Papst warnt vor Bürgerkrieg im Libanon - Erinnerung an St. Martin

"Entscheidender Übergang"

Papst Benedikt XVI. hat seine Besorgnis über die schwierigen Präsidentschaftswahlen im Libanon ausgedrückt und indirekt vor einem Bürgerkrieg gewarnt. Das Land stehe vor einem entscheidenden Übergang, von dem das Überleben des Staates abhänge, sagte der Papst beim Angelusgebet am Sonntag auf dem Petersplatz. Zudem erinnerte Benedikt XVI. an St. Martin an die "Logik des Teilens, durch die sich die Nächstenliebe authentisch ausdrückt".

 (DR)

Bezüglich des Libanon betonte der Papst, er teile die diesbezüglichen Befürchtungen des maronitischen Patriarchen Nasrallah Sfeir. Dieser hatte am Donnerstag vor Journalisten erklärt, die Lage im Libanon sei schlimmer als 1975, als das Land in einen 15 Jahre dauernden Bürgerkrieg schlitterte.

Benedikt XVI. mahnte alle politischen Gruppen im Libanon, persönliche Interessen zurückzustellen und an das Gemeinwohl zu denken. Durch das künftige Staatsoberhaupt müssten sich alle Bürger repräsentiert fühlen.

Die Präsidentschaftswahlen im Libanon waren am Wochenende zum dritten Mal verschoben worden. Damit soll nach offiziellen Angaben Zeit für die Suche nach einem Kompromisskandidaten gewonnen werden. Statt wie vorgesehen am Montag soll das Parlament nun am 21. November zusammentreten, um ein neues Staatsoberhaupt zu wählen. Die Amtszeit des jetzigen Präsidenten Emile Lahoud endet am 23. November.

Suche nach maronitischem Kompromisskandidaten
Die Besetzung des obersten Staatsamts gilt als entscheidend für eine Entschärfung des Konflikts, in dem sich die pro-westliche Regierung Fuad Sinioras und die von Syrien unterstützte Opposition unter Führung der Hisbollah gegenüberstehen.
Üblicherweise ist der libanesische Präsident ein maronitischer Christ. Sfeir, der von Politikern zur Vermittlung aufgerufen wurde, sagte vor internationalen Korrespondenten, es gehe darum, einen Kandidaten zu finden, der auf gleicher Distanz zur antisyrischen Parlamentsmehrheit wie zur schiitischen Opposition stehe.

Nach ihrer Versammlung am Mittwoch hatten die maronitischen Bischöfe gewarnt, ein Scheitern der Kandidatensuche könnte das Land noch weiter in die Spaltung führen. Sie riefen Regierungs- und Oppositionskräfte auf, im nationalen Interesse zu handeln und die Vorgaben der Verfassung einzuhalten.

Erinnerung an St. Martin
Auch an den heiligen Martin von Tours hat Papst Benedikt beim Angelusgebet. Martin, dessen Fest die Kirche am 11. November feiert, sei durch das Teilen seines Mantels mit einem Bettler zum Vorbild in der Nächstenliebe geworden. Er stehe für eine "Logik des Teilens, durch die sich die Nächstenliebe authentisch ausdrückt". Nur durch eine "gemeinsame Anstrengung des Teilens" könnten die "großen Herausforderungen unserer Zeit" angegangen werden. Als zentrale Herausforderung nannte Benedikt den "Aufbau einer Welt der Gerechtigkeit und des Friedens, in der jeder Mensch in Würde leben kann". Dazu brauche es "ein Weltmodell echter Solidarität, das allen Erdbewohnern Nahrung, Wasser, Gesundheitsleistungen, aber auch Arbeit und Energie-Ressourcen, Kulturgüter und Wissen garantiert".

Auf deutsch sagte Papst Benedikt: "Mit Freude heiße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher hier auf dem Petersplatz willkommen. Heute begrüße ich besonders die Pilgergruppen aus dem Erzbistum Freiburg. Die Schriftlesungen des heutigen Sonntags bestärken unseren Glauben an die Auferstehung der Toten und an das ewige Leben. Diese Gewißheit schenke uns die wahre Freiheit, in allen Lebenslagen den Willen Gottes zu erfüllen. Der Segen des Allmächtigen Gottes begleite und beschütze euch und eure Familien!"