volk die Kraft zur Veränderung gibt. Kamerun hat ein reiches Erbe an christlicher Tradition, und viel davon verdankt es deutschen Missionaren. Simo zählt sie freihändig auf: Vieter, Klosterknecht, Hofer, Hennemann.
Kameruns Katholiken, sagt Simo, stehen in der Schuld, dieses Erbe mit anderen zu teilen.