Kirche setzt im Kampf gegen Aids auf Bildung, Medizin und Pflege - Vatikan reagiert umgehend auf Kritik

Nicht immer nur mit lauter "Nein" um sich werfen

Es war nicht überraschend, dass bei der Afrika-Reise des Papstes - nach dem Debakel um die Traditionalisten und den Holocaust-Leugner Richard Williamson - der Streit um das Aids-Thema neu aufbrechen würde. Schon auf dem Flug nach Kamerun äußerte er sich dazu - und wiederholte die kirchliche Position. Die Medien stürzen sich begierig auf die Aussage zu Kondomen - und übersehen geflissentlich den vielfältigen Kampf der Kirche gegen die Immunschwäche. Am Mittwoch reagierte der Vatikan mit einer Stellungnahme.

 (DR)

Es müsse «das Bild korrigiert werden, dass wir nur mit lauter 'Nein' um uns herumwerfen», antwortete Papst Benedikt XVI. in dem großen Fernseh-Interview vor seiner Bayern-Reise 2006 zum Thema Aids in Afrika. Die Kirche müsse den Kampf gegen Aids vor allem durch Erziehung und Bildung sowie durch Pflege und Zuwendung zu den Kranken führen, stellte er klar - und auf diesem Gebiet leiste die Kirche in Afrika bereits sehr viel. Technik und technisches Wissen, so machte er damals deutlich, reichten nicht aus, wenn die Maßstäbe zum richtigen Gebrauch dieser Technik fehlten.

Das Problem Aids könne man nicht bloß mit Werbeslogans, mit Geld und auch nicht mit der Verteilung von Kondomen lösen, sagte der Papst nun vor seinem Afrikabesuch. Im Gegenteil besteht das Risiko, das Problem damit zu vergrößern, wohl weil damit Werbung für sexuelle Promiskuität gemacht würde. Vielmehr komme es auf eine «Humanisierung der Sexualität» an, auf eine andere Art des Umgangs miteinander sowie auf Zuwendung zu den Leidenden.

Der Papst habe nichts Neues gesagt, erläuterte Vatikansprecher Federico Lombardi. Er habe die bisherige Haltung der Kirche wiederholt, und er werde zu diesem Thema im Laufe der Reise auch keine neuen Positionen einbringen. Für die Kirche lasse sich die Ausbreitung von Aids nicht durch Kondome blockieren - zumal die Krankheit gerade in Afrika nicht nur durch Sexualkontakte, sondern auch durch mangelnde Hygiene etwa in Krankenhäusern verbreitet werde.

Vielmehr komme es ihr auf Erziehung zu verantwortlichem Sexualverhalten, zur Propagierung der wesentlichen Rolle von Ehe und Familie an. Die Kirche sei hier keinesfalls untätig, sondern leiste durch aktive Präsenz, durch kompetente und effiziente Hilfe sowie durch kostenlose Behandlungen für möglichst viele Patienten einen bedeutenden Beitrag im Kampf gegen die Pandemie. Auf diesen Bereich konzentriere die Kirche ihren Einsatz, weil sie diese langfristig für die wirksamste Methode im Kampf gegen die Geißel Aids hält.

Entgegen einigen Vermutungen vor drei Jahren ist mit einem vatikanischen Kurswechsel in Sachen Aids derzeit nicht zu rechnen. Damals hatte der vatikanische Gesundheitsminister Kardinal Javier Lozano Barragan für Spekulationen gesorgt, als er eine Studie in Auftrag gab. Dabei ging es allerdings nicht um eine generelle kirchliche Freigabe von Kondomen, zumal Sex außerhalb der Ehe für die Kirche als Sünde gilt. Vielmehr fragte man, ob Partner in der Ehe ein Kondom benutzen könnten, wenn einer von ihnen HIV-infiziert sei, um eine Ansteckung zu verhindern: Kondom-Gebrauch als «geringeres Übel», als Mittel zu «legitimer Verteidigung».

Nach längerer Diskussion der mehr als 100 Seiten umfassenden Studie entschloss sich der Vatikan, kein neues Papier herauszugeben. Es gehe um ein moraltheologisch sehr schwieriges Problem, und unter Moraltheologen gebe es eine ganze Bandbreite legitimer Positionen, hörte man damals. Eine teilweise oder bedingte Lockerung des Verbots würde Verwirrung schaffen. Jedoch werde man im Einzelfall gegenüber Betroffenen sicher angemessen reagieren.

Der belgische Kardinal Godfried Danneels nannte damals den Schutz vor Ansteckung oder Tod einen «Akt der Vorkehrung, der sich moralisch vom Kondom-Gebrauch zum Zweck der Empfängnisverhütung» unterscheide. Und auch der frühere vatikanische Hoftheologe Kardinal George Cottier äußerte, dass in bestimmten Fällen ein Kondom-Gebrauch moralisch legitim sein könne.